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'Wir brauchen keinen Papst. Wir sind selber katholisch'

16. März 2009 in Österreich, keine Lesermeinung
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Weinselige Betrachtung zu den merkwürdigen Vorkommnissen, die pünktlich zu den vergangenen Faschingstagen aus dem Mühlviertel zu vernehmen waren - Aus dem VATICAN-Magazin


Linz (kath.net/VATICAN-Magazin)
Es war in den letzten Tagen des Fasching, als wir in einem der trüberen Bezirke Wiens vor dem starken Schneefall in ein kleines Beisel flohen. Am Nebentisch hielt ein trotz nachmittäglicher Stunde bereits reichlich philosophisch dreinblickender Wiener vor einem Glas Weißwein einen leisen Monolog. Diesen haben wir exclusiv für unsere Leser aufgezeichnet und, nicht ohne Mühe, ins Deutsche übersetzt.

Sind schon alle rechte Sturschädel, die Mühlviertler, da hinten gleich unter Passau. Nicht so geschmeidig, wendig, diplomatisch, wie wir hier in Wien. Und so einen wollte der Papst jetzt den Oberösterreichern als Weihbischof aufoktroyieren.

Aber die haben sich das nicht gefallen lassen. Da sind die Dechanten aufgestanden wie ein Mann, zumindest fast alle. Das hat den Bischof dort natürlich schon sehr beeindruckt, dieser Aufstand der Basis. Und der Professor Zulehner hat den Österreichern in allen hierzulande verfügbaren Medien ausführlich erklärt, warum das so nicht geht und dass der Papst so mit uns nicht umspringen kann. Ein kluger Mann übrigens, der Professor Zulehner. Ich verstehe kein Wort, wenn er spricht. Ein großer Intellektueller! Kellnerin, ein Achtel! (Wörtlich: „Köönerin, a Ochtl!“. Die Kellnerin stellt ihm noch ein Glas Grünen Veltliner hin, ohne einen Blick auf ihn zu werfen. Anm. d. Red.)

Das kann schon sein, dass der Gerhard Wagner in seinem verschneiten Windischgarsten ein beliebter Skifahrer und Pfarrer und Reiseleiter ist. Wenn einer zwanzig Jahre am Ort ist und sogar mit den Roten im Wirtshaus sitzt, naja da gewöhnen sich die Leute halt an ihn. Jetzt haben sie ihn wieder. Ist doch alles in Ordnung, oder? Am Ende hat sich dann doch irgendwie die Vernunft durchgesetzt: Die Dechanten und Theologen, die gegen den Wagner waren, haben seine Bischofsweihe verhindert. Die Bischöfe bleiben in der Konferenz unter sich und müssen sich vom Wagner nicht dazwischenquatschen lassen. Die Windischgarstner haben ihren lieben Pfarrer wieder. Alles bleibt wie es immer war. Wir sind halt konservativ, in Österreich. (Nimmt einen kräftigen Schuck, Anm.d.Red.)


Und der Papst, der ist ja ein gescheiter Mann, der hat sicher auch was dazu gelernt. In Österreich kann man nicht einfach irgendeinen zum Bischof ernennen.
Das haben unsere Bischöfe ihm auch ganz deutlich gesagt, in ihrem schönen Hirtenbrief. „Höchste Sensibilität“ sei da angebracht, bei Bischofsernennungen.

Und deshalb wollen sie auch „alles Mögliche tun“, um die nächsten Bischofsernennungen „in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen vatikanischen Stellen“ durchzuziehen. Na, das kann sich der Papst in Rom hinter den Spiegel stecken! Wenn alle unsere Bischöfe alles ihnen Mögliche tun, dann brauchen wir uns keine Sorgen mehr machen. Die werden den Römern schon erklären, wie das bei uns hier läuft! Kellnerin, ein Achtel!

Wir brauchen nämlich keinen Papst, der uns irgendwelche frommen Dorfpfarrer, die in Rom Dogmatik studiert haben, als Bischöfe aufokkupiert. Und wir brauchen hier in Österreich gar keine Bischöfe, die uns sagen, was wir alles falsch machen oder anders machen sollen! Wir sind selber katholisch! Jawohl! Ich zahl schon so viele Jahre Kirchensteuer – davon müsste die Kirche mir eigentlich fünf Hochzeiten, zehn Taufen und mindestens drei Beerdigungen organisieren. Ist doch wahr, oder?

