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Mutter vom Guten Rat

10. Dezember 2019 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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„Ob vor 2000 Jahren oder im Jahr 2019: Das Herz der Gottesmutter ist immer aktuell. Gott muss sich etwas dabei gedacht haben, als zu Beginn des oft so herzlosen 20. Jahrhunderts Maria in Fatima erschien.“ Gastbeitrag von Peter v. Steinitz


Münster (kath.net) In diesen neun Tagen haben wir immer wieder an die Gottesmutter gedacht, die uns als Mutter vom Guten Rat vor Augen und zur Seite steht. Den guten Rat dieser unserer Mutter erfahren wir im Gebet, im Gottesdienst, in einer stillen Stunde, wo wir die Hektik des Alltags ablegen. Ja, wir erfahren ihn sehr oft durch andere Menschen. Die Hl. Schrift sagt, es ist gut, kluge Menschen um ihren Rat zu fragen.

Und schließlich gibt Maria uns auch einen guten Rat auf abgelegenen Wegen, wo wir sie nicht vermuten würden. Manchmal sogar über ein einfaches volkstümliches Lied.

Unterhaltungsmusik und Schlager gelten in der Regel per se als oberflächlich, mehr oder weniger unseriös. Umso erstaunlicher wenn dann einige Lied-Texte – allerdings nur wenige – bei näherem Hinsehen einen unerwarteten verborgenen Schatz enthalten. Als z.B. vor mehr als 70 Jahren Zarah Leander mit tiefer Stimme sang: „Ich bin auf der Welt, um glücklich zu sein“, vermuteten die meisten wohl nicht, dass hier, wahrscheinlich unbewusst, eine tiefe theologische Wahrheit ausgesprochen wurde.

Es ist tatsächlich wahr, dass Gott den Menschen geschaffen hat, damit er glücklich sei und Gott damit die Ehre erweist. Eine zweite Frage ist dabei, ob die meisten Menschen den richtigen Weg dazu einschlagen.

Toni Steingass sang im Kölner Karneval – ja im Karneval: „Die Hauptsach ist, das Herz ist gut“. Das klingt oberflächlich oder höchstens biedersentimental, und doch ist auch hier etwas ganz Richtiges angesprochen: wenn der Mensch ein gutes Herz hat, dann ist das tatsächlich das Wichtigste, und alles andere im Leben fügt sich dann fast wie von selbst zum Guten.

Im Mittelalter haben Theologen und fromme Beter entdeckt, dass auch bei Gott selbst das Herz eine entscheidende Rolle spielt: das Herz Jesu wurde besonders verehrt, weil man erkannte, in diesem Herzen ist alles das konzentriert, was wir die Liebe Gottes nennen, und vor allem: das Herz des Gottmenschen ist so etwas wie ein Maßstab, an ihm können wir selber Maß nehmen für die Regungen und Empfindungen unseres eigenen Herzens und beten deshalb: „Jesus, sanftmütig und demütig von Herzen, bilde unser Herz nach deinem Herzen!“

Damit nicht genug: es zeigt sich, dass das Herz eines Geschöpfes mit dem Herzen des Schöpfers geradezu kongruent ist, in völligem Gleichklang mit ihm schlägt, es ist das Unbefleckte Herz der Jungfrau und Gottesmutter Maria. Wenn je ein Mensch das Ziel erreicht hat, das eigene Herz nach dem Herzen Jesu auszurichten, dann ist es Maria. Sie war mit Jesus ein Herz und eine Seele. Als er noch in ihrem Schoß heranwuchs, war es buchstäblich so, denn sein kleines Kinderherz war ja dort mit ihrem Herzen in einem Blutkreislauf verbunden.

Das Herz Mariens ist „unbefleckt“. Was heißt das? Es ist frei von der Erbsünde, die bei uns allen eine Störung hervorgerufen hat. D.h. wir alle – mit Ausnahme eben nur der Jungfrau Maria – haben aufgrund der Erbsünde eine gewisse Neigung zum Bösen.


Die Erbsünde selbst wird in der Taufe getilgt, die Neigung zum Bösen aber bleibt. Christus sagt (Mk7,21-23): „Aus dem Herzen der Menschen kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft“. Die Neigung ist aber noch keineswegs die Sünde selber. Im Gegenteil: indem wir gegen die schlechten Neigungen kämpfen, steigen wir auf und können sogar heilig werden.

Dass das Herz gut ist, ist also wirklich die Hauptsache. Tröstlich ist immerhin, dass es gut und besser werden kann – mit der Hilfe Gottes und der eigenen Anstrengung.

Ein wahrhaft guter Rat!

