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„Banderilleros“ – Fragen und Antworten zum Missbrauchsskandal und zum Umgang mit Woelki

1. Juli 2021 in Kommentar, 5 Lesermeinungen
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„Der Show-Down soll der Rücktritt von Kardinal Woelki werden...“ – Gastbeitrag von Hans-Gerd Jauch


Bonn (kath.net) Banderilleros sind in der Stierkampfarena jene, die dem Stier im zweiten Abschnitt des Kampfes farbenfrohe Spieße, die Banderillas, in die Schulter spießen, bevor es im dritten Abschnitt zum eigentlichen Show-Down kommt.

Der Show-Down soll der Rücktritt von Kardinal Woelki werden. Nachdem die BILD-Zeitung mit einer unsäglichen Schmutz-Kampagne vom hohen Ross herab den Picador mit der Lanze gegeben hat, schickt Bischof Bätzings Kirchenzeitung „Der Sonntag“ gleich mehrere Fachkräfte für die zweite Runde in die Manege, welche die Rücktrittsszene leichtfüßig bewimpeln.

Frage: Braucht die Kirche, so Ulrich Hemel, Theologe und Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer, eine externe Aufarbeitung des Missbrauchs?

Antwort: Der Staat, nach dem viele lautstark rufen, taugt für so etwas nun überhaupt nicht - er hat selbst komplett versagt.
1.    Der Betroffenenbeirat beim Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für den Sexuellen Kindesmissbrauch UBKSM stellt fest: „Alle relevanten Stellen haben jahrzehntelang weggesehen, ein Selbstschutzsystem aus Vertuschern und Verleugnern in den Bildungseinrichtungen, den Universitäten, in der Politik und auch in den Medien hat unerträglich lange funktioniert.“

2.    Der Unabhängige Beauftragte Rörig selbst sagt 2021: „Von konstruktiver Unterstützung für einen fundierten Prozess der Aufarbeitung (Anm.: durch den Staat und seine Akteure) kann keine Rede sein.“

3.    Der Skandal an der Odenwaldschule mit über 500 Opfern wurde 1999 in der Frankfurter Rundschau aufgedeckt. Reaktionen erfolgten erst 2010, nachdem von der Katholischen Kirche die Missbrauchsaufklärung eingeleitet worden war. Es dauerte bis 2019, bis der hessische Sozialminister das Versagen der staatlichen Aufsichtsbehörden einräumte und sich bei den im Stich gelassenen Opfern entschuldigte.


Frage: Muss die Kirche mit „Tausende(n)“ von Missbrauchsverbrechen an Kindern und Jugendlichen durch katholische Priester umgehen, wie sie Matthias Katsch, Sprecher der Betroffenenvereinigung „Eckiger Tisch“ in den Raum stellt?

Antwort: Die Zahl ist deutlich übersetzt. Die MHG-Studie weist rund 1.000 nachweisliche Täter für die Zeit von 1975 bis 2018 aus.

Frage: Holen sich die Bischöfe vordergründig durch bezahlte Anwälte einen staatlich-rechtlichen Persilschein und lassen dabei die moralische Dimension außer acht, wie Kirchenrechtler Thomas Schüller behauptet?

Antwort: Das ist gleich mehrfach falsch.

1.    Es ist perfide, Gutachtern eine grundsätzlich parteiische Arbeitsweise nur deswegen zu unterstellen, weil sie typischerweise Gutachten im Rahmen ihrer Berufsausübung entgeltlich erstellen.

2.    Alleine nach dem Kölner Gerke-Gutachten haben drei Bischöfe ihren Rücktritt angeboten. Von einem Persilschein kann mitnichten die Rede sein.

