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Als Rebe im Weinstock bleiben

28. Februar 2019 in Aktuelles, 22 Lesermeinungen
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Fluctuat nec mergitur... Austritt aus der Kirche? Der eigentliche Ausstieg aus der Kirche geschieht im Abfall vom katholischen Glauben. Ein Gespräch mit Walter Kardinal Brandmüller. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Fünfundzwanzig Prozent mehr Kirchenaustritte: in Bayern verließen im Jahr 2018 rund ein Viertel mehr Katholiken und Protestanten ihre Kirchen, als dies im Vorjahr der Fall war. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm wollten sich zu diesen Zahlen, die aus 57 bayerischen Städten mit je mindestens 20.000 Einwohnern vorliegen, nicht äußern.

Fünfundzwanzig Prozent weniger Christen mit „offizieller“ Bindung an ihre Kirchen: trotz des auf der Welt einzigartigen deutschen Kirchensteuersystems und den damit verbundenen Widersprüchen erschreckende Zahlen. Und natürlich beginnt erneut die Suche nach „Gründen“ für ein Phänomen, das in Deutschland in besonderer Weise empirisch messbar ist, denn: gewiss schwindet auch anderswo im Westen die Kirchenbindung, doch dies ist nur in Deutschland (und in Österreich und der Schweiz) mit steuerlich belegbaren Zahlen zu verfolgen. Denn nirgendwo anders kann man aus der Kirche „austreten“.

Besorgte Hirten und Ideologen: beide sind sie schnell bei der Hand, wenn es um die Darstellung von Gründen geht. Alte Themen wie Zölibat, Morallehre und Anspruch auf Wahrheit in einem universalen und absoluten Sinn: gern werden „Ursachen“ in diesen zumeist politisch interessierten Bereichen verortet. Aber die Thematik bedarf einer breiter angelegten Herangehensweise, worüber wir mit dem Kirchenhistoriker Walter Kardinal Brandmüller gesprochen haben.


Eminenz, jenseits der Fragen nach den „Gründen“ für den vor den deutschen Steuerbehörden vollzogenen „Austritt“ aus der Kirche stellt sich in erster Linie eine andere Frage: wer sind die Menschen, die diesen Schritt gehen? Und um dies zu verstehen drängt sich angesichts der neuen „apokalyptischen“ Zahlen eine weitere Frage auf: wer sind die Menschen, die NICHT austreten?

Brandmüller: Nun, das ist viel auf einmal gefragt! Sehen wir es der Reihe nach an!

Zunächst: Wer sind die „Ausgetretenen“? Da sind nicht wenige, die nie zuvor im Leben eine bewusste Glaubensentscheidung getroffen haben, die sich einfach vom einstmals katholischen Mainstream haben mittragen lassen. Nun vollziehen sie unter dem Eindruck kirchlicher Skandale nur öffentlich, was sie ohnehin längst praktiziert haben, indem sie kaum am Leben der Kirche – Gebet, Sakramente, Sonntagsmesse – teilgenommen haben. Nun, da alle Welt von Skandalen in der Kirche redet, erklären sie vor dem Standesamt ihren Kirchenaustritt.


In manchen Fällen führen Auseinandersetzungen rechtlicher, finanzieller Art, auch persönliche Ressentiments, Konflikte mit „dem Pfarrer“ etc. zu diesem Entschluss.

In den Ländern deutscher Zunge ist es zudem die Kirchensteuer – deren Problematik wir hier aussparen – die, als odios empfunden, als Austrittsmotiv dient. Hinzu kommt religiöse Unkenntnis, geistige Orientierungslosigkeit, die es nicht wenigen unmöglich macht, kirchliche Verhältnisse zutreffend zu beurteilen. Durch den Kirchenaustritt wird nun amtlich festgestellt, was längst Lebenswirklichkeit ist.

Der scharfe Wind, der derzeit durch den Baum „Kirche“ fährt, fegt nur die längst verwelkten dürren Blätter hinweg. Die Äste werden kahl. Wenn nur etwa 5% bis 10% der kirchensteuerzahlenden Katholiken am Sonntag den Weg zur Kirche finden, dann ist klar, wie viele von ihnen wirklich glauben und ihren Glauben leben.

Nun aber gibt es unter den „Ausgetretenen“ gar manche, die ihren Kirchenaustritt aus ganz entgegengesetzten Motiven vollziehen: es ist ihr Protest gegen einen in bürokratischen Strukturen verkrusteten Apparat, für dessen Funktionäre Glaubenswahrheit, sittliche Normen des Evangeliums, Sakramente und Anbetung Gottes, wenn überhaupt, sodann eine Nebenrolle spielen.

Diese „Ausgetretenen“ sind Menschen, die am Sonntag lieber eine Stunde mit dem Auto fahren, um eine würdig gefeierte heilige Messe zu erleben. Damit sind wohl im Wesentlichen die Austrittsmotive genannt.

