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| 'Unser Glaube ist felsenfest'7. Mai 2017 in Weltkirche, keine Lesermeinung Interview mit Samson Shukardin, Bischof von Hyderabad/Pakistan und Förderer der Bildung bei den Ärmsten - Von Alexa Gaspari / VISION 2000 Wien (kath.net/VISION2000) Bischof Samson kommt aus einer sehr armen Familie. Seine Eltern hatten acht Kinder. Als er am 29. Jänner 1961 in Hyderabad auf die Welt kommt, ist er die Nummer sechs und der jüngste von vier Brüdern. Er wird in der Kathedrale von Hyderabad getauft, in jener Kirche übrigens, in der er später auch gefirmt und zum Priester geweiht wird. Und am 31. Jänner 2015 empfängt er dort auch die Bischofsweihe. Als Bub besucht er die katholische Schule, die der Kathedrale angeschlossen ist. Mit einem Wort, lächelt der Bischof, alle wichtigen Ereignisse meines Lebens haben sich dort konzentriert. Ursprünglich aus dem nicht katholischen nördlichen Teil des Landes kommend, gehörten Samsons Eltern einer protestantischen pakistanischen Kirche an. Doch als sie in den Süden des Landes übersiedelten, hatte der tiefgläubige Vater eine Vision: Es erschien ihm Maria, die er vorher abgelehnt hatte. Ab da, so erzählt der Bischof, hat er sich total verändert und wurde katholisch. Und mit ihm die ganze Familie. Als ich geboren wurde, war die Familie schon katholisch. Ich wollte immer schon den Menschen dienen, hatte aber längere Zeit nicht die Absicht in einen Orden einzutreten. Dieser Wunsch ist erst langsam in meinem Herzen gereift. Als junger Mann sammelt er, gemeinsam mit muslimischen Freunden, Essen und andere lebensnotwendige Dinge für arme Menschen, spendet für sie Blut und hilft, wo er kann. Er habe unter den Muslimen sehr nette und aufmerksame Freunde selbst heute noch, betont er. Und wollen sie nicht Christen werden?, frage ich spontan. Nein, das ist für Muslime, die in Pakistan leben, unmöglich, winkt er gleich ab. Wer sich zum Christentum hingezogen fühlt, muss dies heimlich tun, denn er gilt dann als Apostat und muss den Zorn der fanatischen Muslime fürchten. Von den über 196 Millionen Pakistani sind 97% Muslime und nur 1,6% (also etwa vier Millionen) Christen. Bald ist er auch in verschiedenen Leitungsämtern seines Ordens tätig. Am Sindh Law College erwirbt er 1998 das Lizenziat im Fach Kanonisches Recht. Als Jurist und Anwalt sowie als Direktor der nationalen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der Diözese Hyderabad verbringt er täglich mehrere Stunden bei Gericht, um seinen Leuten, die von Strafe, Bedrängnis oder Gefängnis bedroht sind, zu helfen und ihre Interessen zu vertreten. Da geht es z. B. um Fälle, in denen das Eigentum von Christen illegal beschlagnahmt wurde. Bei den Scharia-Gerichten kann er jedoch nur beratend wirken. Damit sind wir beim heiklen Thema der Blasphemiegesetze in Pakistan angelangt. Sie legen Strafen fest für Personen, die durch Äußerungen oder Handlungen Mohammed, den Koran oder heilige Muslime beleidigt haben. Dieses Gesetz ist ein Damoklesschwert, das über den Christen in Pakistan hängt nicht zuletzt deswegen, weil es sehr oft missbraucht wird, um private oder geschäftliche Fehden zu regeln. Dann wird eben behauptet, jemand habe etwa den Propheten beleidigt, und schon steht für den Angeschwärzten die Drohung mit schwersten Strafen, auch der Todesstrafe, im Raum. Christen und andere Minderheiten sind von solchen Anschuldigungen betroffen, aber noch weit mehr Muslime sind aus diesem Grund in Haft. Ein weltweit bekannt gewordener Fall ist die Christin Asia Bibi, die 2010 wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tode