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| Der Vatikan und die Souveränität des Malteserordens?27. Jänner 2022 in Weltkirche, 1 Lesermeinung Der Päpstliche Delegierte für den Malteserorden streitet eine Aushöhlung der Souveränität des Malteserordens im Zuge des laufenden Reformprozesses ab. Rom/London (kath.net/jg) Kardinal Silvano Tomasi, der Päpstliche Delegierte für den Malteserorden, hat in einem Brief an den Orden dessen Souveränität bestätigt. Dies berichtet die britische Zeitschrift The Tablet. Es sei niemals die Absicht der Kommission oder des Papstes gewesen, die Souveränität des Ordens zu untergraben, „die vollständig erhalten bleiben wird“, zitiert das Magazin aus dem Brief von Kardinal Tomasi. Papst Franziskus hat jedoch tatsächlich erst im vergangenen Jahr in einem Schreiben seinem Delegierten weitreichende Vollmachten zum Eingriff in die Führung des Ordens gegeben, die bereits eine Aushöhlung der Souveränität darstellen. Laut The Tablet antwortete Kardinal Tomasi mit seinem Brief auf Kritik die Albrecht von Boeselager, der Großkanzler des Malteserordens, geäußert hatte. Tomasi spricht in seinem Brief allerdings den Präsidenten der deutschen Assoziation des Ordens an und wirft ihm vor, entgegen der Abmachung bereits einen Rohentwurf des Reformvorschlags im Orden zirkuliert zu haben. Dieser Vorschlag weist tatsächlich in die Richtung einer Beschränkung der Souveränität des Ordens durch den Hl. Stuhl, ist aber natürlich noch nicht verbindlich. Von Boeselager hatte Tomasis Reformvorschläge als „Gefahr für die seit langem bestehende Souveränität des Ordens“ bezeichnet. Er könne die vorgesehenen Änderungen nicht akzeptieren und werde sich daher aus dem laufenden Reformprozess zurückziehen. Er wies darauf hin, dass er offensichtlich im Vatikan nicht mehr auf Gehör stoßen würde und seine Position durch andere Personen kompromittiert wurde, da man ihn als Säkularisierer des Ordens und jemanden bezeichnet hätte, der den Orden eigentlich in eine säkulare NGO umbauen wolle. Für den 25. und 26. Januar seien Gespräche vorgesehen. Dabei sollten Vertreter des Malteserordens und des Vatikans die vorliegenden Reformentwürfe überarbeiten, berichtet The Tablet. Der aktuelle Reformprozess im Orden geht auf eine von Boeselager und Kreisen des Ordens konstruierte Verfassungskrise zurück, die unter Leitung des verstorbenen Fra' Matthew Festing, des ehemaligen Großmeisters des Ordens, stattfand. Festing trat im Januar 2017, nach einer Bitte von Papst Franziskus, der Reformen anordnete, von seinem Amt zurück. In der Zwischenzeit verstorben, wurde Festing mit allen staatlichen Ehren, als erster Großmeister seit über 200 Jahren wieder in der Großmeistergruft auf Malta beigesetzt. Der Papst stand, vertreten durch Tomasi, dem Requiem vor. Die maltesische Staats- und Regierungsspitze war ebenfalls anwesend, sowie Vertreter der Ordensregierung. Ausgelöst wurde der Konflikt aber durch die Aufforderung Festings an Boeselager, den damaligen Großkanzler des Ordens, von seinem Amt zurückzutreten, was dieser verweigerte. Festing setzte ihn danach ab und Boeselager intervenierte im Vatikan und erreichte die Resignation Festings und seine eigene Wiedereinsetzung. Allerdings war der Preis für den Orden enorm - die konstruierte Verfassungskrise führte zur Intervention des Papstes und löste die nunmehrige Gefährdung der Souveränität des eigenständigen Völkerrechtssubjekts Malteserorden aus, der bei mehr als 120 Staaten mit Botschaftern vertreten ist und Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen hat. Der Reformprozess wurde durch den Tod von Festings Nachfolger, Fra' Giacomo Dalla Torre, die Corona-Pandemie sowie die Absetzung des ehemaligen Delegierten des Ordens, Kardinal Angelo Becciu, verzögert. Im vergangenen Oktober übertrug Franziskus die Kontrolle über die Leitung des Ordens de facto seinem neuen Delegaten, Kardinal Silvano Tomasi. Dieser erhielt die Befugnis, „alle internen Konflikte zu lösen“ und die Wahl eines neuen Großmeisters einzuberufen. Etliche Ordensritter werteten die Erteilung derart weitreichender Kompetenzen als bisher beispiellosen Eingriff. Der Malteserorden wurde im 11. Jahrhundert während der Kreuzzüge gegründet. Heute ist er sowohl ein geistlicher Ritterorden als auch ein souveränes, nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt. Seine Souveränität geht auf den Wiener Kongress und die Neuordnung Europas nach den napoleonischen Kriegen zurück. Damals hatte der Orden sein Staatsgebiet, die Insel Malta, verloren aber der Wiener Kongress sprach ihm die Souveränität weiterhin zu. Der Vatikan selber erlangte seine eigene Souveränität erst über 100 Jahre später, begründet durch die Lateranverträge. Dem Malteserorden gehören weltweit etwa 13.500 Ritter und Damen an. Das Großpriorat Österreich hat ungefähr 420 Mitglieder.
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