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Gott ist kein Junggeselle, er ist wie eine Familie

28. Dezember 2013 in Spirituelles, 1 Lesermeinung
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Ehe und Familie sind ein Heiliger Ort, Familie als Sanctissima trinitas creata: Erzbischof Joachim Meisner zum Fest der Heiligen Familie als dem „irdischen Dreifaltigkeitsfest“


Köln (kath.net/pek) „Das Fest der Heiligen Familie ist das irdische Dreifaltigkeitsfest.“ Das sagte der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner in seiner Predigt zum Fest der Heiligen Familie am 28. Dezember im Kölner Dom. Kath.net dokumentiert die Predigt im Wortlaut.

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

1. Eine Familie ist nach christlicher Definition eine Gemeinschaft, in der einer den anderen trägt und in der einer die Lasten des anderen trägt. Die Heilige Familie, Jesus, Maria und Josef, ist uns als Idealbild jeder menschlichen Familie geschenkt worden.

Keine göttliche Stiftung ist in unserer Gesellschaft so unbeachtet, ja sogar verachtet wie die Familie, angefangen von den höchsten Repräsentanten unseres Staates bis in die Gesetzgebung unserer Gerichte.

Schon auf dem ersten Blatt der Heiligen Schrift steht das unvergessliche Wort, dessen Wirklichkeit viele Menschen heute schmerzlich erfahren: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt“ (Gen 2,18). Das traurigste Wort, das im Neuen Testament steht, hat der 38 Jahre lang Gelähmte in der Säulenhalle von Betesda gesprochen: „Ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich trägt“ (Joh 5,7).

„Ich habe keinen Menschen“, so kann eigentlich ein Mensch gar nicht menschenwürdig leben, denn der Mensch ist als Ebenbild Gottes ins Dasein gerufen. Und Gott ist kein Einzeller! Gott ist kein Junggeselle, wenn wir so wollen, sondern Gott ist zu mehreren. Er ist wie eine Familie.

Es ist mehr als bezeichnend, dass der erste Mensch zu zweit erschaffen worden ist: als Mann und Frau. Und weil Gott trinitarisch ist, also zu dritt ist, sind die zwei, der Mann und die Frau, berufen, in der Ehe einander zu begegnen, damit aus ihrer Zweiheit die Dreiheit wird, nämlich die Familie. Das ist die Urgegebenheit der Menschheit. Und wirkliche menschliche Kultur hat diese heilige Dreiheit, die wir Familie nennen, zur Wurzel.

2. Die Familie ist eigentlich ein heiliger Ort, wie in der Wüste, als Jahwe sich im brennenden Dornbusch vor Moses offenbarte und der Engel ihm zurief: „Leg deine Schuhe ab; der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“ (Ex 3,5). Die Ehe ist darum ein solches Heiliges Land, denn sie ist die Quelle der Familie. Und die Familie ist erst recht dreimal Heiliges Land, weil sie zumindest aus drei Personen, wenn nicht sogar aus mehr Personen besteht.


Und darum ist der erste Sonntag unmittelbar nach dem Weihnachtsfest mit Recht das Fest der Heiligen Familie und damit das Fest der Heiligen Dreifaltigkeit, aber eben der Familie als Trinität in den Dimensionen des Menschseins.

Ich habe darüber schon öfters in mancher Predigt gesagt und wiederhole das noch einmal, dass die griechisch-katholische Kirche eine sehr interessante Ikone verehrt, in der es zwei Linien gibt: eine vertikale und eine horizontale. Die vertikale Linie zeigt ganz oben am Bildrand Gottvater. Direkt unter ihm, vertikal, ist die Geist-Taube zu sehen, und unter der Geist-Taube unmittelbar steht auf dem unteren Rand des Bildes der Jesusknabe, also vertikal: Vater, Geist und Sohn. Und daneben steht das unvergessliche Wort: „Sanctissima trinitas increata“ – „Die ungeschaffene heiligste Dreifaltigkeit“.

Neben dem Sohn auf dem unteren Bildrand steht horizontal rechts Maria, links Josef, also: Jesus, Maria und Josef. Und darunter steht: „Sanctissima trinitas creata“ – „Die geschaffene heiligste Dreifaltigkeit“.

Darum sind Ehe und Familie unauflösbar und gehören in das innere Heiligtum unseres christlichen Glaubens, das heißt in die heiligste Dreifaltigkeit. Darum können Ehe und Familie nie eine überholte Lebensform sein. Wo sie nicht beachtet werden, gereicht es den Kindern und der ganzen Kultur zum Schaden.

3. Maria empfängt das Kind vom Heiligen Geist und trägt das Kind wie alle Mütter ins Leben. Der Schöpfergott hat für ein Kind vor seiner Geburt den sichersten und geschütztesten Ort ausgewählt, nämlich den Mutterschoß, der leider wohl diese Schutzfunktion weitgehend verloren hat, wenn wir an die furchtbaren Zahlen von Abtreibungen denken.

