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Ehe und Familie: Die falschen Prämissen

22. November 2017 in Familie, 1 Lesermeinung
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Ist das wirklich sinnvoll, die „Frauenarbeitsquote“ zu steigern? Besser: Forderung bsp. nach Familiengehalt, familiengerechter Ökologiepolitik und Abschaffung der Abtreibungsfinanzierung. Teil 1/2 Gastbeitrag von Hartmut Steeb


Breitscheid (kath.net) Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um die schriftlichen Notizen zu einem dreiteilen Vortrag, den Hartmut Steeb bei der Freien Evangelischen Gemeinde Breitscheid im Oktober gehalten hat. Steeb ist der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, aktiver Lebensschützer sowie Vater von zehn Kindern. kath.net dankt Herrn Steeb für die Erlaubnis, diese Ausführungen zu veröffentlichen. Die weiteren Teile werden folgen.

6.1. Die falschen Prämissen
Die bisherigen Prämissen der Familienpolitik lauten:

1. Wir brauchen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch als Teil der Beseitigung von „Benachteiligungen der Frau".

In diesem Bereich scheint vieles gelungen. Die „Frauenarbeitsquote“ ist kräftig gestiegen. Man kann sagen, dass die Politiker darin den Schlüssel einer erfolgreichen Familienpolitik sehen.

Ich habe vorher schon in Frage gestellt, ob das wirklich ein gelungenes Modell ist.

2. Wir brauchen Ganztagesbetreuung für die Kinder, auch für die kleinsten der Kleinen. Kinder brauchen eine gesicherte Betreuungszeit außerhalb der Familie, damit Väter und Mütter, Frauen und Männer, jeweils einen Vollarbeitsplatz oder mindestens doch nahezu Vollarbeitsplätze ausfüllen können. Noch schreckt man vor einer Kindergartenpflicht zurück, zumal die finanziellen Mittel nicht ausreichen, sie flächendeckend dann auch einzulösen. Aber man muss nicht alles grau in grau sehen, wenn man es für möglich hält, dass dem Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz außerhalb der Familie auch bald eine Pflicht zur außerfamiliären Kinderbetreuung folgt und bald noch weiter jene als Außenseiter und Störenfriede der Gesellschaft gelten, die ihre Kinder nicht in diese Einrichtungen geben wollen, obwohl doch für sie alles dort so schön gerichtet ist, Plätze und Erzieher bereitstehen usw. In manchen Gegenden und in manchen Schultypen wird nur noch das Modell der Ganztagesschule angeboten.

Obwohl sich diese Prämissen in 30 Jahren nicht bewährt haben:

– die Zahl der geborenen Kinder ging weiter zurück

– durch Schwangerschaftsabbrüche vernichten wir weiterhin jährlich die Einwohnerschaft einer ganzen Großstadt

– die Bildung der Kinder ist in Deutschland nicht besser geworden

– den Familien geht es im Verhältnis zum Bevölkerungsteil ohne Kinder nicht besser sondern schlechter

– Kinder- und Jugendlichenkriminalität nehmen nicht ab sondern zu

Trotzdem läuft man geradezu blindlings auf diesem Pfad weiter. Aber noch hat keiner den Beweis dafür erbringen können, dass solche Konzepte wenigstens eine Trendwende bringen könnten.

Tatsache ist, dass vieles von dem, was unter dem Gesichtspunkt „Familienpolitik“ und „Familienförderung“ diskutiert und praktiziert wird, keine Politik zu Gunsten der Familie, zur Wertschätzung von Kindern und Familien ist. Das gilt auch für das eingeführte Elterngeld, das in den Geburtenzahlen 2007 und 2008 nur für eine kurzzeitige und kleine Verschnaufpause im Sinkflug gesorgt, aber keine durchgreifenden Besserungen gebracht, dafür aber die Ungerechtigkeiten verstärkt hat:

1. Mit der Zahlung des Elterngeldes als Lohnersatzleistung wird Elternzeit im Prinzip der Krankenzeit und damit einer „Berufsausfallzeit“ gleichgestellt. Das hat einen unübersehbaren psychologischen Stellenwert. Die Botschaft die mitschwingt ist „Nur kurze Zeit, dann bist du durch.“ Der Eigenwert der Elternarbeit wird nicht anerkannt.

