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Matthäus, das ‚Geschenk Gottes’

21. September 2021 in Aktuelles, 1 Lesermeinung
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Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: die Gnade Gottes – gerade für die Sünder. Da stand Matthäus auf und folgte ihm. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) 21. September, Fest des heiligen Apostels Matthäus, „Geschenk Gottes“: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Geht und lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer! Denn ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder“.

Das erste Evangelium stellt ihn als Zöllner (Mt 9, 9; 10, 3), also als Steuereintreiber, vor und setzt ihn mit dem Levi des Markus- und des Lukasevangeliums gleich. „Der Herr scheut sich nicht, in den Kreis seiner engsten Jünger einen Menschen aufzunehmen, den die Leute als Sünder und Kollaborateur der verhassten Fremdherrschaft ablehnen und meiden“. Christus schließt keinen von seiner Freundschaft aus.

Gerade den Sündern will er die Gnade Gottes anbieten. Die Begegnung mit dem Herrn ändert das Leben des Zöllners Matthäus: er steht auf und folgt Jesus nach. Prompt löst er sich von seinen sündigen Gewohnheiten und beginnt ein neues Leben mit dem Herrn. Mit Blick auf Matthäus können wir daher sagen: "wer zunächst dem Anschein nach weit von der Heiligkeit entfernt ist, kann zum Vorbild eines Jüngers Christi werden, der bereit ist, die göttliche Barmherzigkeit zu empfangen".

„Als Jesus weiterging, sah er einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Und Matthäus stand auf und folgte ihm nach. Und als Jesus in seinem Haus bei Tisch war, siehe, viele Zöllner und Sünder kamen und aßen zusammen mit ihm und seinen Jüngern. Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen? Er hörte es und sagte: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Geht und lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer! Denn ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder“ (Mt 9,9-13).

Benedikt XVI., Generalaudienz am 30. August 2006:

Die Reihe der Porträts der zwölf Apostel fortsetzend, die wir vor einigen Wochen begonnen haben, verweilen wir heute bei Matthäus. In Wirklichkeit ist es fast unmöglich, seine Gestalt ganz zu umreißen, da es über ihn nur wenige und bruchstückhafte Nachrichten gibt. Was wir jedoch tun können, ist nicht so sehr seine Biographie als vielmehr sein Bild, wie es im Evangelium überliefert ist, nachzuzeichnen.

Zunächst einmal ist er stets in den Listen der Zwölf, die von Jesus auserwählt wurden, anwesend (vgl. Mt 10,3; Mk 3,18; Lk 6,15; Apg 1,13). Sein hebräischer Name bedeutet »Geschenk Gottes«. Das erste Evangelium im Schriftkanon, das unter seinem Namen läuft, stellt ihn uns unter einer sehr genauen Bezeichnung vor: »der Zöllner« (Mt 10,3). Auf diese Weise wird er mit dem Mann identifiziert, der am Zoll sitzt und den Jesus in seine Nachfolge beruft: »Als Jesus weiterging, sah er einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Da stand Matthäus auf und folgte ihm« (Mt 9,9). Auch Markus (vgl. 2,13–17) und Lukas (vgl. 5,27–30) berichten von der Berufung des Mannes, der am Zoll sitzt, aber sie nennen ihn »Levi«. Um sich die Szene vorzustellen, die in Mt 9,9 beschrieben wird, genügt es, sich an das wunderbare Gemälde Caravaggios zu erinnern, das sich hier in Rom in der Kirche »San Luigi dei Francesi« befindet. Aus den Evangelien geht ein weiteres biographisches Detail hervor: In dem Abschnitt, der dem Berufungsbericht unmittelbar vorausgeht, wird ein Wunder beschrieben, das Jesus in Kafarnaum vollbracht hat (vgl. Mt 9,1–8; Mk 2,1–12), und es wird die Nähe des Sees von Galiläa, des Sees von Tiberias, erwähnt (vgl. Mk 2,13–14). Das läßt darauf schließen, daß Matthäus seine Funktion als Steuereintreiber in Kafarnaum ausübte, »das am See liegt« (Mt 4,13), wo Jesus ständiger Gast im Haus des Petrus war.


Auf der Grundlage dieser einfachen Feststellungen, die sich aus dem Evangelium ergeben, können wir einige Überlegungen machen. Die erste Überlegung ist die, daß Jesus in den Kreis seiner engsten Vertrauten einen Mann aufnimmt, der nach der gängigen Auffassung im zeitgenössischen Israel als öffentlicher Sünder betrachtet wurde. Matthäus hatte nämlich nicht nur mit Geld zu tun, das aufgrund seiner Herkunft von Leuten, die nicht zum Volk Gottes gehörten, als unrein galt, sondern er kollaborierte außerdem mit einer verhaßten, habgierigen Fremdherrschaft, die Abgaben auch willkürlich festlegen konnte. Aus diesen Gründen erwähnen die Evangelien mehr als einmal »Zöllner und Sünder« (Mt 9,10; Lk 15,1) sowie »Zöllner und Dirnen« (Mt 21,31) in einem Atemzug. Darüber hinaus sehen sie in den Zöllnern ein Beispiel der Engherzigkeit (vgl. Mt 5,46: Sie lieben nur diejenigen, die auch sie lieben) und sagen, daß einer von ihnen, Zachäus, »der oberste Zollpächter und … sehr reich« war (Lk 19,2), während die Volksmeinung sie »Räubern, Betrügern, Ehebrechern« (vgl. Lk 18,11) zugesellte. Vor diesem Hintergrund fällt eine erste Tatsache ins Auge: Jesus schließt keinen von seiner Freundschaft aus. Im Gegenteil, gerade als er im Haus des Matthäus-Levi zu Tisch saß, gab er denjenigen, die sich daran stießen, daß er mit wenig vertrauenerweckenden Leuten Umgang hatte, diese wichtige Erklärung zur Antwort: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten« (Mk 2,17).

