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Vatikan: 60 % der Anzeigen im Zusammenhang mit Homosexualität

13. März 2010 in Aktuelles, 10 Lesermeinungen
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Vatikanischer Strafverfolger Scicluna: Seit 2001 insgesamt 3.000 Beschuldigungen wegen sexueller Übertretungen von Diözesan- und Ordenspriestern, deutliche Mehrheit im Zusammenhang mit Ephebophilie


Rom (kath.net/KNA/red) Die römische Glaubenskongregation hat in den vergangenen neun Jahren 300 Anzeigen pädophiler Handlungen durch Kleriker behandelt. Diese Zahl nannte der Promotor Iustitiae Charles J. Scicluna, eine Art Strafverfolger der Behörde für schwere kirchenrechtliche Vergehen, in einem Interview mit der katholischen italienischen Tageszeitung «Avvenire» (Samstag).

Demnach gingen im Vatikan seit Inkrafttreten des Dekrets «De delictis gravioribus» von 2001, das die Zuständigkeit für solche Kirchenprozesse der Glaubenskongregation zuweist, insgesamt 3.000 Beschuldigungen wegen sexueller Übertretungen von Diözesan- und Ordenspriestern ein. Es habe sich um Vorgänge aus den zurückliegenden 50 Jahren gehandelt, so Scicluna. Der Großteil der Fälle betreffe die USA.

Etwa 60 Prozent der Anzeigen hätten sich auf «sexuelles Hingezogensein zu Heranwachsenden desselben Geschlechts» bezogen, 30 Prozent auf heterosexuelle Beziehungen. Zehn Prozent beträfen Akte der Pädophilie im eigentlichen Sinn. Diese 300 Fälle seien «immer noch zu viele», betonte Scicluna. Allerdings sei «das Phänomen nicht so verbreitet, wie einige glauben machen wollen».

In 20 Prozent aller Fälle sei es zu einem eigentlichen kirchlichen Straf- oder Verwaltungsverfahren gekommen. Davon habe die Hälfte mit einer Entlassung aus dem Klerikerstand geendet, die andere Hälfte mit einer Bitte der Beschuldigten um eine Entpflichtung von ihren Aufgaben. Dazu gehörten laut Scicluna etwa Priester, die wegen Besitzes von kinderpornographischem Material von einem staatlichen Gericht verurteilt worden waren. 60 Prozent der Anklagen seien mit Blick auf das Alter der Beschuldigten nicht zu Ende verfolgt, aber gegebenenfalls mit Verwaltungs- oder Disziplinarmaßnahmen abgeschlossen worden.

Im Blick auf die zivile Verfolgung sexueller Vergehen betonte Scicluna, in einigen Ländern seien Bischöfe verpflichtet, Verfehlungen von Priestern den Justizbehörden anzuzeigen, wenn sie außerhalb der sakramentalen Beichte davon Kenntnis erhielten. Dies gelte etwa im angelsächsischen Bereich oder in Frankreich. Wo eine gesetzliche Anzeigepflicht für die Bischöfe fehle, ermuntere der Vatikan die Kirchenleiter, die Opfer bei einer Anzeige bei staatlichen Behörden zu unterstützen.

"Radio Vatikan" hat das vollständige Interview in deutscher Sprache veröffentlicht:

Monsignore, Sie gelten als gnadenlos; dabei wird der katholischen Kirche systematisch vorgehalten, mit den so genannten „pädophilen Priestern“ zu entgegenkommend zu sein.

Es mag sein, dass in der Vergangenheit einige Bischöfe – vielleicht auch aus dem irregeleiteten Wunsch heraus, die Institution zu verteidigen – in der Praxis zu nachsichtig mit diesen überaus traurigen Phänomenen umgegangen sind. Ich sage: in der Praxis, denn auf der prinzipiellen Ebene war die Verurteilung dieser Art Vergehen immer schon unerschütterlich und unmißverständlich. Um beim vergangenen Jahrhundert zu bleiben, sei nur einmal an die mittlerweile berühmte Instruktion „Crimen Sollicitationis“ von 1922 erinnert...

Aber war die nicht von 1962?