Maria, als Urbild der Mütter, trägt das Kind, wovon sie sich selbst tragen lässt, denn ihr Kind ist ja wirklich Kind Gottes, das alle Lasten der Welt trägt. Aber auch die irdischen Kinder sind für die Eltern nicht nur eine Last, sondern ein Kind trägt Sinn, Würde und Verantwortung in das Leben eines Menschen, in das Leben der Eltern hinein. Sie übernehmen für die Gegenwart und die Zukunft des Kindes und damit der Welt Verantwortung, so wie Gottvater auch für uns Sorge und Verantwortung trägt. Man sieht es jungen Menschen wirklich an, wenn sie Eltern sind. Sie sind gezeichnet von einer besonderen Würde.

4. Maria und Josef werden dann später ihr Kind Jesus suchen, als er ihnen nach der Wallfahrt nach Jerusalem auf der Rückkehr verloren geht. Der Herr sagt später: „Sucht, dann werdet ihr finden“ (Mt 7,7). Die beiden suchten Jesus bei Verwandten und Bekannten und fanden ihn dann zwischen den Verlorenen im Tempel, wo er sich ihnen zu erkennen gibt.

Jesus hält sich demnach immer unter den Verlorenen auf. Geboren zwischen Ochs und Esel und gestorben zwischen zwei Missetätern. Fast in jeder Familie gibt es auch Mitglieder, die wir manchmal als „Verlorene“ bezeichnen. Wie viele Mütter und Väter weinen um so genannte verlorene Kinder. Sie haben sich oft seit Jahren auf den Weg gemacht, um sie zu suchen. Und weithin vergeblich! Wir müssen sie aber weiterhin mit unseren Gebeten suchen.

Für einen Menschen beten, heißt doch, die Wirklichkeit Gottes im Herzen des anderen spürbar werden zu lassen. „Sucht, dann werdet ihr finden!“ Vielleicht müssen manche Eltern bei diesem Wort des Herrn ihr Herz in beide Hände nehmen und sagen: „Herr ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24).

5. Maria und Josef hatten also auch Jesus verloren. Sie sind Christus-los geworden. Wir werden es so sagen dürfen: Gott-los. Er war nicht zu finden. Was machen sie aber? – Sie machen sich auf den Weg, sie suchen drei Tage, bis sie ihn gefunden haben, und sie finden ihn im Tempel von Jerusalem mitten unter den Gelehrten.

Solange der Tempel stand, wohnte Gott in ihm. Aber von diesem wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Darum wird der Sohn, der den Willen des Vaters tut, im Himmel so auf Erden, der einzige Tempel Gottes in der Welt sein. Er selbst hatte mit verhüllten Worten gesagt: Er werde den Tempel niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen (vgl. Joh 2,19). Er meinte natürlich den Tempel seiner Leibhaftigkeit, die nach drei Tagen vom Tod ins Leben übergegangen ist.

Überall wo jetzt sein eucharistischer Leib verehrt und ausgeteilt wird, dort ist dieser Tempel. Dort ist Christus zu finden. Zu diesem Ziel müssen wir uns Sonntag für Sonntag aufmachen, um ihn zu finden, sonst verlieren wir ihn aus den Augen. Wir entfremden uns ihm. Und dann kann man auch leicht fremdgehen.

Man sollte in einer christlichen Familie aufeinander achten und einander suchen, bis wir uns wiedergefunden haben. Je christlicher ein Finden ist, desto mehr ist es auch ein Geben. Hart prallen die beiden Worte Mariens: „dein Vater und ich“ und sein Wort: „mein Vater“ aufeinander. Jesus kann doch nicht zwei Väter haben. Jesus entwächst dem Willen seines Pflegevaters und verwächst mit dem Willen seines wirklichen Vaters. Maria und Josef geben ihn frei. Sie hatten damit auch ihre Schwierigkeiten, sodass ihnen der Tadel galt: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vaters gehört?“ (Lk 2,49). Wie oft sagen das manche Söhne und Töchter, die etwa eine geistliche Berufung in sich tragen und die dann von ihren Eltern gelegentlich daran gehindert werden, ihm zu folgen: „Wisst ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vaters gehört?“

Aber nicht nur bei geistlichen Berufungen, es kann auch in anderen Lebenssituationen so sein. Das heißt christliche Erziehung: Die Kinder beheimaten in dem, was dem Vater im Himmel gehört, und nicht nur in dem, was im eigenen Interesse liegt. Das heißt, die Kinder freigeben für ihren eigenen Weg.

Christus hat die Menschen nie an sich gebunden: Er hat nie gesagt: „Nun bleibe bei mir, ich hab dich gesund gemacht, ich habe dir geholfen“, sondern er hat dann immer gesagt: „Gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen, und sündige nicht mehr“.

Keiner von uns ist vom Himmel gefallen. Er ist in einer Familie zur Welt gekommen. Er lebt in einer Familie und in einer Gemeinschaft. Täglich müssen wir uns auf den Weg machen, einander zu suchen und einander zu finden. Und indem wir uns finden, finden wir auch den Herrn.

Das Fest der Heiligen Familie ist das irdische Dreifaltigkeitsfest, an dem wir unseren eigenen Ursprung erfahren und Vater, Mutter und Großeltern und Geschwistern danken für das Geschenk der Familie, für die Gabe der Gemeinschaft, die uns wachsen und leben ließ. Amen.

+ Joachim Kardinal Meisner

Erzbischof von Köln


Foto: (c) Kirche in Not



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Lesermeinungen

  29. Dezember 2013 
 

Klare Worte:)

Danke lieber Herr Kardinal:)
Gott segne Sie


0
 

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