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Die Menschen wollen am Sonntag nicht dieses 'Selbstgemachte'

2. Dezember 2009 in Interview, 2 Lesermeinungen
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"Der eigentliche Inhalt des Sonntags ist die Eucharistiefeier." Monika Gräfin Metternich im Gespräch mit PUR-Redakteur Bernhard Müller über ihr neues Buch "Lob des Sonntags".


Kißlegg (kath.net/Pur-Magazin)
PUR: Was haben Sie letzten Sonntag gemacht?

Gräfin Metternich: Letzten Sonntag rief um 9.00 Uhr früh schon ein Radiosender an, der mit mir ein Interview machen wollte. Und das habe ich sogar noch vor der Messe hinbekommen. Nach dem Gottesdienst habe ich gemütlich mit meinen Kindern gefrühstückt und bei einem dreistündigen Brunch zu Hause haben wir die Predigt besprochen.

PUR: Gibt es bei Ihnen nicht den klassischen Konflikt zwischen einem ausgiebigen Familienfrühstück und dem Sonntagsgottesdienst?

Gräfin Metternich: Überhaupt nicht. Das geht hintereinander. Wir trinken nur eine Tasse Kaffee bevor wir in die Kirche gehen und danach gibt es oft ein stundenlanges Frühstück. Dieser Brunch, der sich dann bis über den Mittag ausdehnt, ist auch deshalb gut, weil man dann nicht zu kochen braucht.

PUR: Was ist denn für Sie das Wichtigste am Sonntag, das „essential“?

Gräfin Metternich: Das „essential“ ist für mich natürlich die Heilige Messe, die Begegnung mit Christus. Das ist wirklich das Allerwichtigste!

PUR: Glauben Sie, dass der Sonntag, wenn er primär nur als arbeitsfreier Tag gesehen wird, auch an einem anderen Wochentag gehalten werden könnte?

Gräfin Metternich: Der Sonntag muss nicht unbedingt arbeitsfrei sein. Das ist nicht der entscheidende Punkt. Er war ja in den ersten 300 Jahren des Christentums auch nicht arbeitsfrei. Der eigentliche Inhalt des Sonntags ist die Eucharistiefeier.

Allerdings haben die Menschen aufgrund einer fast 1700-jährigen christlichen Kultur und Tradition auch ein Recht auf einen arbeitsfreien Sonntag. Würden wir dem Sonntag die Befreiung von der Arbeit nehmen, ginge sehr viel verloren. Freilich wollen große Teile der Wirtschaft den Menschen diesen arbeitsfreien Sonntag streichen und zwar mit dem Argument der Freiheit.

PUR: Aber verengen nicht auch viele Vertreter der Kirche ihre Argumentation für den Erhalt des Sonntags zu sehr auf den arbeitsfreien Ruhetag, der dem Menschen zustehe und den er brauche?

Gräfin Metternich: Ich will mich hier nicht zu kirchenkritischen Äußerungen verführen lassen, aber Sie haben schon recht. Mir fällt auf, die Kirche agiert in dieser Auseinandersetzung praktisch nur mir säkularen Argumenten wie Zeitrhythmen und kulturellen Vorteilen. Doch an diese sicher richtigen Argumente braucht sich die Kirche nicht dranhängen, sie sollte ihren Gläubigen wieder bewusst machen, was der Sonntag wirklich für den Christen bedeutet: Es ist der „Tag des Herrn“! Aus diesem „Tag des Herrn“ entwickelt sich dann all das, was unsere Sonntagskultur so wertvoll gemacht hat.

PUR: Wie glaubwürdig ist die Kirche, um selbstkritisch weiter zu fragen, bei ihren Rettungsappellen für den Sonntag, wenn Sie ihre eigenen „Weltbild“-Buchgeschäfte in den Städten an allen verkaufsoffenen Sonntagen aufsperrt?

Gräfin Metternich: Ich finde das einfach nicht gut. Es gibt viele Sparten, wo Sonntagsarbeit nötig ist: im Gesundheitssektor und überall da, wo Menschen geholfen wird und in der Gastronomie, die von Anfang an ein gesellschaftsförderndes Element war. Darum macht es hier auch Sinn.

Aber warum ein Call-Center am Sonntag betrieben werden muss, dafür gibt es einfach keine vernünftige Begründung. Warum müssen wir am Sonntag einkaufen? Wir haben einen freien Samstag, da kann man einkaufen solange wie man lustig ist. Die Verkäuferinnen brauchen auch einen freien Sonntag.

Der Sonntag muss meiner Meinung nach prinzipiell arbeitsfrei sein. Ausnahmen gab es immer. Wenn die Kirche aber sogar von Mitarbeitern ihrer eigenen Firmen wie „Weltbild“ am Sonntag Arbeit verlangt, dann habe ich dafür kein Verständnis.


PUR: Ihr neues Buch heißt „Lob des Sonntags“. Was loben Sie denn besonders am Sonntag?