Die gute Botschaft des Evangeliums besteht eben darin: im Angebot der Gnade Gottes an den Sünder! An einer anderen Stelle verweist Jesus mit dem berühmten Beispiel vom Pharisäer und vom Zöllner, die zum Tempel hinaufgingen, um zu beten, sogar auf einen namenlosen Zöllner als lobenswertes Vorbild demütigen Vertrauens auf das göttliche Erbarmen: Der Pharisäer rühmt sich seiner eigenen sittlichen Vollkommenheit, der Zöllner dagegen »wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!« Und Jesus erläutert: »Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden« (Lk 18,13–14). In der Gestalt des Matthäus stellen uns die Evangelien ein wirkliches Paradox vor Augen: Wer dem Anschein nach weit von der Heiligkeit entfernt ist, kann sogar zu einem Vorbild werden für einen Menschen, der bereit ist, die Barmherzigkeit Gottes zu empfangen, und kann ihre wunderbaren Auswirkungen im eigenen Leben erkennbar werden lassen.

Zu diesem Thema macht der hl. Johannes Chrysostomus eine bedeutsame Anmerkung: Er weist darauf hin, daß nur in einigen Berufungsberichten die Arbeit erwähnt wird, der die Berufenen nachgingen. Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes werden berufen, während sie fischen, Matthäus, während er die Steuern eintreibt. Es handelt sich um niedrige Arbeiten – erläutert Chrysostomus – »es gibt ja nichts Gemeineres als das Zöllneramt, nichts Armseligeres als das Fischerhandwerk« (Matthäus-Kommentar, Homilie 30,1). Der Ruf Jesu ergeht also auch an Menschen von niederem sozialen Rang, während sie ihrer gewöhnlichen Arbeit nachgehen.

Eine weitere Überlegung, die dem biblischen Bericht entspringt, ist, daß Matthäus sofort auf den Ruf Jesu antwortet: »Da stand Matthäus auf und folgte ihm.« Die Kürze dieses Satzes hebt die Bereitschaft des Matthäus, auf den Ruf zu antworten, deutlich hervor. Das bedeutet für ihn, alles zu verlassen, vor allem das, was ihm eine sichere Einnahmequelle gewährleistete, auch wenn diese Einnahmen oft unrechtmäßig und unehrenhaft waren. Offensichtlich verstand Matthäus, daß die Vertrautheit mit Jesus es ihm nicht erlaubte, mit Aktivitäten fortzufahren, die Gott nicht guthieß. Die Anwendung auf die Gegenwart ist einfach: Auch heute ist es nicht zulässig, an Dingen festzuhalten, die mit der Nachfolge Jesu nicht vereinbar sind, wie es bei unehrlich erworbenem Reichtum der Fall ist. Er hat einmal sehr deutlich gesagt: »Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach« (Mt 19,21). Genau das tat Matthäus: Er stand auf und folgte ihm! Man kann mit gutem Grund in diesem »Aufstehen« das Loslassen von einer Situation der Sünde und gleichzeitig die bewußte Zuwendung zu einem neuen Leben sehen, einem aufrichtigen Leben in der Gemeinschaft mit Jesus.

Abschließend soll daran erinnert werden, daß die Tradition der Alten Kirche Matthäus einmütig die Urheberschaft des ersten Evangeliums zuschreibt. Das geschieht bereits von Papias an, der um das Jahr 130 Bischof von Hierapolis in Phrygien war. Er schreibt: »Matthäus hat in hebräischer Sprache die Reden zusammengestellt; ein jeder aber übersetzte dieselben so gut er konnte« (in: Eusebius von Caesarea, Kirchengeschichte, III,39). Der Historiker Eusebius fügt hinzu: »Matthäus, der zunächst unter den Hebräern gepredigt hatte, schrieb, als er auch noch zu anderen Völkern gehen wollte, das von ihm verkündete Evangelium in seiner Muttersprache; denn er suchte denen, von welchen er schied, durch die Schrift das zu ersetzen, was sie durch sein Fortgehen verloren« (ebd., III,24). Wir besitzen das von Matthäus in Hebräisch oder Aramäisch geschriebene Evangelium nicht mehr, aber im griechischen Evangelium, das wir haben, hören wir gewissermaßen auch weiterhin die überzeugende Stimme des Zöllners Matthäus, der, zum Apostel geworden, damit fortfährt, uns das rettende Erbarmen Gottes zu verkünden. Hören wir auf diese Botschaft des hl. Matthäus, denken wir immer wieder darüber nach, damit auch wir lernen, aufzustehen und Jesus entschlossen nachzufolgen.

 


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Lesermeinungen

 gebsy 21. September 2021 

Das ist die Hoffnung für unsere Zeit:

Je weiter wir uns von Gott entfernt haben, umso größer ist dann die Dankbarkeit für die Langmut Gottes, die menschliche Vorstellungen übersteigt.


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