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Mirco kurz vor seiner Entführung: Ich will zu Jesus Christus gehören

2. Februar 2011 in Chronik, 9 Lesermeinungen
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Kein Ereignis hat die Medien in den letzten Tagen so sehr bewegt wie der Tod von Mirco. Was nur wenige wissen: Der 10-Jährige war Christ, seine Eltern engagieren sich in einer freikirchlichen Gemeinde. Ein Bericht von Achim Halfmann


Krefeld (kath.net/idea) „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Die Worte der Jahreslosung aus dem Römerbrief hängen in einem Fenster des Einfamilienhauses der Familie Schlitter in Grefrath. Hier lebte Mirco mit seinen Eltern und drei Geschwistern, bevor er am Abend des 3. September verschwand.

Reinhard und Sandra Schlitter sind aktive Mitglieder der pfingstkirchlichen Christengemeinde Krefeld, ihre Kinder besuchen deren Pfadfindergruppen, die „Royal Rangers“. Die Familie hat viel Böses erlebt: 145 Tage war Mirco verschwunden, jetzt wissen die Eltern: Das Schlimmste ist eingetreten, ihr Sohn ist tot, er wurde Opfer eines Sexualverbrechens.

Der Täter ist gefasst und geständig, er führte die Ermittler zum Tatort in einem Waldstück. Wie ertragen eine christliche Familie und ihre Freunde die Monate der Ungewissheit und den schrecklichen Verlust?

Im August ein nachdenklicher Junge

Der 10-jährige Mirco ist ein dynamischer Junge in einem wilden Team christlicher Pfadfinder. Acht Mitglieder zählt seine Gruppe, etwa 100 Kinder zwischen 9 und 16 Jahren gehören zu dem Krefelder „Stamm“ der „Royal Rangers“. Am besten gefallen den Jungen Programme in der Natur.

Aber Mirco ist auch nachdenklich: Im August verbringt die Familie einen Teil der Sommerferien in Kroatien. Mirco redet mit seiner Mutter über sein Verhältnis zu Gott. Und er sagt ihr, dass er zu Jesus gehören will.

Anfang September wurde er entführt

Als der Pastor der Gemeinde, Norbert Selent, am 4. September von Mircos Verschwinden erfährt, will er die Eltern zuerst beruhigen: „Das passiert bei Jungen in seinem Alter, er kommt wieder.“ Der Junge kommt nicht wieder, am 5. September – dem Sonntag nach Mircos Verschwinden – informiert Selent seine Gemeinde.

Ab diesem Tag beten die Christen jeden Abend eine Stunde lang für Mirco und seine Familie. Der Vater, Reinhard Schlitter, nimmt sich einige Wochen frei von seiner Arbeit. Er will zu Hause sein, seine Frau unterstützen, da sein, wenn etwas passiert, wenn Mirco zurückkommt.

Mircos Geschwister besuchen weiter die „Royal Rangers“; der Leiter der Pfadfinder, Matthias Krebs, stimmt sich mit den Eltern ab: Für die Jungen und Mädchen der Gruppen ist ein ganz normales Programm die beste Hilfe – und ein Gespräch dann, wenn sie es von sich aus anregen. Wenige Wochen nach Mircos Verschwinden starten im Haus der Schlitters wieder ein Hauskreis und ein Gebetskreis, den die beiden verantworten.


Die Sonderkommission im Gottesdienst

Zwei Opferschutzbeauftragte der Polizei informieren die Schlitters regelmäßig über den Stand der Ermittlungen, in die auch die Krefelder Gemeinde einbezogen wird: Ermittler der Sonderkommission (Soko) „Mirco“ legen Unterschriftslisten in einem Gottesdienst aus, auf denen die Besucher Namen und Adressen hinterlassen. Und die Gemeindeleitung beschließt auf Anfrage der Polizei, ihre Mitgliederliste herauszugeben. Pastor Selent bleibt mit der Soko in den folgenden Wochen in Kontakt.

In ihrem Ort erfahren die Schlitters viel Anteilnahme. So bieten die evangelische und die katholische Gemeinde zwei ökumenische Fürbittengottesdienste an; jeweils etwa 500 Menschen nehmen teil. Es gibt aber auch verunsichernde Erfahrungen in der Nachbarschaft und Verdächtigungen. „Da ist mancher, der sich heute eigentlich bei den Eltern entschuldigen müsste“, sagt Selent.

Und es gibt irritierende Hilfeangebote: Christen, die in visionären Eindrücken erfahren haben wollen, unter welcher Adresse Mirco gefangen gehalten wird oder was ihm zugestoßen ist. Und Spiritisten, die ihre Unterstützung anbieten. Die Eltern lehnen solche Hilfe ab.

Die traurige Gewissheit am 26. Januar

An einem Mittwochmorgen (26. Januar) informieren die Opferschutzbeauftragten der Polizei Schlitters, dass ein Verdächtiger festgenommen wurde: ein 45-Jähriger, in seiner Nachbarschaft als treusorgender Familienvater bekannt. Am Tattag hat er, wie er sagt, Stress mit seinem Vorgesetzten bei der Deutschen Telekom, fährt ziellos durch die Gegend, will sich abreagieren und trifft gegen 22 Uhr auf Mirco, der sich von einer Skater-Anlage auf den Heimweg gemacht hat. Mirco ist ein „Zufallsopfer“, wird die Polizei später sagen.