3.    Die Moralität einer Gesellschaft fällt ihr schärfstes Unwerturteil durch die Bestrafung des Täters.

Wer darüber hinaus ein moralisches Unwerturteil über nicht rechtlich sanktioniertes Verhalten hinaus fällen will, hat konkret nachzuweisen, welche über das Recht hinausgehenden moralischen Normen von wem konkret schuldhaft verletzt worden sein sollen. Ein Bischof müsste beispielsweise, so er selbst kein Missbrauchstäter ist, die Funktionsverantwortung für die Verfolgung oder Prävention von Missbrauchstaten im Rahmen seiner Einflussmöglichkeiten verletzt haben.

Beispiel: Den Sekretär eines Bischofs (Woelki war vormals Sekretär bei Kardinal Meisner) trifft selbst dann keine auch nur moralische Verantwortung, wenn er mitbekommen haben sollte, so ein beliebter Vorwurf, dass der Bischof einer Meldepflicht nach Rom nicht nachgekommen ist.

Frage: Sollen Gläubige „einen Anspruch auf echte Mitentscheidung bei der Einsetzung wie bei der Absetzung ihrer Bischöfe“ haben, wie es die ZdK Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel fordert?

Antwort: Gott bewahre!

In der Kirche tobt ein Kulturkampf, der Bischofsernennungen und Absetzungen zum Schlachtfeld (tages)politischer Fragen machen würde, in denen viele Kirchenmitglieder der Lehre der Kirche diametral entgegengesetzte Positionen vertreten.
Der BDKJ hat beispielsweise 2018 als seine Ziele festgelegt: „Katholisch – und sie folgten einem Genderstar“ und „Bei uns entscheidet die Demokratie und nicht der Papst“!

Bischof würde derjenige, welcher die genehmsten und „modernsten“ Ziele auf sein Panier geschrieben hat. Abberufen würde der, der wie Kardinal Woelki die Lehre der Kirche vertritt. Hier liegt auch die eigentliche Wurzel des Aufstandes der kirchlichen Rätewirtschaft gegen ihn.

Das Ganze verbindet sich mit einer bereits fortgeschrittenen „Baerbockisierung“ der Kirche: Frau Baerbock erklärt, zweifelsohne stellvertretend für viele, auch Katholiken, sie sei nicht gläubig, aber in der Kirche geblieben, weil ihr die Idee des Miteinanders extrem wichtig sei. Zum Mitbestimmen, wer Bischof bleiben oder werden soll, würde eine solche Karteikartenmitgliedschaft natürlich reichen.

Frage: Werden die Missbrauchsopfer im Erzbistum Köln heute in anderer Form erneut, nunmehr für kirchenpolitische Zwecke missbraucht?

Antwort: Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln kritisiert den Umgang mit dem Missbrauch. Er hält solche Wortführer für „Aktivisten, die lautstark alles mögliche fordern", wie Beiratsmitglied Peter Bringmann-Henselder sagt.

"Wir dagegen verstehen uns als Betroffenenbeirat, der nicht nur fordert, sondern aktiv echte Arbeit leistet und etwas bewegt."

Der Missbrauchsskandal werde als Vehikel für andere Forderungen benutzt, etwa für die Forderung nach Weiheämtern für Frauen: "Und insofern benutzt und missbraucht man wieder einmal die Betroffenen."

Der frühere Senatspräsident am Bundesgerichtshof Thomas Fischer – selbst erklärter Atheist – hat es im SPIEGEL auf den Punkt gebracht: Kardinal Woelki wird ohne sachliche Grundlage „durch den Dreck gezogen und auf dem Domplatz der allgemeinen Beschimpfung durch Leute ausgesetzt, die weder von der Kirche Ahnung haben, noch vom Recht, noch gar barmherzige Samariter der Geschädigten sind.“

•    Ulrich Hemel: „Wir brauchen vor allem Aufarbeitung von außen“ in: „Der Sonntag“ vom 27.06.2021, Seite 5
•    Matthias Kasch: „Es geht um die Übernahme konkreter Verantwortung“ in: „Der Sonntag“ vom 27.06.2021, Seite 5
•    Claudia Lücking-Michel: „Die Gläubigen haben einen Anspruch auf Mitentscheidung“ in: „Der Sonntag“ vom 27.06.2021, Seite 5
•    Thomas Schüller: „Auch verdiente Bischöfe werden ihren Rücktritt anbieten“ in: „Der Sonntag“ vom 27.06.2021, Seite 6
•    Ulrich Waschki: „Zeichen der Buße“ in: „Der Sonntag“ vom 27.06.2021, Seiten 4-5