Nein, die erste Fassung geht auf das Pontifikat von Pius XI. zurück. Dann hat das „Heilige Uffizium“ in der Zeit des seligen Johannes XXIII. eine neue Fassung für die Konzilsväter erstellt, aber nur in zweitausend Ausgaben, die für eine Verteilung nicht ausreichten, so dass diese Verteilung sine die (unbefristet) aufgeschoben wurde. Da ging es immerhin um prozedurale Normen, die in Fällen einer Verführung eines/r Beichtenden durch den Beichtvater zu befolgen waren, und um weitere sehr schwerwiegende Vergehen sexueller Art wie sexueller Missbrauch von Minderjährigen...

Normen, die allerdings das Geheimhalten empfahlen...


Eine schlechte Übersetzung dieses Textes ins Englische hat den Eindruck erweckt, als ob der Heilige Stuhl die Geheimhaltung durchsetzen wollte, um die Tatsachen zu vertuschen. Aber so war es nicht. Das Ermittlungsgeheimnis diente dazu, den guten Ruf aller beteiligten Personen zu schützen, vor allem den guten Ruf der Opfer selbst, und dann auch den der angeklagten Kleriker, die – wie ein jeder – das Recht auf die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils haben. Die Kirche liebt keine Spektakel-Justiz. Das Regelwerk über sexuellen Missbrauch ist nie als Verbot verstanden worden, eine Anzeige bei den zivilen Behörden zu erstatten.

Dieses Dokument wird allerdings immer wieder erwähnt, um dem jetzigen Papst vorzuwerfen, er sei – in seiner Amtszeit als Präfekt des früheren „Heiligen Uffiziums“ – objektiv der Verantwortliche für eine Politik des Vertuschens der Tatsachen durch den Heiligen Stuhl gewesen...

Das ist ein falscher und verleumderischer Vorwurf. Im Hinblick darauf erlaube ich mir, auf einige Tatsachen hinzuweisen. Zwischen 1975 und 1985 ist meines Wissens kein einziger Hinweis auf Fälle von Pädophilie bei Klerikern zur Kenntnis unserer Kongregation gelangt. Doch gab es nach dem Erlass des Kodex des Kirchenrechts von 1983 eine Phase der Unsicherheit über die genaue Liste der „delicta gravioria“, die der Kompetenz dieses Dikasteriums vorbehalten sind. Erst mit dem „Motu proprio“ von 2001 ist das Vergehen der Pädophilie wieder in unsere exklusive Kompetenz zurückgekehrt. Und von diesem Moment an hat Kardinal Ratzinger Weisheit und Festigkeit beim Umgang mit diesen Fällen gezeigt. Mehr noch: Er hat auch großen Mut gezeigt, als er einige sehr schwierige und heikle Fälle sine acceptione personarum angegangen ist. Dem jetzigen Papst also Vertuschung vorzuwerfen, ist, wie gesagt, falsch und verleumderisch.

Was passiert, wenn ein Priester eines delictum gravius beschuldigt wird?

Wenn die Anklage glaubwürdig ist, hat der Bischof die Pflicht, sowohl die Zuverlässigkeit des Vorwurfs als auch ihren eigentlichen Inhalt zu untersuchen. Und wenn das Ergebnis dieser Voruntersuchung glaubwürdig ist, hat er keine Gewalt mehr, über die Materie zu befinden, und muss den Fall unserer Kongregation mitteilen, wo er vom disziplinarischen Büro behandelt wird.

Wer gehört zu diesem Büro?

Außer mir selbst, der ich als einer der Vorgesetzten des Dikasteriums auch andere Fragen behandle, gibt es einen Büroleiter, Pater Pedro Miguel Funes Diaz, sieben Geistliche und einen Strafrechtler – einen Laien –, die diese Verfahren bearbeiten. Andere Offiziale der Kongregation leisten jeweils einen wertvollen Beitrag, je nach den Notwendigkeiten von Sprache und Kompetenz.

Diesem Büro ist vorgeworfen worden, wenig und langsam zu arbeiten...