Kurz nach dem ersten Besuch der Opferschutzbeauftragten erreicht die Familie auch die zweite Nachricht: die Leiche ihres Sohnes ist gefunden, der Beschuldigte führte die Ermittler dorthin. Andere Christen sind an diesem Tag bei Schlitters, neben Selent auch Roman Siewert aus Norddeich, der Präses des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP), zu dem die Krefelder Christengemeinde gehört. Siewert hat das Ehepaar in den zurückliegenden Monaten seelsorgerlich begleitet. Man redet und betet miteinander, gemeinsam mit den Eltern Mircos besucht Siewert die Großeltern mütter- und väterlicherseits.

Und die Familie des Täters?

Im 30 Kilometer entfernten Schwalmtal lebt eine andere Familie, die unter der Tat leidet. Es ist die Familie von Olaf H., dem Täter: seine 26-jährige Ehefrau und die drei teilweise aus einer früheren Ehe stammenden minderjährigen Kinder.

An dem Freitag, als Polizei und Staatsanwaltschaft über die Tat und den Täter berichten, ist der Notfallseelsorger Bernard Dodier in einer Schule in Schwalmtal, die der 17-jährige Sohn von Olaf H. besucht. Dodier koordiniert die „Psychosoziale Notfallversorgung – Team Niederrhein“ in Krefeld. Schüler, Eltern und Lehrer fragen ihn: Wie war das möglich? Warum haben wir nichts geahnt? Olaf H. war als „freundlicher Mensch“ bekannt, der auch schon mal Mitschüler seiner Kinder im Auto beförderte. Dodier sagt, dass jeder Mensch auch eine andere, dunkle Seite in sich trage. „Jeder Mensch hat Fantasien, die er niemandem erzählt.“ Aber lange nicht jeder Mensch lebe diese Fantasien aus.

Die Jugendlichen in Schwalmtal können zwischen dem Täter und seiner Familie unterscheiden, beobachtet Dodier, der Sohn von Olaf H. soll weiterhin ihr Freund bleiben. In den nächsten Tagen seien Signale des engeren Freundeskreises wichtig, die zeigen: Wir stehen zu euch. Derzeit ist die Familie allerdings unerreichbar; die Polizei hat sie an einen unbekannten Ort gebracht.

Das Leid hinterlässt auch bei den Polizisten Spuren

Der Fall gilt als weitgehend aufgeklärt. Für seine akribische und erfolgreiche Ermittlungsarbeit wird der Mönchengladbacher Hauptkommissar Ingo Thiel in den Medien als Held gefeiert. idea fragte einen christlichen Polizeibeamten, ob die Begegnung mit dem Leid der Opfer und ihrer Angehörigen im Leben eines Polizisten Spuren hinterlässt: „Es entstehen Narben, die bleiben und die durchaus wieder aufbrechen können, wenn Ähnliches geschieht“, sagt der Dresdener Polizeihauptkommissar Reinhard Ladig, der in zwei Sokos zur Aufklärung von Sexualverbrechen mitgewirkt hat.

Der christliche Polizist erlebte dabei, wie unchristliche Gefühle gegenüber dem Täter in ihm wach wurden und wie er sich erst bewusstmachen musste, dass auch diesen Menschen Gottes Gnade und Vergebung gilt. Ladig engagiert sich in der Christlichen Polizeivereinigung, die Veranstaltungen anbietet, bei denen Polizisten miteinander über solche Erfahrungen reden können.

Der Sonntag danach: Gebetsaufruf in 760 Gemeinden

Es ist der erste Sonntag nach der Gewissheit über das Schicksal von Mirco. In den 760 Gemeinden im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden wird ein Gebetsaufruf von Präses Siewert für Mircos Familie und deren Glaubensgeschwister verlesen. Die Ereignisse der zurückliegenden Tage prägen den Gottesdienst der Krefelder Christengemeinde, bei dem diesmal etwa zwanzig Personen fehlen: Es sind die Schlitters und ihre Verwandten, die sich zum größten Teil nach Norddeutschland zurückgezogen haben, dort das Erlebte verarbeiten und die nächsten Schritte vorbereiten wollen. Zum Gottesdienst in einer Pfingstgemeinde gehört der Lobpreis, auch zu diesem Gottesdienst. „Manche Lieder klingen heute für mich anders“, sagt Pfadfinder Matthias Krebs, der den Lobpreis leitet. Über einige Passagen müsse er länger nachdenken, und manchmal frage er sich, ob er diese Texte so mittragen könne.

„Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“

An diesem Morgen singt die Gemeinde Lieder wie „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“ und „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Norbert Selent spricht in der Predigt sehr persönlich: Seine Empfindungen seien unterschiedlich. In den letzten Tagen war er viel beschäftigt, das habe abgelenkt, die Verarbeitung des Erlebten komme später. Selent predigt über Psalm 73 und das „Dennoch“ des Psalmbeters, der nicht für alles erlebte Leid eine Erklärung findet, aber an Gott als seinem Fundament festhält und sich selbst deshalb nicht aufgibt. Manche seiner Zuhörer werden in vier Tagen einen weiteren Gottesdienst besuchen: den in Grefrath geplanten ökumenischen Trauergottesdienst. Einige Tage danach wird Mirco im Familien- und Freundeskreis beigesetzt.


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