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Auf das Heil bauen, das von Gott kommt

30. April 2024 in Chronik, 1 Lesermeinung
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Ein Nachruf auf Dr. Paul Josef Kardinal Cordes (1934-2024). Gastbeitrag von Barbara Stühlmeyer


Rom (kath.net/Auftrag und Wahrheit ) Vorabdruck aus „Auftrag und Wahrheit. Ökumenische Quartalsschrift für Predigt, Liturgie und Theologie“, Nr. 11, 3. Jg. 2023/2024, Heft 3, erscheint zu Pfingsten.

Mit dem Tod von Paul Josef Kardinal Cordes hat die Kirche am 15. März, dem Gedenktag der Heiligen Klemens Maria Hofbauer, Luise Marillac und Longinus, einen ihrer scharfsinnigsten Denker, einen bodenständigen, humorvollen und über sein ganzes Leben hinweg dienstbereiten Menschen, Priester, Bischof und Kardinal verloren. Scheinbar. Denn dass wir, die wir seinen Tod betrauern, ihn verloren haben, ist ein Satz, dem er sofort und in dankbar vertraut gewordener Weise mit scharfem geistlichen Sinn widersprechen würde. Aus gutem Grund – ist die volkstümliche Rede „wenn ich einmal nicht mehr bin“ für einen Christenmenschen doch keine realistische Beschreibung des Wegs vom irdischen zum ewigen Leben in Christus.

Diesen Weg ist Kardinal Cordes weder plötzlich, noch unerwartet, sondern vielmehr bewusst, in unbeirrter Treue, dankbar und mit jenem Mut zum Glauben gegangen, den er zum Titel seines kürzlich erschienenen letzten Buches gemacht hat und der, wie er wusste, heute mehr denn je notwendig ist. Für ihn verbindet sich mit diesem Aufbrechen in die offenen Arme Gottes, dessen Liebe ihn und uns alle zum Leben nährt, das Wissen um das endgültige Ankommen im ewigen Zuhausesein im Herzen des Vaters, für uns, die wir für ihn beten, die Hoffnung auf sein fürsprechendes Gebet für uns.

Dass der Heimgegangene um die Macht dieses Gebetes wusste, prägte seinen Weg zutiefst. In seinem geistlichen Testament beschreibt Cordes, wie Schwester Candida von den Olper Franziskanerinnen ohne sein Wissen jahrelang dafür betete, dass er Priester werden möge. Keine leichte Aufgabe, denn der junge Mann, in dem sie etwas sah, dass offenbar sonst niemand wahrnahm, hatte andere Pläne. Aber Schwester Candida ließ sich von solchen Kleinigkeiten wie patentem Auftreten, bodenständigem Humor und der Überzeugung: „Ich werde Arzt“ nicht beirren und setzte ihr stilles Berufungsapostolat einfach in direktem Kontakt zu dem, von dem sie sich alles erhoffen durfte, fort. Der unbeirrte Glaube an die performative Kraft stillen Betens, die Paul Josef Cordes dadurch am eigenen Leibe aufleuchtete, ebnete nicht nur den Weg zum Priesteramt, sondern wurde zu einem Grundmotiv seines Lebens.


Geboren ist Cordes 1934 in Kirchhundem. Der Tag seiner Geburt, der 5. September, ist zugleich der Sterbe- und Gedenktag von Mutter Teresa, der er später sehr verbunden sein würde. Seine Eltern führten dort eine Gastwirtschaft mit Pension und ein kleines Kino. Gemeinsame Arbeit, Mithelfen wo es nottut und der offene Blick für die Welt waren Samen, die durch die familiäre Lebensform grundgelegt wurden. Cordes hatte wie nur wenige hohe Kirchenvertreter einen unbeirrbaren Sinn für Trends und konnte gerade deshalb so scharfsinnig und treffsicher auf gesellschaftliche Entwicklungen reagieren, weil er früher als andere wahrnahm, auf welche Entwicklungen neue Filme, Buchveröffentlichungen oder Debattenbeiträge hinwiesen.