Das sind ungerechte Einschätzungen. 2003 und 2004 gab es eine Lawine von Fällen, mit der unsere Schreibtische überschüttet wurden. Viele davon kamen aus den USA und betrafen die Vergangenheit. In den letzten Jahren hat sich das Phänomen Gott sei Dank doch weitgehend reduziert. Und daher versuchen wir jetzt, die neuen Fälle in Echtzeit zu behandeln.

Wieviele davon haben Sie und Ihre Mitarbeiter bis jetzt behandelt?

Insgesamt haben wir in diesen letzten neun Jahren (2001 bis 2010) Anzeigen beurteilt, die etwa 3.000 Fälle von Diözesan- und Ordenspriestern betrafen und die sich auf Vergehen bezogen, die in den letzten fünfzig Jahren begangen worden sind.

Also 3.000 Fälle von pädophilen Priestern?

So kann man das korrekterweise nicht sagen. Wir können sagen, dass es sich grosso modo in sechzig Prozent dieser Fälle vor allem um Akte von Ephebophilie handelt, das heißt: Akte, die mit dem sexuellen Hingezogensein zu Heranwachsenden desselben Geschlechts zusammenhängen.

Weitere dreißig Prozent beziehen sich auf heterosexuelle Beziehungen, und zehn Prozent sind tatsächlich Akte der Pädophilie, also bestimmt durch das sexuelle Hingezogensein zu Kindern im vorpubertären Alter. Die Fälle von Priestern, die der Pädophilie im strengen Sinn des Wortes beschuldigt werden, sind also etwa dreihundert binnen neun Jahren.

Das sind – um Gottes willen! – immer noch zu viele Fälle, aber man sollte doch anerkennen, das das Phänomen nicht so verbreitet ist, wie einige glauben machen wollen.

Also 3.000 Beschuldigte. Wie vielen wurde der Prozess gemacht, wie viele verurteilt?

Man kann in etwa sagen, dass es in zwanzig Prozent der Fälle einen richtigen Prozess gegeben hat, ob straf- oder verwaltungsrechtlich, und normalerweise ist er im Herkunftsbistum – immer unter unserer Aufsicht – durchgeführt worden und nur in sehr seltenen Fällen hier in Rom. Wir halten das auch deswegen so, damit der iter schneller ablaufen kann. Doch hat es in sechzig Prozent der Fälle vor allem wegen des fortgeschrittenen Alters der Beschuldigten keinen Prozess gegeben; allerdings wurden gegen sie Verwaltungs- und Disziplinarmassnahmen ergriffen wie etwa die Auflage, keine Messen mit den Gläubigen mehr zu feiern, keine Beichte mehr zu hören, ein zurückgezogenes Leben des Gebets zu führen. Man sollte noch einmal betonen, dass es sich in diesen Fällen, unter denen auch einige besonders eklatante sind, mit denen sich die Medien beschäftigt haben, nicht um Freisprüche handelt. Zwar hat es keine formale Verurteilung gegeben, aber wenn jemand zu Schweigen und Gebet verpflichtet wird, dann gibt es dafür schon einen guten Grund…

Da sind aber noch zwanzig Prozent weitere Fälle…

Sagen wir: In zehn Prozent der Fälle, nämlich den besonders schwerwiegenden und bei denen erdrückende Beweise vorliegen, hat der Heilige Vater die schmerzliche Verantwortung auf sich genommen, ein Dekret über den Rückzug aus dem Klerikerstand zu autorisieren. Eine äußerst schwerwiegende Maßnahme, die auf dem Verwaltungsweg getroffen wird, aber unvermeidlich. In den übrigen zehn Prozent der Fälle waren es dann die beschuldigten Kleriker selbst, die um Dispens von den Pflichten gebeten haben, die sich aus dem Priesteramt ergeben. Was auch prompt angenommen wurde. Zu diesen letztgenannten Fällen gehören die Priester, die im Besitz von kinderpornographischem Material gefunden wurden und die dafür von der zivilen Autorität verurteilt worden sind.

Woher kommen diese dreihundert Fälle?