2. Das Elterngeld je nach bisherigem Gehalt gestaffelt. Das führt genau weiter in die Richtung, dass Eltern ihren potentiellen Kinderwunsch so lange hinausschieben, bis die „Höchstprämie“ erzielt werden kann, also nicht während der Ausbildungs- und Studienzeit, nicht als Berufsanfänger, nicht bevor man ein bestimmtes Maß an Einkommen erreicht hat. Dass der Kinderwunsch aber auf das Ende der Zwanziger und auf die Dreißiger Jahre verlagert wird, schafft uns schon jetzt viele Probleme: Die Schwangerschaften sind risikoreicher, die Geburten schwerer, die Zahl der Fehlgeburten nimmt zu. Die Fruchtbarkeit nimmt ab. Das wird zu vermehrten künstlichen Befruchtungen führen – teuer und risikoreich. Deshalb sind die Forderungen hierfür mehr zu bezahlen schon auf dem Tisch und zum Teil umgesetzt. Durch ein möglicherweise jetzt kommendes Fortpflanzungsmedizingesetz sollen hierfür noch mehr Leistungen übernommen werden und vieles andere.
Aber Mehrkinderfamilien, die so wichtig sind, werden quasi nicht mehr möglich.

3. Nur wenn beide Elternteile Elternzeit machen, kommt die Familie in den „vollen Genuss“ staatlicher Förderung. Nicht die freie Wahlmöglichkeit sondern ein gesellschaftliches Diktat der Gleichmacherei, ein Hineinregieren in Ehen und die doch alleine von den Ehepartnern selbst zu wählende und zu vertretende Rollenverteilung erlaubt sich dieser Staat. Das ist ideologiebestimmt. Hier greift der Staat in das Recht der Selbstorganisation familiären Lebens ein. Warum gibt die Gesellschaft vor, besser zu wissen, was für Ehen und Familien gesund und für die Förderung der Kinder das Beste ist? Man darf ja noch gespannt sein, was da noch kommt! Gilt künftig nur noch halbe/halbe. Also, jeder die Hälfte Elternzeit. Und wenn sie ein Partner nicht nimmt, verfällt sie? Keine Übertragung auf den andern?

4. Grob diskriminiert und benachteiligt werden jene Mütter und Väter, die als traditionelle Familie leben, die eine Vollarbeitszeit in die Familie stecken und – ohne vorherigen Gehaltsbezug – ein zweites, drittes oder viertes Kind bekommen. Aber diese Familientypen sind ja auch schon bisher der „Lastesel der Nation“ oder, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon im Oktober 2002 (nach dem damaligen Bundestagswahlkampf) zutreffend schrieb: “Die letzte Minderheit, über die noch politisch korrekt gelästert werden darf, das sind Frauen, die sich mit ihren eigenen Kindern abgeben….Die Gesellschaft, die von ihrer kostenlosen Arbeit schamlos profitiert, dankt mit Spott und Verachtung.“
5. Nicht Ehe und Familie werden gefördert, sondern die Sozialisierung der Erziehung. Dies widerspricht zwar den eindeutigen Vorgaben des Grundgesetzes, wonach „Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht und die zuvörderst den Eltern obliegende Pflicht“ ist. Aber wer schert sich darum, dass der Berufswunsch der Vollzeitmutter oder des Vollzeitvaters durch die einseitige Vergabe von Fördermitteln noch weiter verunmöglicht wird? Und schließlich wird auch noch die ganz divergierende Botschaft weitergegeben: Die Eltern sind offenbar mit der Erziehung der Kinder nicht ausgelastet, es ist keine erfüllende Tätigkeit und außerdem sind sie damit eigentlich ohnehin auch überfordert. Und den Kindern wird vermittelt: Die Eltern haben für dich während des normalen Tagesablaufs keine Zeit, dafür geht es uns aber bald materiell besser. Geld statt Zeit ist die materialistische Ideologie des neuen Bildungskonzeptes Ganztagesbetreuung!