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Lesermeinungen

 Marcoman 2. Juli 2021 

Danke, Herr Jauch

Die Einseitigkeit und Parteilichkeit der deutschen Medien ist so ausgeprägt, dass man unbedingt korrigierende Quellen braucht. Ich möchte alle Seiten eines Falles hören, bevor ich mein Urteil fälle. Artikel wie diese sind dann unverzichtbar, ich danke dafür.


2
 
 J. Rückert 1. Juli 2021 
 

Selektive Moral

Ich fragte eine mir bekannte psychiatrische Gutachterin in Sachen Kindesmissbrauch (deutsches Opferentschädigungsgesetz), wie viele Priester als Täter ihr untergekommen wären - kein Einziger, ihre Antwort. Aber ihr Schreibtisch sei voll mit Akten betr. Kindesmissbrauch.
Wir nehmen das emotionslos hin.
Gibt es schon Suchtrupps in Köln, die nach Kinderleichen Indigener rund um Pfarrhäuser suchen? Es kann nicht mehr lange dauern ...


5
 
 Manfred Lang 1. Juli 2021 
 

Gute Aufarbeitung des Missbrauchs im Bistum Köln, anders als beim Staat (OSO)

Eine sehr differenzierte Darstellung der honorablen Aufarbeitung des Missbrauchs im Bistum Köln durch Kardinal Woelki. Und das Aufzeigen der linken Touren solcher, die Woelki als Kritiker des Synodalen Weges ein Bein stellen bzw. aus dem Spiel kegeln wollen. Der Autor zeigt ebenso einprägsam auf, dass der Staat diesen Prozess zur Bekämpfung des Missbrauchs sowohl in seinen Bereichen als auch in der Kooperation mit den Kirchen sehr mangelhaft gewirkt hat. Zurecht zeigt dies der Autor am Beispiel der Odenwaldschule auf. Einen Teil meines Referendariats in 70ern hatte ich wöchentlich an der OSO, wo unser pädagogischer Leiter als Hausvater einer OSO-Familie mit Schüler/-innen unter einem Dach lebte. Für mich war schon verwunderlich, dass dieser Leiter eine Schülerin gleich nach ihrem 18 LJ. heiratete. Wie eng war eigentlich die Beziehung kurz vorher? Dieser Mann machte sich, als sich die Aufklärung an der OSO anbahnte, von dannen und gründete am Bodensee eine neue Frei Schule mit.


7
 
 girsberg74 1. Juli 2021 
 

„Farbenfroh“

„Farbenfrohe Banderillas“ erfreuen auch nur den, der sie nicht ins Fleisch kriegt. Soweit zum Bild des Stierkampfs, der übrigens nicht in allen Möglichkeiten beschrieben ist, denn der Stier im Bild, hat schon manchen auf seine Hörner genommen und das Problem auf seine Weise erledigt.

Für Bischof Bätzings Kirchenzeitung „Der Sonntag“ sehe ich noch ein anderes Bild und zwar für den Letztverantwortlichen, heißt „Bätzing“.

Nein, er tut dem Woelki nichts, viel zu fein der Letztverantwortliche. Er liefert nur, genauer: er hat seine Leute, die er bezahlt.

Man täte dem Letztverantwortlichen kaum ein Unrecht, wenn man ihn in das Bild setzte, das einer ältere Art von Kriegführung entstammt: heißt dort der „Büchsenspanner“.

Vielleicht reicht heute auch „Schreibtischtäter“.


10
 
 grumpycath. 1. Juli 2021 
 

Fiese Möpp im Bistum Limburg


8
 

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