Vor allem aus den USA, die in den Jahren 2003-2004 etwa achtzig Prozent aller Fälle stellten. Für 2009 ist der US-„Anteil“ auf ca. 25 Prozent der 223 neuen Fälle, die aus aller Welt gemeldet wurden, gesunken. In den letzten Jahren (2007-2009) lag tatsächlich der jährliche Durchschnitt von Fällen, die der Kongregation aus aller Welt gemeldet wurden, bei 250 Fällen. Viele Länder zeigen uns nur einen oder zwei Fälle an. Es wächst also die Vielfalt und die Zahl der Herkunftsländer von Fällen, aber das Phänomen ist ziemlich reduziert. Man muss ja daran erinnern, dass die Gesamtzahl von Diözesan- und Ordenspriestern weltweit bei 400.000 liegt. Dieser statistische Wert entspricht nicht dem Eindruck, der entsteht, wenn diese traurigen Fälle die ersten Seiten der Zeitungen füllen.

Und aus Italien?

Bislang scheint das Phänomen keine dramatischen Ausmaße zu haben, auch wenn mich doch beunruhigt, dass ich auf der Halbinsel noch eine gewisse Kultur des Schweigens zu sehr verbreitet finde. Die Italienische Bischofskonferenz (CEI) bietet einen hervorragenden technisch-juristischen Beratungsdienst für die Bischöfe, die solche Fälle zu behandeln haben. Ich stelle mit großer Befriedigung ein immer stärkeres Engagement von Seiten der italienischen Bischöfe fest, Klarheit in den Fällen, auf die man sie hinweist, zu schaffen.

Sie sagten eben, dass es in etwa zwanzig Prozent der ca. 3.000 Fälle, die Sie in den letzten neun Jahren untersucht haben, zu richtiggehenden Prozessen kam. Endeten die alle mit der Verurteilung der Beschuldigten?

Viele der mittlerweile berühmten Prozesse endeten mit einer Verurteilung des Beschuldigten. Aber es gab auch einige, in denen der Priester für unschuldig erklärt wurde oder in denen die Vorwürfe nicht für hinreichend bewiesen angesehen wurden. In allen Fällen aber wird nicht nur Schuld oder Unschuld des angeklagten Klerikers untersucht, sondern auch eine Einschätzung vorgenommen, inwieweit er für die Ausübung eines Amtes in der Öffentlichkeit geeignet ist oder nicht…

Ein häufiger Vorwurf an die kirchlichen Autoritäten ist der, dass sie nicht die Vergehen der Pädophilie, von denen sie Kenntnis bekommen, den zivilen Behörden anzeigen.

In einigen Ländern mit angelsächsischer Kultur, aber auch in Frankreich sind die Bischöfe dazu verpflichtet, wenn sie außerhalb des sakramentalen Beichtgeheimnisses Kenntnis von Vergehen ihrer Priester erhalten, diese den Justizbehörden anzuzeigen. Es handelt sich um eine Verpflichtung, die alles andere als leicht fällt, denn diese Bischöfe sind dazu gezwungen, etwas zu tun, was man damit vergleichen könnte, dass Eltern ihren eigenen Sohn anzeigen. Dennoch geben wir in diesen Fällen die Vorgabe, das Gesetz zu respektieren.

Und was ist in den Fällen, wo die Bischöfe nicht diese gesetzliche Verpflichtung haben?

In diesen Fällen erlegen wir es den Bischöfen nicht auf, ihre eigenen Priester anzuzeigen, aber wir ermuntern sie, sich an die Opfer zu wenden und sie einzuladen, diese Priester, deren Opfer sie geworden sind, anzuzeigen. Außerdem raten wir ihnen dazu, diesen Opfern jeden nur möglichen geistlichen und sonstigen Beistand zu leisten. In einem Fall vor nicht langer Zeit, der einen von einem italienischen Zivilgericht verurteilten Priester betrifft, war es tatsächlich diese Kongregation, die den Anzeigenden vorschlug, als diese sich wegen eines kanonischen Prozesses an uns wandten, sich doch im Interesse der Opfer und um andere Vergehen zu verhindern auch an die zivilen Autoritäten zu wenden.

Eine letzte Frage: Ist für die delicta graviora eine Verjährung vorgesehen?