6.2. Die wirksamen Konzepte

Ein Paradigmenwechsel kommt nicht von selbst. Er muss gewollt und durch klare Konzepte unterstützt werden. Dabei müssen die Konzepte auch unter dem Gesichtspunkt des Kosten-/Nutzenfaktors gesehen werden. Darum nenne ich zunächst vier Bestandteile einer neuen Familienpolitik, die keine nennenswerte Kosten verursachen bzw. sie sogar senken und dann weitere vier, bei denen auch Finanzierungsbedarf besteht und zu bedenken ist:

1. Mutter-Sein als Beruf
Natürlich ist klar, dass man die Tätigkeiten, die in der Familie anfallen, gegen Entgelt von einer Haushaltshilfe erledigen lassen kann. Wer als Hausangestellte arbeitet, hat einen Beruf. Für Frauen ist doch das Ja zur vollzeitlichen Familien- und Erziehungsarbeit deshalb so schwer, weil es unsere Gesellschaft geschafft hat, den Mutterberuf zu diskreditieren. Solange sozusagen die große Mehrheit einen solchen Weg ging, war es weniger schwierig, das zu akzeptieren. In einer Zeit aber, in der Kindererziehung höchstens noch eine Alternative unter vielen ist, bedarf es größerer Anstrengungen. Darum muss künftig auch die „freiberufliche“ Arbeit in Familie als Beruf anerkannt werden, gerade auch der Beruf der Mutter, die vollzeitlich in der Familie arbeitet. Dann muss das diskriminierende Gerede von der „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ und vom „Wiedereinstieg“ aufhören. Denn eine Mutter, die z.B. drei Kinder vollzeitlich selbst erzieht, hat einen ganz gewiss weit überdurchschnittlich anspruchsvollen und anstrengenden Beruf. Sie arbeitet in der wichtigsten Werkstatt des 21. Jahrhunderts, wo die Zukunft gestaltet wird und die Gegenwart ihren Gehalt gewinnt.

2. Mutter-Schutz als Sofortmaßnahme
Schwangere Frauen brauchen zunächst positive Erfahrungen. Der fehlende Glückwunsch sollte gesellschaftlich nachgeholt werden. Darum ist der verfassungsrechtlich gebotene Mutterschutz (Artikel 6 GG) zu qualifizieren und zu verlängern. Sechs Wochen vor der Entbindung sind grundsätzlich ausreichend. Aber es wäre gut, wenn die Mutter bereits zu einem früheren Zeitpunkt Mutterschutz in Anspruch nehmen könnte. Ich schlage vor, mit der ärztlich festgestellten Schwangerschaft den Rechtsanspruch auf Mutterschutz zu verbinden. Denn gerade Erst-Mütter nutzen die Zeit der Schwangerschaft, z. B. für Kurse zur Geburtsvorbereitung und Schwangerschaftsgymnastik, aber auch für weitergehende Kurse im Hinblick auf den Mutterberuf.

3. Familienwahlrecht
Die Demokratie lebt von der Demokratie. Der Staat reagiert auf die Bedürfnisse seiner Bevölkerung. Warum tat sich familienpolitisch in den letzten Jahrzehnten so wenig? Ein zu geringer Anteil der Bevölkerung leidet unter den familienpolitischen Missständen. Die 14 % der Frauen, mit abnehmender Tendenz, die 3 und mehr Kinder haben und darum überproportional den Sozialstaat stützen, haben keine ausreichende Lobby. „One man, one vote“, war das Schlagwort der Gleichberechtigung der Schwarzen. In unserem Sozialstaat geht es jetzt auch darum. Deshalb sollte jetzt endlich der Vorschlag der Kinderkommission des Deutschen Bundestags aus den 1980er Jahren nach einem Familienwahlrecht umgesetzt werden.

4. Abschaffung der Abtreibungsfinanzierung
Sie ist überfällig. Selbst wenn man Abtreibungen nicht grundsätzlich und rigoros ablehnen und verbieten wollte, ist doch durch nichts einzusehen, weshalb die Allgemeinheit für die Tötung des eigenen menschlichen Nachwuchs auch noch finanziell einstehen muss. Es kann doch nicht sein, dass wir im Falle eines geborenen Kindes den Vater zum Unterhalt über Jahre hinweg heranziehen, es aber zulassen und verdeckt finanzieren, wenn er die Verantwortung für das von ihm gezeugte Kind so radikal ablehnt, dass er es nicht lebend haben will. Man darf nicht länger Männern die anonyme und damit auch noch kostengünstige Alternative offen lassen, sich so aus der Verantwortung zu stehlen.