verurteilt worden ist und noch immer im Gefängnis auf eine endgültige Entscheidung der Berufung gegen ihr Urteil wartet. Neben solchen Exzessen sei die christliche Gemeinde in Pakistan ganz allgemein oft das Opfer von Unterdrückung, Diskriminierung, Ungerechtigkeit, ungleicher Behandlung (etwa was Ausbildung und Beruf betrifft), erfahre ich. Und doch bemüht sich kaum jemand so sehr wie dieser Ordensmann um Frieden und Versöhnung: Da er alle sieben Sprachen der Volksstämme in seiner Diözese spricht, wirkt er sehr oft als Vermittler und Mediator bei Spannungen und Feindseligkeiten zwischen den Volksgruppen, zwischen Christen, Muslimen, Animisten und Hindus. Doch an so manchem Erschreckenden kann auch er kaum etwas ändern: dass nämlich jährlich rund 300 junge Mädchen, aber auch verheiratete Christinnen, gekidnapped und zur Heirat mit Muslimen gezwungen werden. Würde so eine Frau aber vor Gericht öffentlich erklären, dass sie zur Ehe gezwungen worden sei, wäre das Leben ihres christlichen Ehemannes oder ihrer Eltern in Gefahr. Die tatsächliche Zahl solch furchtbarer Angriffe gegen Frauen soll noch weit höher sein als die der angezeigten Fälle. Kein Wunder also, dass Christen aus Gründen der Sicherheit meist in kleinen Gruppen miteinander leben. Da sie nicht akzeptiert werden, sind sie außerdem die Ärmsten der Armen im Land. Entweder wohnen sie am Stadt- oder Ortsrand oder in den ärmsten Vierteln innerhalb der Städte. Christen und Hindus sind die Unberührbaren und verrichten jene Arbeiten, die Muslime nie annehmen würden: meist Reinigungsarbeiten in Häusern und auf Straßen. Die meisten Muslime würden nicht mit uns essen oder sich mit uns treffen. Nur die gebildeten Muslime sehen das heute anders, und das freut uns, ergänzt mein Gegenüber. Wie halten die Christen das aus?, frage ich bedrückt. Bei uns sind die Christen zwar nicht so gebildet, führt der Bischof aus, sie bekommen ja oft keinen Zugang zur Bildung und kennen nicht die ganze Heilige Schrift, haben sie auch nicht gelesen. Aber sie haben das Wort von ihren Priestern in den Kirchen gehört und einen sehr starken Glauben. Sie stehen sehr treu zu ihrem Herrgott. Niemals würden sie ihren Glauben verraten und die Religion wechseln, nur weil sie Erschwernisse hinnehmen müssen oder verfolgt werden. Sie bleiben stark. Der Bischof im O-Ton: Never, never we are stone in our faith (Niemals, niemals unser Glaube ist felsenfest). Öffentlich dürfen sie nie Zeugnis dafür ablegen, doch in den Familien geben Eltern den Kindern ihren festen Glauben weiter: Jeden Abend wird in den christlichen Familien miteinander gebetet. Auch untereinander kommen die Familien zusammen, um einander im Glauben zu stärken. Besonders bemerkenswert finde ich, was der Bischof weiter berichtet: Die Kirchen sind voll von jungen Leuten. Sie sind bei uns ja auch nicht so leicht von der christlichen Wahrheit, also vom wirklich Wichtigen im Leben, abgelenkt wie in Europa. So erhalten sie eine gute christliche Bildung. Ja, dieser starke, authentisch gelebte Glaube der Eltern, der allen Anfeindungen trotzt, ist für die Jugend offenbar sehr glaubhaft und nachahmenswert. Und von dieser Misere der Kinder, die mangels Bildung nicht aus ihrer Armut herausfinden können, lässt sich auch das österreichische Ehepaar, das schon vorher geholfen hat, betreffen und beginnt P. Shukardins Bemühungen zu unterstützen, so gut es geht. Diese Pre-Schools gehen dann in Primary schools über, die nach ihren österreichischen Wohltätern Helga und Gerhard Schröckenfuchs heißen und Öffentlichkeitsstatus haben. Diese Schulmodelle werden unter der Bezeichnung Free Education