Da rühren Sie an einen – aus meiner Sicht – schmerzhaften Punkt. In der Vergangenheit, das heißt vor 1889, war die Verjährung der Straftat eine Einrichtung, die es im Kirchenrecht nicht gab. Und für die schwerwiegendsten Vergehen wurde erst mit dem „Motu proprio“ von 2001 eine Verjährungsfrist von zehn Jahren eingeführt. Aufgrund dieser Normen beginnt die Zehn-Jahres-Frist in Fällen von sexuellem Missbrauch mit dem Tag, an dem der bis dahin Minderjährige das 18. Lebensjahr vollendet.

Reicht das denn aus?

Die Praxis zeigt, dass eine Zehn-Jahres-Frist dieser Typologie von Fällen nicht angemessen ist und dass es wünschenswert wäre, zum früheren System zurückzukehren, nach dem es für die delicta graviora keine Verjährung gibt. Immerhin hat der Diener Gottes Johannes Paul II. am 7.11.2002 diesem Dikasterium die Vollmacht gegeben, im Einzelfall auf begründete Anfrage der einzelnen Bischöfe hin diese Verjährungsfrist nicht zu beachten. Und die entsprechende Ausnahmeregelung wird normalerweise auch gewährt.

(C) 2010 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.


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Lesermeinungen

  15. März 2010 
 

Verurteile jeden Missbrauch von Kindern

Aber kann die auf der gesamten Welt vertretene Kirche, einfach so sagen das jeder Missbrauch den zuständigen Staatsstellen gemeldet werden muss? Was ist mit den Ländern wo diese schrecklichen Verbrechen mit den Tode bestraft werden?


0
 
 eldebe 14. März 2010 
 

@alexius

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Allerdings ist für mich die Abgrenzung zwischen den Begriffen Pädo- und Ephebophilie (auf die es mir ankam) noch immer unklar. Es bleibt offenbar Ermessenssache, ob man den Missbrauch eines 13jährigen unter \"Pädophilie\" oder \"Ephebophilie\" subsumiert. Wenn so, dann sind die Prozentangaben dazu wenig verlässlich.


2
 
  14. März 2010 
 

Die Statistik lehrt uns:

Wenn Homosexuelle doppelt so oft auffällig werden als heterosexuelle, andererseits aber höchstens 5 % aller Männer homosexuell sind, das Risiko bei einem Homosexuellen etwa 40fach (!) höher ist.
Selbst wenn die Quote latent Homosexueller im Klerus höher wäre als in der Durchschnittsbevölkerung, wäre das Risiko immer noch signifikant erhöht.


1
 
 alexius 14. März 2010 

@eldebe

In den geltenden kirchlichen Rechtsbestimmungen heißt es im Artikel 4 einfach:

§1. Die Zuständigkeit der Kongregation für die Glaubenslehre erstreckt sich auch auf die Straftat gegen das sechste Gebot des Dekalogs, die von einem Kleriker mit einer mindjährigen Person im Alter von weniger als 18 Jahren begangen wurde.

§2. Wer die in § 1 benannte Straftat begangen hat, soll gemäß der Schwere der strafbaren Handlung bestraft werden, die Entlassung oder Amtsenthebung nicht ausgeschlossen.

Jeder Einzelfall ist daher genau zu untersuchen. Um auf Ihre Frage zu kommen: diese kann dann vor allem im Durchschauen der bisherigen kirchlichen Rechtsprechung gelöst werden. In dem Interview geht es bei den Begriffen der widernatürlichen sexuellen Hanldungen vor allem darum, daß es für den Leser klar wird, was gemeint ist.

Eine wichtige Lehre schon allein aus diesen Zahlen ist es, die ebenso weltweit geltende INSTRUKTION ÜBER KRITERIEN ZUR BERUFUNGSKLÄRUNG VON PERSONEN MIT HOMOSEXUELLEN TENDENZEN IM HINBLICK AUF IHRE ZULASSUNG FÜR DAS PRIESTERSEMINAR UND ZU DEN HEILIGEN WEIHEN vom 4. November 2005 voll und ganz zu beachten und so die Weihe von Personen mit tiefsitzenden homosexuellen Tendenzen konsequent zu verhindern. Dies ist dann schon ein wichtiger Schritt der Prävention.