Bei Maria sehen wir mit Freude, dass ihr Herz von Anfang an gut war. Das Böse bzw. der Böse hat gar keinen Anknüpfungspunkt bei ihr. Das ist aber auch nur logisch – so sagt es ja der sel. Duns Scotus – denn wenn Gott in ihrem Inneren Mensch wird, darf der Feind nicht den geringsten Teil an ihr haben oder je gehabt haben.

Die Dinge Gottes sind bekanntlich zeitlos. Ob vor 2000 Jahren oder im Jahre 2019: das Herz der Gottesmutter ist immer aktuell. Gott muss sich etwas dabei gedacht haben, als er wollte, dass zu Beginn des oft so herzlosen 20. Jahrhunderts Maria in Fatima erschien und – sichtbar und überdeutlich – auf ihr Herz hinwies und gesagt wurde: der Ewige Vater wünscht, dass man das Unbefleckte Herz Mariens besonders verehrt.

Liebe Schwestern und Brüder, alle Päpste, nicht nur Pius XII., haben Fatima besonders beachtet. 1960, unter Johannes XXIII. wurde der Brief mit dem sog. Dritten Geheimnis von Fatima geöffnet, der Papst ließ ihn sich von Kardinal Ottaviani vorlesen und sagte ohne Kommentar: „Ich habe alles verstanden“ und ließ ihn wieder versiegeln. Aber danach, gegen Ende der 60er Jahre, obwohl Paul VI. 1967 noch in Fatima war, wurde es merklich stiller um dieses Geschehen, von dem der Schriftsteller Paul Claudel einmal sagte: „Fatima ist der größte Einbruch des Übernatürlichen in unsere Welt“. Fragen wir uns, warum die große Begeisterung der fünfziger und frühen sechziger Jahre, mit der die Fatima-Madonna um die ganze Welt – auch zu den mit begeisterten Heiden – getragen wurde, dann so zurückgegangen ist.

Ist die Botschaft von Fatima überholt? Ist sie nur noch für die Eingeweihten verständlich, die einen Zusammenhang sehen zwischen der Weihe Russlands, die Johannes Paul II. am 25. März 1984 vor der Fatima-Madonna vollzog und dem Fall des Kommunismus? Ist es auch für viele Christen nur noch ein Zufall, dass der hl. Johannes Paul II. einem eigentlich tödlichen Attentat entkommen konnte, das sich am 13. Mai 1981, genau am Fest der Muttergottes von Fatima ereignete?

Mit anderen Worten: liegt es an den Menschen oder liegt es an der Botschaft, dass sie nicht mehr so ankommt?

Gehen wir einmal in Gedanken fünfzig Jahre zurück.

1968: Der große Traditionsbruch, wie Kard. Höffner das nannte. Zugleich Ende des Konzils, das vom Hl. Geist inspiriert, aber sogleich von unerleuchteten Geistern einseitig und falsch ausgelegt wurde; es florierte der sog. Geist des Konzils, der mit den Konzilstexten nicht viel zu tun hatte. Ausgewachsene Irrlehren wurden, auch von Theologen, kolportiert und dem Konzil untergeschoben. Irrtümer bezüglich der Glaubenslehre und, was sich zur Zeit besonders bemerkbar macht, Irrtümer in Moral und Ethik. An den Theologischen Lehrstühlen wurde und wird eine Ethik gelehrt (Stichwort Situationsethik, Konsequentialismus), die der überkommenen Lehre der Kirche nicht entspricht, in deren Gefolge die Lehre der Enzyklika des hl. Papstes Pauls VI., Humanae Vitae, relativiert oder sogar abgelehnt wurde.

Heute ist man sich klarer dessen bewusst, dass die darauf erfolgte radikale Trennung zwischen Lust und Fortpflanzung das ganze Wertesystem der Sexualmoral verändert hat. Hier mögen die Stichworte genügen: gleichgeschlechtliche Ehe und, schon im Ansatz sichtbar, eine gewisse Nachsicht gegenüber der Abtreibung.

Ist das nun ein Fortschritt? Wohl eher ein Abgleiten. Es stellt sich die Frage: wenn die Welt ins Rutschen kommt, muss die Kirche unbedingt mitrutschen?

Insgesamt: ein schlechter Rat

Wenn in der Botschaft von Fatima die Rede ist von Buße und Umkehr, von der Barmherzigkeit des Vaters, aber auch von der Hässlichkeit der Sünde, dann ist das natürlich der Stil des Evangeliums, aber für viele nicht der Stil unserer Zeit. Manch einer hat in der Kirche das Wort Sünde lange nicht gehört; was wunder, dass vielerorts nicht mehr gebeichtet wird.

