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| "Beim Tod Johannes Pauls II. ist alles anders"18. Mai 2020 in Chronik, keine Lesermeinung „Um 21.37 Uhr ist unser Heiliger Vater in das Haus des Vaters zurückgekehrt.“ In dem Moment war der jubelnde Applaus das Erste, in dem sich die Spannung der Menschen auf dem Platz entlud. Leseprobe: Paul Badde, Johannes Paul II., Eine Passion Vatikan (kath.net/Vatican Magazin) Enormer, nicht enden wollender Applaus ist das Erste, womit 100.000 Menschen unter dem Fenster des Apostolischen Palastes auf die Nachricht vom Tod des Papstes antworten. Gesichter, wohin ich schaue in der Dunkelheit. 200.000 klatschende Hände. Der Applaus sei befremdend und wohl eine italienische Weise der Trauer, muss ich später in internationalen Pressemeldungen lesen. Auf italienischen Friedhöfen habe ich freilich Applaus noch nie gehört oder in einem italienischen Sterbehaus. Im Gegenteil, da habe ich schon Frauen gehört, deren Klage um ihre Söhne oder Männer oder Väter ich mein Lebtag nicht vergessen kann.
Beim Tod Johannes Pauls II. ist alles anders und nichts befremdend.
Es war ein Prozess der Trauer, der Tage und Wochen dauerte, vor allem angesichts des Leids des lebenden Papstes. Alle Welt weinte bei seinem letzten Ostersegen, als kein Wort mehr über seine Lippen wollte und er sein letztes Röcheln vor dem Mikrofon hilflos dem Meerwind anvertraute. Als es dann endlich ans Sterben ging, zog jedoch unerklärliche Heiterkeit wie eine zarte Wolke über den Petersplatz und die Menschen, die aus Rom und der Welt im Gebet unter sein Fenster drängten. Er hatte unseren Gebeten in der Tiefe gelauscht. Sein Kopf zum Fenster hingewandt, die Lippen zu schwach, um noch mitzubeten. Vorhin hat der Privatsekretär ihm noch einmal eine letzte heilige Kommunion als „Wegzehrung“ gereicht. Noch einmal versuchte Johannes Paul, seine Hand zum Segen zu erheben, noch immer lauschte er unserem Gebet aus der Tiefe. Als wir ans Ende gekommen waren, hauchte er mit letzter Kraft ein „Amen“ und starb. Ein Rosenkranz war gerade beendet, als mein Handy klingelte. „Der Papst ist tot“, sagte unsere Tochter Christina aus der Redaktion von Radio Vatikan.
Ich schaute zu seinem Fenster hoch und sah auf den großen Bildschirmen über den Köpfen der Menge, wie Erzbischof Sandri vor dem erleuchteten Portal des Petersdoms ans Mikrofon ging: „Um 21.37 Uhr ist unser Heiliger Vater in das Haus des Vaters zurückgekehrt.“ In dem Moment war der jubelnde Applaus das Erste, in dem sich die Spannung der Menschen auf dem Platz auf die Nachricht entlud.
Dann begann im linken Campanile die Andreas-Glocke zu schlagen. Die Pilger und Römer aber begannen mit einem neuen Rosenkranz. Doch Jubel unterbrach das Gebet jedes Mal von Neuem, sobald ein Bild des Papstes auf vier großen Bildschirmen links und rechts am Kopf des Petersplatzes erschien, als überwältigender Applaus für den letzten Auftritt des größten Künstlers, den Gott am Anfang des neuen Jahrtausends zu sich rief, von einem überwältigten Publikum.
Es war der letzte Vorhang für den größten Schauspieler auf dem Welttheater unserer Zeit. Es war die Stunde Karol Wojtylas. Das war sein Tag: das letzte Fest Johannes Pauls II. Der „Samstag vom unbefleckten Herzen Mariens“ ging gerade zu Ende – ein Festtag, der dem Kalender von Papst Pius XI. nach dem Sonnenwunder von Fatima im Jahr 1917 eingegliedert worden war.
Die Sonne war untergegangen; die Menschen strömten schon seit Stunden auf den Platz, die alle gebannt zum Licht hinter dem Fenster da oben in dem Palast schauten und nach vorne, auf die Kuppel des Petersdoms und auf das blass erleuchtete Mosaik Marias, der „Mutter der Kirche“, das Johannes Paul II. über Berninis Kolonnaden hatte anbringen lassen. Er war auch der letzte Künstler von Rang, der noch einmal Hand an die Gestalt des Petersplatzes legte. Am Beginn des dritten Jahrtausends war er eine letzte Renaissancefigur. Dieter, ein alter Schulfreund aus Kindertagen, hat mich mit seiner Frau vom Niederrhein besucht, um ihn noch einmal zu erleben; mein älterer Bruder kam aus München dazu.
Keiner hat die Menschen aus aller Welt gerufen, die alle zusammen noch einmal am Lieblingsgebet des Papstes weiterweben wollten, viele von ihnen seit vielen Jahren zum ersten Mal: „Ave Maria, gratia plena …“
Darüber hat nun der Barmherzigkeitssonntag begonnen, der neue Festtag, den Johannes Paul II. selbst fünf Jahre zuvor, am 30. April 2000, auf diesem Petersplatz eingeführt hatte. Links und rechts von seinem alten Fenster leuchten plötzlich nun alle sechs anderen Fenster im obersten Stock des Palastes auf. Johannes Paul der Große ist gestorben.
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