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Die neue Unsitte der offenen Unterstellungen – oder: die Hermeneutik des Verdachts31. August 2022 in Kommentar, 7 Lesermeinungen Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden
Statement zu Björn Odendahls Standpunkt auf katholisch.de. Gastkommentar von Sr. Anna Mirijam Kaschner cps, Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz
Kopenhagen-Bonn (kath.net) Sr. Anna Mirijam Kaschner hatte diese Stellungnahme gestern an die Redaktion von katholisch.de eingereicht mit der Erlaubnis zur Veröffentlichung. Die Redaktion des „offiziell inoffiziellen“ Portals der Deutschen Bischofskonferenz zeigte sich an einer Veröffentlichung allerdings nicht interessiert.
In seinem Standpunkt auf katholisch.de schreibt Björn Odendahl, Redaktionsleiter eben dieser Internetplattform, über die vermeintlichen Absichten jener Bischofskonferenzen, die sich aus Sorge um die Einheit der Kirche in offenen Briefen an den Vorsitzenden der DBK gewandt hatten: „Die eigentlichen Ziele der Briefe aus konservativer Ecke sind jedoch ganz andere: Die Öffentlichkeit soll emotional statt inhaltlich von der Position der Verfasser überzeugt werden – auch, weil die eigenen (theologischen) Argumente zum großen Teil substanzlos sind. Sie wollen den Synodalen Weg als Ganzen diskreditieren, aber auch und vor allem den persönlichen Druck auf Bischöfe wie Laien mit reformorientierten Positionen erhöhen. Sie wollen auch skandalisieren, indem Texte und Beschlüsse des Synodalen Weg bestenfalls erst überspitzt, schlimmstenfalls falsch wiedergegeben und dann kritisiert werden. Es geht um öffentliche Denunziationen. So nennt es auch der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Mario Grech.“
Ich frage mich, woher Herr Odendahl so genau weiß, welche „eigentlichen Ziele“ die Bischöfe mit ihren offenen Briefen verfolgen? Woher nimmt er die Gewissheit, dass man den persönlichen Druck auf Bischöfe und reformorientierte Laien erhöhen will? Worauf gründet er seinen Verdacht, dass die Öffentlichkeit emotional von der Position der Verfasser überzeugt werden soll? Oder aber sind dies nicht haltlose Unterstellungen, die getätigt werden? Und macht er damit nicht genau das, was er jenen Bischofskonferenzen unterstellt, nämlich unbegründete Verdächtigungen und Behauptungen in den Raum zu stellen, und diese dann zu kritisieren? Ist dies jener moderne Journalismus, für den sich die Internetplattform katholisch.de gerne rühmt?
Warum unterstellt Herr Odendahl also den Autoren der offenen Briefe unlautere Motive und zieht gar nicht in Betracht, dass es tatsächlich stimmen könnte, dass ehrliche Sorge um die Einheit der Kirche sie dazu bewogen hat, sich an den Vorsitzenden der DBK zu wenden?
Auch seine Referenz auf die kürzlich getätigte Aussage des Kurienkardinals Mario Grech ist gewagt, hatte dieser doch indirekt zugegeben, Schwierigkeiten zu haben, „dem zu folgen, was wirklich vor sich geht“. Außerdem betont gerade er die allgemeinen Prinzipien der Synodalität in der katholischen Kirche, bei der es gilt drei Ebenen einzuhalten: „das ‚gegenseitige Zuhören des Volkes Gottes‘, die Kollegialität der Bischöfe untereinander sowie das Papstamt als ‚Prinzip der Einheit und Gewissheit‘“. Wie es um diese Prinzipien beim Synodalen Weg bestellt ist – insbesondere bzgl. des Papstamtes – daran lassen die Reaktionen sowohl auf den Brief des Papstes an die Katholiken in Deutschland, wie auch auf die erst kürzlich veröffentlichte Note des Heiligen Stuhls (zu dem auch die Kurie gehört!) Zweifel aufkommen.
Offene Briefe sind keine katholische Unsitte. Offene Briefe lassen immer Raum für Dialog – denn sie sind auf eine Antwort hin ausgerichtet – im Gegensatz zu Unterschriftsaktionen und Petitionen. Wenn ehrliche und aufrichtige Sorge und auch Kritik öffentlich geäußert werden, ist das noch lange keine Denunziation, sondern eine Antwort auf das Prinzip des „gegenseitigen Zuhörens des Volkes Gottes“.