Nach dem 1955 in Attendorn abgelegten Abitur ging er an die Westfälische Wilhelmsuniversität in Münster, um dort Humanmedizin zu studieren. Die Wahl des Studienfaches ist, wie Cordes in seiner Autobiografie schildert, Teil des Berufungsweges zum Priester, dessen Schwierigkeiten ihm in lebendigen Beispielen aus seinem Umfeld aber zu deutlich vor Augen standen, um eine schnelle und am Ende vielleicht nicht gut genug überlegte Entscheidung zu treffen. Ein Beichtvater riet ihm sogar mit den Worten „Das ist nichts für sie“ eindeutig ab. Dass gerade dieser Priester wenig später sein Amt aufgab, mag die Aussage relativiert haben. Denn im Mai 1956 wurde Paul Josef Cordes ins Paderborner Priesterseminar aufgenommen und 1961, am 21. Dezember, dem Gedenktag des seligen Peter Friedhofen, Gründer einer neuen geistlichen Gemeinschaft im 19. Jahrhundert, zum Priester geweiht. Seine Promotion bei Karl Kardinal Lehmann trägt den für Cordes inneres Verständnis des Priesterseins typischen Titel „Sendung zum Dienst“. Als exegetische, historische und systematische Studie zum Konzilsdekret „Vom Dienst und Leben der Priester“ zeigt sie alle Merkmale der späteren Schriften Cordes: geistige Klarheit, tiefe Durchdringung des Themas bis zu den axiomatischen Grundlegungen und ein Wissen um die performative Kraft der Worte.

Cordes war zeitlebens einer, der sich in Dienst nehmen ließ. Wenn es dabei einmal hart und widrig zuging, war dies für den bodenständigen Paderborner Diözesan, der seiner Heimat zeitlebens verbunden blieb, ein normaler Teil des Lebensweges, den es mit Anstand und Humor zu bewältigen galt. Karrierebezogenes Denken war ihm fremd. Darum war ihm das mitfühlende Echo seines Umfeldes auf die Berufung nach Rom natürlich. Papst Johannes Paul II., der stets darauf setzte, mit glaubwürdigen Menschen zusammenzuarbeiten, hatte Cordes, der ihn auf einem Deutschlandbesuch begleitet hatte, am 11. März 1980 als Vizepräsidenten in den päpstlichen Rates für die Laien berufen. Am 2. Dezember 1995 folgte die Ernennung zum Präsidenten des Päpstlichen Rates Cor Unum, am 24. November 2007 wurde Cordes von Papst Benedikt XVI. in das Kardinalskollegium aufgenommen.

Zu den großen prägenden Themen und Taten im Leben von Paul Josef Kardinal Cordes gehörte die Initiative zur Gründung und Begleitung der Weltjugendtage, die sich zu einem Brennpunkt für die Verbreitung des Glaubens entwickelten. Ebenso maßgeblich unterstützte und förderte Cordes die jungen geistlichen Gemeinschaften, in deren Wirken er ein Zeichen des Geistes für die gegenwärtige Zeit sah. Mit Geduld und Langmut reagierte er auf Fehlentwicklungen und verwies aus seinem großen Wissen um die Kirchengeschichte auf ähnliche Weggeschichten von Ordensgemeinschaften und Bewegungen.

Als Autor vielbeachtete Bücher wirkte Cordes weit über die Kirche hinaus als Verkünder der frohen Botschaft, als sachlicher Mahner im Hinblick auf gesellschaftliche Fehlentwicklungen und als Kritiker auch innerhalb seiner eigenen Kirche. Bis zuletzt verfasste er, wie etwa für die homiletische und liturgische Quartalsschrift „Auftrag und Wahrheit“ aktuelle Texte und Predigten. Cordes war einer, der Worte zu setzen verstand und um ihr Gewicht wusste, weshalb er auch päpstliche Veröffentlichungen daraufhin untersuchte, ob Gott in ihnen numerisch und inhaltlich wirklich im Zentrum stand. An einer von ihnen, der Enyzklika „Deus Caritas est“, hat er selbst maßgeblich mitgearbeitet.

Dass Gott die Liebe ist, gehörte zu den grundlegenden Überzeugungen von Paul Josef Kardinal Cordes und darf von ihm nun, wie wir für ihn hoffen, in der lichten Fülle der umarmenden Mutterliebe Gottes erfahren werden.

Die Theologin, Musikwissenschaftlerin und Journalistin Dr. Barbara Stühlmeyer OblOSB aus Hof (Oberfranken) ist Mitherausgeberin der Zeitschrift „Auftrag und Wahrheit. Ökumenische Quartalsschrift für Predigt, Liturgie und Theologie“, die seit 2021 im Schiller Verlag Bonn-Hermannstadt erscheint. Zum Herausgeberkreis zählen u. a. Gerhard Kardinal Müller, Prof. Dr. Josef Spindelböck und der evangelisch-lutherische Pfarrer und kath.net-Autor Dr. Jürgen Henkel.   

Archivfoto Kardinal Cordes (c) Paul Badde


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Lesermeinungen

 Deus fidelis 30. April 2024 
 

Deus caritas est!

Dr. Paul Josef Kardinal Cordes war ein Wegbereiter der neuen geistlichen Bewegungen. Deshalb hatte er immer innerhalb des Vatikans wenig Unterstützer. Der Sauerländer ging zielstrebig und konsequent seinen Weg der Erfordernis der Gottesnähe und Barmherzigkeit. Ihm gilt unser Gebet und tiefe Dankbarkeit.


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