Schließlich einer der Hauptgedanken von Fatima, die Sühne: sie muss ja vielen unverständlich erscheinen, wenn es praktisch keine Sünde mehr gibt. Sühne aber ist der innerste Kern unseres Glaubens: das Herz des Herrn ist ja aus diesem Grunde so schmerzhaft durchbohrt worden, um für die Sünden der Menschen zu sühnen. Dadurch werden die Sünden der Menschen überwunden, durch die Sühne, nicht indem man sie ignoriert.

Also: ein guter Rat!

Wenn auch Teile des christlichen Volkes sich von Fatima abgewandt haben, die Päpste sind ihm immer treu geblieben. Johannes Paul II. fühlte sich persönlich der Muttergottes von Fatima zu Dank verpflichtet für die Rettung aus tödlicher Gefahr. Benedikt XVI. und Papst Franziskus haben wiederholt Fatima aufgesucht.

Nein, Fatima ist nicht überholt. Es wird – vielleicht sogar bald – zu neuer Aktualität gelangen, wenn sich die letzte und wichtigste Prophezeiung, die die Muttergottes ausgesprochen hat, erfüllen wird.

Jawohl, Fatima steckt voller weltgeschichtlicher Prophezeiungen, die sich seit 1917 nach und nach realisieren: das Schicksal Russlands, sein Erniedrigung unter ein atheistisches Regime, seine Befreiung davon, die Vorhersage des 2. Weltkriegs, und nun vielleicht von beklemmender Aktualität das Wort: „In Portugal wird der wahre Glaube immer erhalten bleiben“ – vielleicht ist das im Kern des viel diskutierten 3. Geheimnisses: wenn in Portugal der wahre Glaube erhalten bleibt, dann wohl in anderen christlichen Ländern nicht?

Alle negativen, düsteren Voraussagen sind konditioniert: d.h. genau wie bei den klassischen Prophezeiungen des AT (Ninive) – wenn die Bedingungen, Buße und Umkehr, erfüllt werden, findet die Katastrophe nicht statt.

Aber dann, nach all den dramatischen Ankündigungen der Gottesmutter, die immer in dem beschwörenden mütterlichen Wort münden: „sie sollen Gott nicht mehr beleidigen, der schon zu sehr beleidigt worden ist“, kommt das strahlende und nun nicht mehr an Bedingungen geknüpfte Wort: „Am Ende aber wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren, und es wird der Welt eine Zeit des Friedens geschenkt werden“. Wie das? Ich könnte mir denken, das wird so ähnlich sein wie bei uns in Deutschland im Jahre 1989, als uns – ganz unvermutet – die Wiedervereinigung geschenkt wurde.

Guter Rat!

Aber was machen wir nun mit der Welt des Schlagers und des show-business? Trotz kleiner Lichtblicke wie die erwähnten harmlosen Liedtexte hat diese Welt mit Maria und mit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit wenig am Hut. Aber noch weniger die anderen Lebensbereiche unserer heutigen Welt, die nicht an Oberflächlichkeit kranken, aber dafür an anderen Defiziten: die Welt der Politik: teils korrupt, teils durchaus sachkundig, teils aber menschenverachtend (sonst würde sie in fast allen Ländern der Erde nicht solche Abtreibungsgesetze verabschieden), die Welt des big business mit ihrer Raffgier und Hektik, die Welt der Kultur und Erziehung mit vielem Guten und vielem Schlechten (wie sehr hat man die Jugendlichen im Stich gelassen, so dass sie Rattenfängern wie Hard Rock und abgedrehten Sexualpädagogen in die Hände fielen) – ist das alles nicht meilenweit entfernt von Fatima? Die Antwort lautet zunächst: ja. Dann aber: so what? Vor 2000 Jahren war die Welt der Pharisäer, der Römer, der Griechen auch meilenweit vom Geist des Evangeliums Jesu Christi entfernt.

Am Ende wird in allen diesen Welten das Unbefleckte Herz triumphieren, was das gleiche ist wie: das Evangelium wird triumphieren. Für uns geht es darum, überall die kleinen Ansatzpunkte zu entdecken und zu nutzen. Hier ein Liedtext, dort eine menschliche Tugend im Sport, wieder ein andermal Kollegen, die vernünftige Ansichten haben wider den Zeitgeist. Das meint wohl das Wort von den Kleinen Brennpunkte der Evangelisierung. Sie ist uns allen aufgetragen. Sie ist schwierig, aber wir sind nicht allein: wenn wir richtig hinsehen (beten), dann erkennen wir immer wieder sie, die „Nascosta Rosa“, die verborgene Rose.

Dort, in der himmlischen Rose Maria verbirgt sich das Wesen allen guten Rats. Bitten wir Maria darum, aber sagen wir ihr auch, dass wir sie, die uns offensichtlich so sehr liebt, ebenfalls lieben!

Gottesmutter Maria - Mater boni consilii



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