7ax.de/0qua


3
 
  14. März 2010 
 

Und was soll uns diese Statistik lehren?

Etwa, keine US-Amerikaner mehr zur Priesterweihe zuzulassen? - Spaß beiseite!

Die Analyse, warum solche Übergriffe in der Kirche möglich sind, darf nicht im Akzidentiellen stecken bleiben! Ist also der Zölibat womöglich selbst die tiefere Ursache für diese Mißstände? Wohl kaum! Schließlich lebte Jesus selbst zölibatär, forderte jene, die er in seine besondere Nachfolge rief, auf, alles zu verlassen. Sein Sendungsbefehl spricht nicht von Heim und Herd. Die Kirche hat unter der Führung des Heiligen Geistes deshalb auch die Bedeutung des Zölibates als eine direkte Gnadengabe des Herrn für das Weihepriestertum immer stärker erkannt und festgeschrieben. Der Zölibat gehört wesensmäßig zum Priestertum der Katholischen Kirche, er ist eines ihrer wichtigsten Berufungskriterien. Unzählige Priester, nicht zuletzt der Heilige Pfarrer von Ars, haben diesen Zölibat gelebt und ihn zum Erfolgsmodell einer hingabebereiten Glaubensverkündigung gemacht. Die Ursache kann also nicht der Zölibat selbst sein. Es ist vielmehr der zum Guten befähigte, aber doch zur Sünde neigende Mensch, der die Gnade der Berufung erhält, aber durch freie Willensentscheidung oder durch Verführung diese Begnadung ausschlägt und sich der Sünde öffnet. Deshalb hat die Kirche zu allen Zeiten die Priester zu strenger geistlicher Disziplin ermahnt: die tägliche Feier des Messopfers, die unablässige Zwiesprache mit Gott im Gebet und in der Betrachtung, die tägliche ernsthafte Gewissenserforschung, die Stärkung durch den regelmäßigen Empfang des Bußsakramentes, aszetische Übungen wie das Fasten, um Körper und Seele rein zu halten. All das diente dazu, die Zölibatsgnade immer neu zu entfachen und dem Absturz in die Sünde vorzubeugen. Das es trotzdem immer ein Scheitern geben kann, wissen wir. Es ist aber bezeichnend, dass gerade immer dann, wenn man meinte, sich von diesen Vorgaben lösen und sich der Welt anpassen zu können, die Zölibatsbrüche sprunghaft anstiegen. Diese Statistik sollte daher eine ernste Mahnung sein, die Gnadengaben Gottes mit großem Ernst zu wahren und sich des Wortes zu erinnern: \"wirkt euer Heil mit Furcht und Zittern, so werdet ihr tadellos und lauter, Kinder Gottes, ohne Fehl inmitten eines verkehrten und verderbten Geschlechtes.\" (Phil.2, 13-15)


3
 
 gebsy 14. März 2010 

Vorbeugung

Wer kennt das Wort des Herrn \"Betet ohne Unterlaß, damit ihr nicht in Versuchung geratet\"?
Wäre DIE PRÄVENTION dadurch klar definiert?
Persönlich bin ich der Meinung, dass Weihekanditaten zum entscheidenden \"Erlösungserlebnis\" hingeführt werden müssen, ohne das es keine Zulassung zur Weihe gibt ...

www.auf-christus-schauen.at/node/145


1
 
 eldebe 13. März 2010 
 

Eine Unklarheit

Ein aufschlussreiches Interview. Allerdings frage ich mich, ob Scicluna den Terminus \"Ephebophilie\" in einem rechtlich verbindlichen Sinn verwendet. Unter Ephebophilie versteht man gewöhnlich eine erotisch-sexuelle Neigung zu pubertären Jungen. Die Pubertät beginnt aber häufig bereits mit 10, 11, und (zumindest nach Deutschem Recht) gilt man bis 14 als Kind. Die an sich nicht irrelevante Unterscheidung zwischen pädo- und ephebophil klärt hier nicht wirklich auf, zumindest nicht, was die rechtliche Einschätzung betrifft. Oder sehe ich das falsch?