geführt, eine Innovation von Bischof Samson. Denn da werden Kinder aus den verschiedenen Glaubensrichtungen und Volksstämmen zwar gemeinsam unterrichtet, jedoch die katholischen Feste gefeiert und erklärt. Da singen dann alle miteinander Weihnachtslieder, wodurch ihnen vermittelt wird, dass man in Frieden und Harmonie miteinander leben kann. Dieses Schulmodell ist zum Vorbild für die ganze Region geworden. Ich habe das in einem kurzen Film gesehen: Da sitzen Kinder auf der Erde, vorne steht eine Tafel und eine Lehrerin erklärt. Die Mädchen und Buben sind mit Begeisterung und Eifer dabei, lachen, klatschen freudig, wenn ein Kind eine richtige Antwort gibt: fröhliche, dankbare Kinder, mit strahlenden Augen. Oft kommen die Eltern oder Mütter mit Kleinstkindern dazu und wollen, so wie ihre Kinder, etwas lernen. Das Interesse von Kindern und Eltern ist sehr groß. Da diese Kleinen tagsüber auf den Feldern arbeiten müssen, kann der Unterricht erst am späten Nachmittag stattfinden. Lesen, Schreiben, Rechnen, englische Gedichte stehen auf dem Programm. Außerdem bekommen sie Hygiene- und Anstandsunterricht. Der Bischof fährt fort: Wir als Missionare bieten christliche Schulen an. Aber selbst wenn die Kinder die Schule beenden, können sie meist nicht weiterstudieren, da die Familien zu arm sind und der Druck, arbeiten zu gehen, stark auf den Jugendlichen lastet. Alle katholischen Einrichtungen in der Diözese wie Schulen, Spitäler, Rehabilitationszentren, Drogenzentren etc. werden übrigens ohne Unterschied allen Menschen, gleich welcher Religion, welchen Geschlechts, oder welchen Volksstamms angeboten. Verglichen mit anderen ist meine Diözese eine Missionsdiözese. Wir haben zwar Berufungen hier, aber kein eigenes kleines Seminar. Daher muss ich meine Leute nach Karachi schicken. Heuer haben sich 12 Burschen für das Priesteramt beworben. Tolle junge Männer, aber sie beherrschen oft nur die Sprache ihres Volksstammes, nicht die Landessprache. Wie sollen sie da Englisch lernen? Das wäre aber ganz wichtig. Acht von ihnen habe ich nun im Pfarrhaus untergebracht und möchte mich selbst um ihre weitere Ausbildung kümmern. Dafür brauchen wir allerdings Geld für Studiengebühren, Bücher, Essen, die Uniformen. Ich hoffe, dass ich eines Tages ein eigenes Kleines Seminar haben werde. Die Jungen sind unsere Zukunft. Ohne Priester wird es mit der Kirche bei uns bergab gehen. Im Dezember 2016 hat der Bischof einen jungen Mann vom Parkari-Volksstamm zum Priester geweiht (siehe Foto S. 15). Dieser Volksstamm hat sich vom Hinduismus zum Christentum bekehrt. Nun hat der Bischof schon vier Parkari-Priester in seiner Diözese! Insgesamt unterstützen ihn 28 Priester. Stolz erzählt er von seinen tapferen, tiefgläubigen Priestern und Priesteramtskandidaten. Beim Abschied von Bischof Shukardin bei einem Fest in Maria Enzersdorf ist mir aufgefallen, wie sehr mir dieser Mann schon ans Herz gewachsen ist und wie locker und entspannt man sich mit ihm unterhalten kann. Gleich hat er mit Interesse an unserem Leben Anteil genommen und unsere Vorhaben gesegnet. Ungern haben wir ihn weiterziehen lassen. Und noch eine Bitte von Bischof Samson möchten wir Ihnen, liebe Leser, weitergeben: Betet, dass Gott Eure Schwestern und Brüder in Pakistan segne, ihren Glauben stärke, damit sie Seine liebende Nähe stets erfahren können. Foto: (c) VISION2000 Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! LesermeinungenUm selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen. Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. | Mehr zuGlaube
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