Was hab ich nicht schon an Kirchensteuer bezahlt! Wenn ich das in Achtel Heurigen umrechne… Und was krieg ich dafür? Weihnachten und Ostern geh ich zur Messe, im besten Anzug, und wegen der schönen Lieder. Man ist ja romantisch. Zweimal im Jahr ist Beerdigung von einem alten Freund. Ab und zu eine Hochzeit. Mehr will ich eh nicht von der Kirche!

Und dann setzt uns Rom einen Weihbischof ins Land, der den jungen Leuten verbieten will, Harry Potter zu lesen. Soll froh sein, dass sie überhaupt noch lesen. Ich lese täglich die „Krone“ (Österreichs auflagenstärkste Tageszeitung, Anm.d.Red.), bin also informiert. Aber die jungen Leute lesen ja nix. Sollen sie halt den Potter lesen, oder? Dann hat der Wagner irgendwas mit den Homosexuellen gesagt, die keusch leben sollen oder so. Da bräuchte er nur ein bisserl im Klerus herumhören, gleich bei ihm vor der Haustüre in Oberösterreich. Dann würde er schnell merken, dass das gar nicht so einfach ist, das keusch leben.

Naja, irgendwie wäre er schon ein Mannsbild gewesen, der Wagner. Ein bisserl so wie Johannes der Täufer, denn der hat auch von Umkehr geredet. Ist aber auch böse ausgegangen. Kellnerin, ein Achtel!

Wir haben ja hier viel erlebt, in Österreich. Früher hatten wir den Kaiser. Dann kam die Republik, da hatten wir einmal einen Prälaten Seipel, der Bundeskanzler war. Dann kam der Hitler, der übrigens auch ein Oberösterreicher war. Jetzt haben wir wieder eine Republik. Ja, wenn man so alt ist wie ich, dann muss man mit der Zeit gehen – oder gegangen sein.
Das muss die Kirche halt auch!

Früher sind die Bischöfe in Österreich vom Kaiser ernannt worden, dann vom Papst. Naja, und in Zukunft wird man sich halt zusammensetzen – die Bischöfe, Dechanten, Laienvertreter und sonst noch ein paar, die sich auskennen – und wird´s ausmauscheln. Im Ausmauscheln sind wir Österreicher Weltmeister. Das funktioniert so in der Politik, im ORF-Rundfunkrat, ein bisserl sogar in der Wirtschaft – warum denn nicht auch in der Kirche?

Wir Österreicher sind ja im Grunde kein revolutionäres Volk. Wir sind ganz gemütlich, solange es den Wein gibt und unsere schönen Seen und Berge. Wir sind sehr sportlich. (Nimmt Haltung an, Anm.d.Red.)

Ich schau mir immer die Ski-Abfahrtsläufe im Fernsehen an. Und patriotisch sind wir auch, da können die Japaner noch so jammern über die hohen Eintrittspreise für Schloss Schönbrunn. Wir wollen ja nur nicht, dass uns jemand von außen dreinredet. „Sensibilität“, haben unsere Bischöfe geschrieben. Ja, das erwarten wir halt auch von der Kirche. Ein bisserl Zurückhaltung. Keine Drohbotschaft, bitte. Nicht dauernd herumnörgeln, was wir alles falsch machen – Sünde, Umkehr, Beichte und so. Ja, in meiner Kindheit war das noch so. Aber jetzt sind wir doch alle modern.

Angeblich sollen die, die den Wagner als Weihbischof gemacht haben, ein Problem mit dem „Linzer Weg“ haben. Was wollen die eigentlich? Dass man in Linz einen „Altöttinger Weg“ geht?! Wenn es zu wenig Priester gibt, warum sollen dann die Laien nicht taufen und predigen? Die sind doch auch katholisch. So wie wir alle, oder? Kellnerin, ein Achtel!


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