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Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!

28. März 2010 in Deutschland, keine Lesermeinung
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Predigt von Erzbischof Joachim Kardinal Meisner zum Palmsonntag im Hohen Dom zu Köln.


Köln (www.kath.net/ pek)
Liebe Schwestern und liebe Brüder in Christus, dem Herrn!
Jesus steht vor seinem letzten Aufbruch in seine Stadt Jerusalem hinein. Es ist gleichsam seine letzte Mahnung an sein Volk in letzter Stunde. Vielleicht findet Jerusalem jetzt doch noch die Möglichkeit zur Umkehr. Der Herr sagt ausdrücklich: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt“ (Mt 23,37). Die Liebe des allmächtigen Gottes steht machtlos vor der Freiheit des Menschen als Ebenbild Gottes: „Ihr habt nicht gewollt“. Nun versucht der Herr es noch einmal.

Es ist wirklich seine Mahnung in letzter Stunde. Der Evangelist Matthäus schildert den Einzug des Herrn, indem er schreibt: Jesus setzte sich auf den Esel. Und dann heißt es wörtlich: „Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“ (Mt 21,9). Markus berichtet ähnlich, indem er sagt: Er setzte sich auf den Esel.

„Und viele breiteten ihre Kleider auf der Straße aus; andere rissen auf den Feldern Zweige (von den Büschen) ab und streuten sie auf den Weg. Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!“ (Mk 11,7-10). Es ist der letzte Aufbruch des Herrn in seine Stadt Jerusalem.

Und es ist, als ob die Menschen das spürten, sodass sie ihn begleiten und wie einem Herrscher ihre Kleider auf dem Weg ausbreiten, den er mit seinem Esel beschreiten wird. Und auch der Evangelist Lukas bezeugt diesen Einzug in Jerusalem, indem er schreibt: „Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf der Straße aus. Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe!“ (Lk 19,36- 38). Und schließlich fehlt auch nicht Johannes, der vierte Evangelist, mit seiner Schilderung: „Am Tag darauf hörte die Volksmenge, die sich zum Fest eingefunden hatte, Jesus komme nach Jerusalem. Da nahmen sie Palmzweige, zogen hinaus, um ihn zu empfangen, und riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels!“ (Joh 12,12-13).


Der Einzug in Jerusalem mit seiner viermaligen Bezeugung ist wie ein „Hoffen gegen die Hoffnung“ Jesu auf die Bekehrung Jerusalems. Es scheint sich zunächst zu bestätigen, dass man ihn wirklich als den Messias erkannte. Aber dann kam der große Umschwung: Die Begeisterung ist aus! Das Hosianna wird zum Crucifige!

Der Herr geht seinen Weg weiter, der aber zum Kreuzweg auf Golgotha hin wird. Das Leben des Herrn ist von drei Aufbrüchen geprägt: Zunächst ein Aufbruch aus der Herrlichkeit des dreifaltigen Gottes in die Armseligkeit der Welt zu Weihnachten. „Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, doch einen Leib hast du mir geschaffen; an Brand- und Sündopfern hast du kein Gefallen. Da sagte ich: Ja, ich komme – so steht es über mich in der Schriftrolle –, um deinen Willen, Gott, zu tun“ (Hebr 10,5-7), so spricht der Hebräerbrief im Hinblick auf seinen ersten Aufbruch. Einen Leib hast du mir geschaffen.

Siehe ich komme, deinen Willen zu erfüllen! Der Aufbruch Jesu in die Welt ist nicht nur ein spiritueller, geistlicher Vorgang in vornehmer Distanz, nein, der Herr kommt in seiner Gottheit und Menschheit, mit Leib und Seele. Er stößt sofort auf Ablehnung, indem Herodes ihm nach dem Leben trachtet. Er sieht in ihm den großen Konkurrenten, sodass der Herr der Welt vor diesem provinziellen Potentaten auf die Flucht geht. Siehe, ich komme, deinen Willen zu erfüllen!

Den zweiten Aufbruch schildert Lukas mit dem Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu in Nazareth und der Reaktion seiner Landsleute: „Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut. Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen. Er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg“ (Lk 4,28-30). Und schließlich heute der verheißungsvolle Aufbruch Jesu nach Jerusalem. Er wird wieder wie die beiden anderen enden: menschlich gesehen als Fiasko. Der Herr kommt nicht zum Ziel. Er kann die Menschen nicht überzeugen. Deshalb geht er diesmal einen Weg, der nicht aufzuhalten oder zu neutralisieren ist. Er geht den Weg der Liebe, der zum Kreuzweg wird. Die Liebe „erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf“ (1 Kor 13,7-8). Sie ist die Innenseite seines Herzens.

Und so endet sein dritter Aufbruch in der Vollendung, in der Auferstehung. Wir tun alle gut daran, die Einladung der Kirche anzunehmen, diesen Weg mitzugehen! Er ist der einzige, der uns über die Schwelle des Todes ins Leben bringt. Christus ist der Schrittmacher, der uns begleitet, der uns vorangeht, der, wenn es nötig ist, uns trägt. Jerusalem ist überall. Der Herr bricht auf. Er will uns mitnehmen. Darum lädt er uns ein, mit in seinen Paschaschritt einzutreten, in den Vorübergang oder Durchgang, durch den Tod ins Leben, durch den äußeren Verlust in seinen Gewinn.

Palmsonntag 2010 wird uns zur Zukunft, die Ostern zur Gegenwart wird. Der Herr bricht aus der Herrlichkeit des Himmels in die Armseligkeit der Welt auf. Der Vater liebt ihn, sein Landsmann Herodes aber will ihn töten. Der Herr bricht auf aus der Mitte seiner Landsleute in Nazareth, aber sie zerren ihn an den Rand der Stadt, um ihn herabzustürzen. Jesus versucht es noch einmal, ein drittes Mal. Er zieht hinein nach Jerusalem, und wiederum werden die Autoritäten des Landes ihn zu beseitigen
suchen, und wiederum wird er sich stärker erweisen als ihre Taktiken und Berechnungen. Denn er ist die Liebe, und die Liebe ist stärker als der Tod. Das ist unsere Berufung. Dafür ist er zu uns gekommen, dazu geht er mit uns und bleibt bei uns alle Tage, bis zur Vollendung der Welt (vgl. Mt 28,20).

Amen.

+ Joachim Kardinal Meisner
Erzbischof von Köln

Foto: © www.kath.net


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