5. Kindergeldzahlungen
Sämtliche Sozial- und Steuersysteme ziehen materiellen Nutzen aus heute geborenen Kindern, die später Beitragszahler in der Sozialversicherung und Steuerzahler sein werden. Deshalb ist es gerecht, dass der materielle Teil des Aufwands für Kinder auch durch die öffentliche Hand aufgebracht wird. Die Höhe des Kindergeldes muss an dem tatsächlichen Bedarf für Kinder ausgerichtet sein, heute monatlich wenigstens 350 Euro. Diese Transferleistung an die Eltern der Kinder sollte grundsätzlich direkt ausbezahlt werden. Dann müssen da nicht alternative Steuerfreibetragsberechnungen gemacht werden. Und es sollte nicht erst ab der Geburt, sondern ab der ärztlich festgestellten Empfängnis gezahlt werden. Denn das Kind lebt, wenn auch in der Mutter. Es ist damit eine Rechtspersönlichkeit. Und die Eltern haben auch schon während der Zeit der Schwangerschaft höhere Ausgaben. Das wäre ein weiterer gewichtiger Punkt im Sinne des notwendigen Bewusstseinswandels und brächte überdies der Schwangeren am Tag der Feststellung Ihrer Schwangerschaft ein weiteres positives Signal, das sie gerade auch im Falle einer ungeplanten Schwangerschaft dringend braucht.

6. Eheförderung
Die Ehe als Dauer- und Treuegemeinschaft bringt leichter gesunde stabile Persönlichkeiten hervor, schon alleine deshalb, weil die ehelichen Partnerschaften mit Kindern seltener zu Trennungen mit folgenreichen schweren seelischen Abstürzen von Kindern führen. Heiraten ist teuer. Ich plädiere für eine einmalige Ehebeihilfe des Staates von mindestens 1.000 Euro pro Person.

7. Familiengehalt
Wer den Beruf Hausfrau und Mutter (alternativ auch Hausmann und Vater) wählt, darf nicht länger gerade deshalb im Erwerbsleben und im Alter sozial und materiell benachteiligt sein. Denn gerade dieser Beruf ist der wichtigste Sozialberuf und für das Funktionieren des Sozialstaates mit einer Solidarität der Generationen unverzichtbar. Ein Betrag von 700 Euro für das erste, zweite und dritte Kind und pro weiterem Kind von jeweils 350 Euro pro Monat ist anzusetzen. Dieser Gehalt wird selbstverständlich steuer- und versicherungsrelevant ausbezahlt. So entsteht eine eigene Erwerbsbiografie, die auch beim später möglicherweise anstehenden Berufswechsel (früher „Wiedereinstieg“ in den Beruf genannt) nahtlos fortgeführt werden kann.

Die Diskussion um das Betreuungsgeld und gar um die Frage der Barauszahlung des Betreuungsgeld führt in eine totale Schieflage und hat diskriminierenden Charakter. Sie unterstellt nämlich, dass Frauen oder Männer, die um der Kinder willen auf außerfamiliäre Berufstätigkeit verzichten, nicht ebenso verantwortlich und darum nicht ebenso freiheitlich mit ihrem Geld umgehen können und darum auch nicht dürfen, wie das bei solchen der Fall ist, die ihr 2. Gehalt von einem Arbeitgeber selbstverständlich in cash ausbezahlt bekommen.

Warum bedarf es nun aber heute eines solchen Familiengehaltes, das es ja noch nie gab? Die Begründung ist schnell gegeben: Seit über 40 Jahren wissen wir: Kinder sind kein zwangsweise eintretendes Naturereignis. Man kann sie verhindern. Die Geburtenverhinderungsplanung wurde „erfolgreich“ eingeführt. Solange in unserem Land die Mehrheit der Frauen zwei und mehr Kinder hatte - in den Eheschließungsjahren 1946 bis 1950 waren dies 61 % - wurde der sozial-materielle Nachteil nicht so stark empfunden. Denn die meisten teilten diese Lebensführung. Je weniger Schultern die Lasten des Rentenversicherungssystems tragen müssen, desto gravierender wird gerade diese Benachteiligung empfunden. Je weniger Kinder also geboren werden, desto mehr ist die staatliche Gemeinschaft verpflichtet, die damit verbundenen finanziellen Belastungen auszugleichen. Es gibt ganz unterschiedliche Berechnungen, wie hoch diese Belastungen sind. Der 5. Familienbericht der Bundesregierung hatte schon 1994 bei Annahmen für den Versorgungsaufwand an der unteren Grenze einen in Geld bewertbaren Aufwand von fast 400.000 DM (also über 200.000 Euro) pro Kind bis zum 18. Lebensjahr errechnet.

