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Die Kraft des Wortes

2. Jänner 2018 in Kommentar, 4 Lesermeinungen
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Bei vielen Initiativen, die auf das Wort setzen, fehlt die Vision. Und zwar eine Vision, die auf Wahrheit und Vollmacht gründet - Diakrisis am Dienstag von Stefan Meetschen


Linz (kath.net)
Bücher, Zeitschriften, Zeitungen haben mich schon früh fasziniert. Ebenso Filme und Theateraufführungen. Das geschriebene und gesprochene Wort – ich habe ihm stets eine besondere Kraft zugeordnet, weil ich den Versuch bemerkenswerte finde, die innere und äußere Welt des Menschen zu beschreiben, die Wahrheit so gut und klar wie möglich auszudrücken. Doch auch die Grenzen menschlicher Worte waren mir früh bewusst. Werbung fand ich aufgrund ihres manipulativen Charakters nie besonders anregend, auch spröde Bedienungsanleitungen (für technische Geräte) oder Predigten (über Gott und die Welt) haben mich selten vom Hocker gerissen. Ich fand das Reden oder Gerede über Gott – angelehnt an eine Einschätzung Cees Nootebooms – stets ein wenig „prätentiös“. Gott ist ein Geheimnis. Und worüber man nicht sprechen kann, darüber sollte man, wie wir spätestens sein Wittgenstein wissen, lieber schweigen.

Gerade in der heutigen Zeit erlebt man aber ein großes Reden über das Geheimnis, was oft mit dem Hinweis auf den Dienst der Neuevangelisierung untermauert wird. Der Vatikan hat erst kürzlich eine eigene (wie ich finde, etwas unübersichtliche) Nachrichten-Website eröffnet, private Initiativen treten mit Blogs („First things“) oder massivem Social Media Einsatz auf die digitale Bühne. Ich kann das verstehen, aber begeistert bin ich darüber nicht.


Ist es nicht so, dass die Menschen sowieso schon „zugemüllt“ sind mit unzähligen Informationen und Angeboten? Müssen jetzt auch noch religiöse Menschen in diesem „Kommunikations“-Wahnsinn mitschwimmen? Ich weiß: es gibt viele Argumente dafür, und vollkommen von der digitalen Bildfläche zu verschwinden, um dem Quietismus zu frönen, ist sicherlich (gerade unter missionarischen Gesichtspunkten) keine Alternative – ich frage mich jedoch, ob man mit all diesen Aktivitäten wirklich Menschen, die auf der Suche sind, erreicht und anspricht, oder ob viele Initiativen sich nur darum drehen, dass man innerhalb der eigenen kleinen Milieu-Blase Aktivismus demonstriert.

Ich gestehe, ich habe darauf keine Antwort. Ich spüre bei mir nur eine zunehmende Müdigkeit aufsteigen, wenn ich von neuen christlichen Initiativen oder Produkten höre. Etwas scheint zu fehlen. Aber was?

Ich glaube, bei vielen Initiativen, die auf das Wort setzen, fehlt die Vision. Und zwar eine Vision, die auf Wahrheit und Vollmacht gründet. Wenn wir uns die Apostelgeschichte ansehen, so erkennen wir, dass die ersten Nachfolger Christi ihre Missionserfolge genau diesen Werten verdanken. Egal ob es bequem oder unbequem war, sie erzählten von Jesus Christus, dem sie persönlich begegnet waren. Sie gaben Zeugnis ab, und dabei formierten sich die ersten Gemeinden. Dieses verbale Zeugnis – sei es in Briefen oder mündlich – wurde grundiert durch Zeichen und Wunder, übernatürliche Gnadenerweise. Sie hielten keine Predigt über die Politik der Römer und soziale Gerechtigkeit – ihr wichtigstes, ganz konkretes menschliches Anliegen, war die Rettung der Seelen ihrer Zuhörer. Auch zu abstrakte theologische Reflexionen waren dabei nicht dienlich. Stattdessen wurden die Feinde und Gefahren des Glaubens klar benannt. Begleitet von ehrwürdigen Riten und Symbolhandlungen, die in der jüdischen Tradition Jesu standen und zur Corporate Identity der Kirche wurden. Ohne falsche Anthropozentrik.