Was kann man unter „Austritt“ verstehen, das heißt: welche Art von Willenserklärung? Zweifellos: die Gläubigen werden immer weniger, die Kirchen immer reicher mit immer größeren Einnahmen. Ist nicht letztlich auch das ein Grund für eine verkehrte Wahrnehmung der Kirche?

Und dann: Wie würden sie das Kirchenverständnis dessen beschreiben, der sich zu einem „Austritt“ entschließt? Ist es möglich, hier etwas zu verallgemeinern? Woran scheiterte die Kirche in den vergangenen 60 Jahren bei der Vermittlung des Kirche-Seins?

Brandmüller: Im Grunde geht es hier um die Frage „Was ist Kirche?“. Im landläufigen Verständnis eine Art NGO mit religiös-folkloristisch-caritativen Programm?

Keine Frage: Wenn mir an einer solchen NGO etwas nicht passt, dann gehe ich eben.
Aber Kirche ist doch etwas ganz anderes! In eindrucksvoller Weise beschreibt die Konstitution des II. Vatikanischen Konzils „Lumen Gentium“ die Kirche als „Hausgemeinschaft“ Gottes, „Volk Gottes“, „Leib Christi“ – kurzum: nicht ein Gebilde von Menschenhand, sondern Werk und Werkzeug Jesu Christi zur Erlösung der Menschheit, des Universums. Schiff des Fischers Petrus ist sie auch, um den stürmischen See zu überqueren. Natürlich kann einer da aussteigen…

Überdies: Der eigentliche Ausstieg aus der Kirche geschieht im Abfall vom katholischen Glauben. Das aber hat dann nichts mehr mit dem Kirchensteueramt zu tun, sondern mit dem lebendigen Gott.

Natürlich kann einer diesen Schritt tun. Aber mit welchen Konsequenzen! Jesus sagt – so das Johannesevangelium Kapitel 15 – „Ich bin der wahre Weinstock, ihr seid die Reben…“ Nur wenn sie mit dem Weinstock verbunden ist, kann aber die Rebe Frucht bringen. Wenn sie aber vom Weinstock getrennt wird, verdorrt sie und wird verbrannt Und nun meint der heilige Augustinus: „Eines von beiden kommt der Rebe zu, entweder der Weinstock oder das Feuer. Wenn sie nicht im Weinstock ist, muss sie im Feuer sein; damit sie also nicht im Feuer sei, möge sie im Weinstock sein…“

Verstehen Sie jetzt, dass ich gar nichts anderes kann als in der Kirche, als Rebe im Weinstock zu bleiben? Und das allen Skandalen zum Trotz.

Eminenz, vor kurzem konnten Sie Ihren 90. Geburtstag feiern und auf ein reiches und bewegtes Leben als Priester, Professor, Historiker im Dienst des Heiligen Stuhls, als Bischof und Kardinal zurückblicken, dem unerwartet in einem Alter noch besondere Verantwortung zuteil wurde, in dem andere einfach ihr Pension genießen.

Gerade der Historiker jedoch zeichnet sich durch einen breit angelegten Blick aus, der sich von Relativitäten des Moments nicht so leicht beeindrucken lässt. Was sagt uns der Historiker zur aktuellen Wirklichkeit und zu den notwendigen Reinigungsprozessen und Prozessen der Umkehr?

Wenn man nicht nur Kirchengeschichte studiert, sondern auch zwanzig Jahre im Zentrum des Geschehens gelebt und Verantwortung getragen hat, dann hat man nicht nur viel selbstlosen Dienst, Frömmigkeit und Glaubenstreue erlebt, sondern auch viel Schlimmes. Da hat man gelernt, in, an und mit der Kirche zu leiden. Aber „austreten“? Das hieße existentiell ins Nichts zu fallen – und das, im Augenblick des Todes für ewig…

Was mich – nebst nicht wenig anderem – dennoch mit Zuversicht erfüllt, ist die wachsende Schar junger Leute, die in voller Kenntnis der gegenwärtigen Skandale und Probleme entschlossen sind der Kirche, dem Herrn als Priester oder im Ordensstand zu dienen. Sie wissen oft aus Erfahrung, dass der kirchliche Apparat sie mit Misstrauen, ja Abneigung betrachtet. Sie haben erlebt, dass aus dem Priesterseminar entlassen wurde, wer den Rosenkranz betete etc.

So sind in den letzten Jahrzehnten geistliche Gemeinschaften entstanden, besonders in Frankreich, die in entschiedener Treue zum Glauben der Kirche dienen wollen. Der Heilige Geist ist am Werk – auch heute.

Das Wappen der Stadt Paris zeigt ein Schiff auf hochgehenden Wogen der Seine. Dahinter die Devise: Fluctuat nec mergitur – von den Wogen hin und hergeworfen – das Schiff geht nicht unter! Wie viel mehr gilt das von der Kirche!

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VIDEO-Statement Kardinal Brandmüller from kath.net on Vimeo.


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