2
 
 Philipp Neri 13. März 2010 

Ist Umkehr möglich?

Hier sind ein paar Fragen, die sich mir stellen:

Hätte ein Saulus in der heutigen Medienlandschaft noch die Chance, als Paulus für die Kirche den Glauben zu predigen?
Hätte er auch in unserer Kirche noch die Chance, als einer, der radikal umgekehrt ist, zu predigen und das Wort Gottes zu verkündigen?

Würden unsere Massenmedien heute Jesus fragen, warum nimmst du den mitgekreuzigten Schächer heute noch in das Paradies auf?

Das soll nichts entschuldigen, aber zur Zeit werden viele Priester an den Pranger gestellt, die vielleicht auch zu Unrecht angeklagt wurden oder die ihre Strafe längst erhalten haben.

Da stellt sich mir auch die Frage: \"Wie gehen wir in Zukunft mit dem Bußsakrament um, gibt es für bestimmte Sünden keine Vergebung mehr? Wissen wir eigentlich, ob nicht etliche Menschen, die solche Vergehen begangen haben, zutiefst bereut haben und umgekehrt sind?

Jesus hat ja schon zur Sünderin gesagt, dass sie in Zukunft nicht mehr sündigen solle.
Wir müssen als Kirche aufpassen, nicht die Barmherzigkeit und die Vergebung aus dem Auge zu verlieren! Wir sollten trotz aller Häme und Anschuldigungen uns nicht scheuen zu sagen, dass auch der schlimmste Sünder in den Augen Gottes die Chance zur Umkehr hat. Diese Lehre Jesu hat unsere Kirche auch heute noch zu verkündigen, sei es gelegen oder ungelegen.

Hier ein Zitat dazu aus dem Evangelium: \"Er sagte zu seinen Jüngern: Es ist unvermeidlich, dass Verführungen kommen. Aber wehe dem, der sie verschuldet. Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als dass er einen von diesen Kleinen zum Bösen verführt. Seht euch vor! Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er sich ändert, vergib ihm.\"


5
 
 Martinus Theophilus 13. März 2010 
 

Hervorragender Beitrag

Dieses Interview mit Msgr. Scicluna ist ein hervorragender Beitrag zur Versachlichung der Debatte. Er zeigt, daß die römische Kurie um eine sorgsame Aufarbeitung und Strafverfolgung bemüht ist, und zwar bereits seit längerem und nicht erst, seit die Thematik im Fokus der Medien steht. Trotz dieses Bemühens ist natürlich niemand immun dagegen, daß gelegentlich auch Fehler passieren. Insbesondere die zehnjährige Verjährungsfrist erscheint problematisch und sollte im Interesse der Rechtsklarheit geändert werden. Im übrigen würde ich mir wünschen, daß die Glaubenskongregation neben der Bearbeitung von Anzeigen auch präventiv in die Bischofskonferenzen der Welt hineinwirkt, etwa indem Mitarbeiter der Kurie in die einzelnen Länder reisen und die Bischöfe um aktive Mitwirkung bei der Verfolgung von delicta graviora bitten.
Zunächst jedoch wünsche ich diesem Beitrag eine weite Verbreitung; möge besonders all jene Journalisten dieses Interview sorgsam lesen, die in diesen Tagen vorgeben, die katholische Kirche genau zu kennen.


3
 
 alexius 13. März 2010 

Wichtiges Signal für die Opfer

Die Antwort auf die letzte Frage ist wichtig. Der begründete Antrag des zuständigen Ordinarius auf Verzicht der Verjährung und somit weiter mögliche volle kirchenrechtliche Strafverfolgung wird normalerweise auch gewährt. Das ist ein klares Signal für Opfer, denen eine weitere Aufarbeitung auch noch nach langer Zeit extrem wichtig erscheint, wenn möglicherweise nicht einmal mehr die Staatsanwaltschaft untersuchen möchte.

Das Interview klärt sachlich fast alle Fragen, die in den letzten Tagen und eigentlich Jahren durcheinandergebracht worden sind.


4
 

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