Sr. Anna Mirijam Kaschner cps
Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz
Weiterführender Link: Brief von Papst Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland – Papst Franziskus mahnt in einem 30-Seiten-Schreiben an die katholische Kirche in Deutschland Einheit mit der Weltkirche ein! – Im WORTLAUT
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Lesermeinungen | Karlmaria 1. September 2022 | | | Spr 11,12 Wer seinen Nächsten schmäht, ist ein Tor; aber ein verständiger Mann schweigt stille. Diesen Spruch aus dem Alten Testament nehme ich mir schon lange zu Herzen. Wenn ich spontan etwas geschrieben habe dann überprüfe ich das erst noch einmal unter diesem Gesichtspunkt. Und oft wird das dann gar nicht abgeschickt. Auch wenn das nur so an der Grenze ist. Ich bin da ganz sicher dass es nicht Gottes Wille ist und auch nicht gesegnet wird wenn man seinen Nächsten schmäht und wenn die Kritik so an der Grenze zur Schmähung gerade noch so vielleicht geht. Auch das ist wahrscheinlich von Gott nicht gewollt und kann keinen Segen bringen. Stattdessen ist uns doch von Gott an so vielen Stellen der Bibel gesagt was wir tun sollen: Über Gutes nachsinnen und reden. Dinge die auch die anderen aufbauen. Dass sich zwei oder drei im Namen Jesu versammeln ist ja etwas sehr Gutes. Und weil die Kirche katholisch allumfassend ist sollen da natürlich auch alle Richtungen sich versammeln. Das wird Gott reichlich segnen! | 3
| | | laPlatiste 31. August 2022 | | | @Stefan Fleischer So einfach ist es. Man muß nur diese Frage richtig beantworten und alles andere ist klar! | 8
| | | physicus 31. August 2022 | | | "Unsitte" und Webseite "katholisch-de": Die Wortkombi passt. Unsitte 1: Redaktionsleiter Odendahl scheint es OK zu finden, selber öffentliche Standpunkte zu schreiben - aber offene Briefe anderer findet er nicht gut.
Unsitte 2: Wie Sr. Kaschner trefflich ausführt, handelt Herr Odendahl in genau der Art, die er bei anderen meint zu sehen und kritisieren zu müssen.
Unsitte 3: Er wirft anderen pauschal inhaltliche Substanzlosigkeit vor - ohne irgendeinen Ansatz, dies inhaltlich zu substantiieren.
Unsitte 4: Offenbar hat man wenig Interesse daran, die Gegenrede von Sr. Kaschner auf katholisch-de zu veröffentlichen. Soviel zum Thema "Fairness".
Die größte Unsitte mag aber der Hochmut sein, der aus jenem Standpunkt spricht. Der kommt bekanntlich vor dem Fall.
Vielen Dank an Sr. Kaschner und kath.net! | 7
| | | Lemaitre 31. August 2022 | | | ... Johannes Hartl hat dieses gesamtgesellschaftlich umgreifende Problem mMn. hervorragend aufgearbeitet:
https://www.youtube.com/watch?v=ndI4Eu1kGwM
https://www.youtube.com/watch?v=8k_pYYIwkmk | 3
| | | modernchrist 31. August 2022 | | | modernchrist Hier wieder der gemeine Begriff der Denunziation, den Kardinal Grech in die Debatte eingebracht hat! Wenn Kritiküben jetzt bereits Denunziation ist, dann wird es Nacht! Die Deutschen waren darin Meister in den Zeiten 1933-45; liest man das Deutsche Martyrologium, dann waren es besonders viele Frauen, die sich hier hervortaten - und Hinrichtung und KZ-Haft bewirkten. Mit dem Wort Denunziation soll ein absolut negatives Framing über alle Kritiker von "Reformideen" und "Transformation der Kirche" verhängt werden. Welch unselige und verantwortungslose Einlassung dieses Kardinals! | 7
| | | Stefan Fleischer 31. August 2022 | | | Meine Frage im Zusammenhang mit der ganzen «synodalen» Auseinandersetzung ist, ob das wahre Problem nicht darin liegt, dass all die offenen Fragen und Probleme nicht einseitig vom Blickwinkel aus beurteilt werden: «Was will der Mensch?», statt von der Frage her: «Was will Gott, der Herr?» (vgl. Mt 16,23) | 9
| | | Uwe Lay 31. August 2022 | | | Aus der falschen Ecke Da die kritisierten offenen Briefe aus der "konservativen Ecke" stammen, müssen sie ja, politisch korrekt beurteilt rein negativ sein. Deshalb braucht sich dieser Kritiker auch gar nicht inhaltlich damit beschäftigen, sondern es reicht, sie als niveaulos und denunzierend abzuurteilen.
Uwe Lay Pro Theol Blogspot | 8
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