8. Familiengerechte Ökologiepolitik
Ich will auch noch gerne den Grünen einen Vorschlag unterbreiten, denn sie in der Zwischenzeit ihres Mitregierens vergessen haben. Ich schlage die kostenlose Beförderung von Kindern und Jugendlichen in öffentlichen Verkehrsmitteln vor. Was könnte neben der wirtschaftlichen Erleichterung für die Familien an ökologischem Bewusstsein bei Kindern und Jugendlichen geschaffen werden, wenn ihre Eltern schon aus wirtschaftlichen Gründen mit ihnen nach Möglichkeit immer die öffentlichen Verkehrsmittel bevorzugten?

6. 3. Die Familie braucht Zeit:

Ich halte den Versuch, ständig häusliche und außerhäusliche Berufstätigkeit miteinander vereinbaren zu wollen, für einen Grundfehler derzeitiger Politik. Erziehung ist eine Ganztagesaufgabe, die nicht von den Eltern wegdelegiert werden sollte. Kinder benötigen Zeit. Auch wenn Sie mich jetzt als stockkonservativ abschreiben: Wenn in einer Familie Kinder vorhanden sind, sollte ein Elternteil ganz zu Hause sein. Das Kind braucht nicht nur eine Teilfamilie und nicht ständig eine mehreren Anforderungen ausgesetzte Mutter oder Vater. Zeit ist die Investition in die gesunde Zukunft unserer Kinder. Als ich mich mit knapp 20 Jahren verlobte, und ich mit meiner Frau die verschiedenen Aspekte des gemeinsamen Lebens besprach, war ich noch sehr offen für die moderne Lösung, selbst als Hausmann zu Hause zu bleiben und meiner Frau das berufliche Weiterarbeiten zu ermöglichen. Wir entschieden uns aber anders, auch weil ich einen Beruf gewählt hatte, der mehr Einkommen versprach. Ich sage das so offen. Aber ich sage heute auch, daß die Entscheidung aus einem anderen und viel tieferen Grund richtig war. Das Kind braucht in den ersten Jahren eine Hauptbezugsperson. Und darin ist die Mutter besser als der Vater. Warum?

Die ersten neun Monate gehören ohnehin fast ganz der Mutter. Der Beziehungsvorsprung sollte zugunsten des Kindes genutzt werden. Das ist nicht Zufall, darüber müssen wir uns auch nicht ärgern. Wir Väter sollten die uns hier von Gott zugedachte „Benachteiligung“ bzw. andere Rolle bejahend akzeptieren. Auch die Geburt selbst wird von der Mutter als viel tieferen Einschnitt erlebt als vom Vater. Und ich habe es nach mehreren Versuchen auch einsehen müssen, daß meine Frau im Stillen unschlagbar ist. Ich schaffe es nicht.

Sollten wir mit dem neu erstandenen ökologischen Bewußtsein nicht viel mehr schöpfungsgemäß denken und leben?
Ich plädiere dafür, daß die Mutter in den ersten achtzehn Jahren sich hauptberuflich um die Erziehung ihres Kindes kümmert.
Natürlich brauchen die Kinder auch die Väter. Aber gestehen wir Väter doch zu, daß wir nicht die gewichtige Rolle im Leben unserer Nachkommen spielen, wie wir das gerne hätten. Vielleicht könnte uns der Bewußtsein dieses Mangels in ganz positiver Weise anspornen, um so mehr auch in die Kinder an Zeit und Kraft zu investieren, daß die vaterlose Gesellschaft wenigstens bei uns zu Hause nicht stattfindet!
Ich plädiere nicht für den Pascha, sondern für die Mutter und das Kind!


7. Das Miteinander in der Familie der Zukunft:
Das ist auch noch ein ganz heißes und ganz wichtiges Thema. Vielleicht haben Sie die ganze Zeit schon darauf gewartet. Ich möchte das bewusst zum Schluss hervorheben, weil gerade die Frage des Miteinanders in der Familie die entscheidende Rolle dabei spielen wird, ob wir Eltern unseren Kindern und anderen Mitmenschen Familie morgen heute lebbar und erstrebenswert zeigen.
Unser Ältester, damals vielleicht gerade 13 Jahre, hat es uns gesagt: Gebt euch doch nicht so viel Mühe mit der Erziehung. Wir machen euch sowieso alles nach!