Dürfen Geistliche in der Katholischen Kirche heute eigentlich noch so predigen wie die ersten Apostel? Dürfen sie in und mit der Kraft des Heiligen Geistes evangelisieren? Steht Christus als der Gekreuzigte und Auferstandene, so wie damals, heute im Zentrum der Verkündigung?

Zweifel sind wohl erlaubt. Was besonders bedrückend ist, wenn man die Ergebnisse aktueller Umfragen bedenkt. Die Menschen wünschen sich offensichtlich wieder ein christlicheres Europa – auch in Abgrenzung zu terroristischen und ideologischen Attacken, welche die Bürger des Kontinents bedrohen. Wo sind die Kirchenverantwortlichen, die darauf mit Mut und Klugheit, Wahrheit und Vollmacht reagieren? Gibt es keine tatsächlich keinen Kardinal Stefan Wyszynski (1901-1981) mehr, keinen Erzbischof Johannes Dyba? Keinen Bernhard von Clairvaux? Schwer vorstellbar, dass mit dem letzten Konzil die großen katholischen Persönlichkeiten ausgestorben sein sollen.

Wie gesagt: Worte sind etwas Fragiles, und das Reden über Gott kann sehr schnell prätentiös werden - seien die Worte, die man mit ihm verbindet, auch noch so poetisch und schön gewählt. Doch darum geht es nicht. Das, was die Menschen aus meiner Sicht brauchen, wonach sie dürsten, sind prophetische Zurufe. Vollmächtige Wörter, die durch Leib und Seele gehen und das Leben transformieren. Von Menschen gemachte Worte gibt es genug.

Ich wünsche uns allen zum Neuen Jahr, dass wir die Kraft des Wortes, das am Anfang stand und stehen sollte, neu entdecken - im Einklang mit der Tradition der Kirche, den ersten Aposteln.


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Lesermeinungen

 girsberg74 2. Jänner 2018 
 

Reißt mich nicht vom Hocker!

Wollte jedoch nicht meckern, weil ich von Stefan Meetschen Texte kenne, die mich weitergebracht haben; waren aber eher Sachtexte zu philosophischen Fragen, klar und deutlich.

Dieser Text ist schwieriger, weil es um persönliche Haltungen (Appelle) geht, und es sind zu viele Worte (Umstände) um eine einfache Sache.

Der entscheidende Satz lautet: „ … ihr wichtigstes, ganz konkretes menschliches Anliegen, war die Rettung der Seelen ihrer Zuhörer.“

Und dies muss heute genau so gehen wie zur Zeit der ersten Christen: durch einen klaren persönlichen Glauben (nach der Lehre der Kirche) und bezeugt durch persönliche Glaubwürdigkeit (Haltung); ohne Halbheiten, ohne Sonderangebote zu einzelnen Punkten der Glaubens- und Sittenlehre, wie etwa neulich aus München zu Sexualität.


0
 
 Ehrmann 2. Jänner 2018 

Ich fürchte,der Name Gott wird benützt. um rein irdische Ziele zu verwirklichen (Kommunismus)

Ein Vergessen des 2. der Zehn Gebote? Statt das erste der "2 Wichtigsten" zu befolgen!


0
 
 Karlmaria 2. Jänner 2018 

Etwas scheint zu fehlen. Aber was?

Das Wort war für mich immer eine besondere Leidenschaft. Nur muss man eben auch einsehen dass gegen geballten Sex das Wort keine Chance hat. Das Gewissen spricht leise. Starker Sex schreit viel lauter. Insofern ist es völlig klar dass Gott drastische Ereignisse senden muss um Sich Gehör zu verschaffen. Natürlich wird Gott es auf die Dauer nicht dulden dass die Menschheit nicht auf Ihn hört. Für uns Christen ist das kein Grund zur Sorge. Gottes Fürsorge wird immer für uns da sein. Wir sollen uns sogar freuen denn unsere Erlösung naht!


2
 
 lesa 2. Jänner 2018 

Worte sind etwas Geistiges - und der gute Geist lärmt nicht

Danke! Volle Zustimmung!
Da spricht ein feinfühliger „Berufs-Schreiber“, dem das Wort etwas Kostbares, etwas Geistiges ist und der spürt dass der Umgang mit dem Wort sehr viel zu tun hat mit dem Hören auf Gott und mit der Wirkung bzw. mit dem Umgang mit dem Menschen. Manipulation oder Behutsamkeit und Ehrfurcht ...


4
 

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