Ja, die Frage des Miteinanders ist nämlich in erster Linie die Frage meines eigenen Lebensstils. Von was ist dieser bestimmt? Ist er bestimmt von der Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist? Der Reihe nach:

1. Ist er bestimmt von der Erkenntnis Gottes?

Dann werden wir alles daran setzen, die schöpfungsgemäßen Leitlinien unseres Lebens einzuhalten und in unserer Familie die Ehrfurcht vor Gott dem Schöpfer groß halten. Konkret:

• Wir betrachten jeden Menschen als Geschöpf Gottes.

• Wir sehen Kinder als Leihgabe unseres Gottes, für die wir Verantwortung tragen, eine Zeit lang. Es gehört auch zu der nüchternen Betrachtung unserer Verantwortung, dass sie begrenzt ist. Eltern müssen ihre Kinder abgeben in die Freiheit.

• Wir werden die natürlichen Gaben in bezug auf Gott leben und gebrauchen. Deshalb ermöglichen wir auch unseren Kindern die volle Entfaltung ihrer Gaben.

Diese Werte werden unsere Ehe und unsere Kinder prägen.

2. Ist unser Lebensstil bestimmt von dem Wissen um unsere Schuld vor Gott und von der Erlösung, die Jesus Christus uns geschenkmäßig zueignet?
Dann wird das unseren Lebensstil bestimmen. Konkret:
• Wir tun in der Familie nicht so, als ob wir fehlerlos wären: wir sind vielmehr bereit, uns unser Fehlverhalten vom Ehepartner und von den Kindern sagen zu lassen und bedanken uns dafür. Denn andere nicht in Schuld, Fehlverhalten und Sünde zu belassen, ist ein Zeichen der Liebe.

• Wir leben in der Familie Freundesliebe, Nächstenliebe und - wenn’s Streit gibt - auch Feindesliebe. Wir sind immer bereit zur Vergebung und lassen uns davon bestimmen, dass es besser ist, Unrecht zu leiden, als Unrecht zu tun.

• Jesus hat sich uns ganz hingegeben. Deshalb leben wir in der Familie nicht mit der Frage: Was bringt es mir, sondern: was könnten die anderen von mir gebrauchen? Wie könnte ich ihnen meine Liebe zeigen? Wie kann ich ihnen Gutes tun?

3. Ist unser Lebensstil bestimmt von der Gabe des Heiligen Geistes?

Wen Jesus Christus durch den Heiligen Geist den ihm zustehenden Platz als Kapitän unseres Lebensschiffes übernommen hat, dann wird auch unsere familiäre Beziehung davon bestimmt sein. Konkret:

• Dann nehmen wir uns Zeit zum gemeinsamen Gebet, zum gemeinsamen Lesen und Hören seines Wortes und zur Gemeinschaft in seiner Gemeinde.

• Dann öffnen wir uns auch als Familie für Menschen, die uns brauchen. Es gehört zu den wertvollsten Erfahrungen unserer Familie, wenn wir junge Leute in ihren Lebensnöten bei uns für einige Tage oder manchmal sogar monatelang aufnehmen und mit ihnen unser Leben teilen.

• Dann stehen wir auch einmal zurück, wenn uns der Dienst für Jesus in Beschlag nimmt.

• Dann wissen wir uns als Teil der großen Gottesfamilie (Darüber mehr dann heute Nachmittag).

Ich wünsche Ihnen eine solche Familie und Ihrer Familie Männer und Frauen, Väter und Mütter, die so leben!
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

Hartmut Steeb, Generalsekretär der ´Deutschen Evangelischen Allianz´ - Marsch für das Leben 2016 (#MarschFürDasLeben)


Foto (c) Rudolf Gehrig


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Lesermeinungen

 girsberg74 22. November 2017 
 

Schön, dass das abgedruckt ist.

Schöner und wirkungsvoller wäre, wenn diese Feststellung (gemeint das Thema als Ganzes) in Kirchengemeinden von christlichen Frauen (und Männern) "durchgeknetet" und so unter die Mitglieder gebracht würde.

Wie wäre das katholischerseits mit der KFD?


3
 

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