Gräfin Metternich: Ich lobe am Sonntag die Idee, dass an einem Tag in der Woche alle die Chance haben, gleich zu sein. An diesem Tag wird wieder ein Stück paradiesische Fülle hergestellt. Wie dies theologisch begründet werden kann, habe ich auf möglichst amüsante Weise dem Leser nahe zu bringen versucht. Das also lobe ich am Sonntag so sehr, dass an diesem einen Tag in der Woche die paradiesische Freude durchleuchten kann. Aus christlicher Sicht her gesehen ist dieser erste Tag der Woche jedes Mal eine Art Neuschöpfung.

PUR: So Witziges und Amüsantes über den Sonntag, wie Sie es geschrieben haben, hat man selten gelesen.

Gräfin Metternich: Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich. Die meisten Leser finden meinen Stil, so wie Sie, sehr lustig. Manche allerdings sagen mir auch kritisch, Themen des Glaubens dürften nur ernsthaft behandelt werden. Dabei ziehe ich ja nichts ins Lächerliche, sondern drücke mein Anliegen nur anders aus, als es viele gewohnt sind.

PUR: Glauben Sie, dass in unserer Gesellschaft, so wie sie sich gegenwärtig entwickelt, der Sonntag überhaupt zu retten ist?

Gräfin Metternich: Ich bin ziemlich sicher, dass er zu retten ist, denn die meisten Menschen lieben den Sonntag. Alle Mitbürger, die ich nach dem Sonntag gefragt habe, haben ihn als einen schönen und bedeutenden Tag gelobt, als einen Tag wie kein anderer in der Woche. Selbst solche, die am Sonntag berufsbedingt selber arbeiten müssen, haben ihn seiner Arbeitsfreiheit wegen gewürdigt. Das Gefährliche ist nur, dass die meisten Leute offenbar nicht merken, wie er ihnen langsam entzogen wird.

PUR: Hier bekommt ihr Buch auch eine zeitaktuelle politische Dimension.

Gräfin Metternich: Mein Buch ist ein Denkanstoß, vor allem an die Christen, zu überlegen, was wir uns nehmen lassen.

PUR: Ganz offensichtlich hat die Kirche aber den Sonntag, der ja einmal mit der Liturgiefeier irgendwie ihr gehörte, seit längerem weitgehend an Sportvereine und andere Event-Veranstalter verloren.

Gräfin Metternich: Das ist natürlich in einer säkularen Gesellschaft die Gefahr. Hier muss sich die Kirche halt behaupten, in dem sie das anbietet, was sie anzubieten hat. Und wenn dann keiner kommt, dann kommt eben keiner. Ich bin kein Verfechter der Theorie, wir sollten den Sonntag nur erhalten, um mehr Leute in die Kirche zu schaufeln. Dazu müssen die Christen und die Priester durch ihr Leben überzeugend und glaubwürdig genug sein, um das zu bewirken.

PUR: Wie haben es denn Ihre Eltern gemacht, ihnen als Kind den sonntäglichen Kirchgang schmackhaft zu machen?

Gräfin Metternich: Die haben uns damals gesagt, wir seien noch zu klein um in die Kirche mit zu kommen, dass sei etwas Großartiges und Wichtiges, aber eben noch nichts für uns. Daraufhin wollten wir unbedingt in die Kirche gehen, einfach weil das so etwas Cooles war.

So etwa müssten wir auch heute auf die Gesellschaft einwirken: Denn die Kirche hat ja am Sonntag wirklich etwas ganz Besonderes zu bieten. Fußballspielen am Sonntag kann auch toll sein und Brunchen im Restaurant kann auch herrlich sein. Aber wir Christen haben noch etwas viel Wunderbareres, etwas viel Größeres. Wenn die Kirche diese Wahrheit verkündet, macht sie sicher besser Reklame für den Sonntag, als wenn sie sagt, die Menschen müssen einen freien Tag haben.

PUR: Aber einen freien Tag brauchen die Menschen doch schon auch.

Gräfin Metternich: Sowieso. Die Menschen brauchen auf jeden Fall einen freien Tag, aber das ist nicht das hauptsächliche Anliegen der Kirche. Für uns geht es darum, dass wir einen kulturell gewachsenen Sonntag christlich feiern können.

PUR: Viele interpretieren den Sonntag immer noch als einen Tag, an dem man dem Kirchengesetz nach zum Gottesdienst gehen muss. Sie sprechen von einem Tag der Freiheit. Sehen Sie da einen Gegensatz?

Gräfin Metternich: Ich würde sagen, dass Beides zusammen gehört. Freiheit, die nicht durch Gesetze begrenzt ist, ist letztlich keine Freiheit. Der freie Sonntag ist für viele Menschen etwas konturlos geworden, sie können nicht mehr genau sagen, was der Sonntag eigentlich ist. Bei manchen macht sich Langeweile breit, obwohl die Menschen gerade vom Sonntag unheimlich viel erwarten und dann passiert nichts. Das Versprechen der Freiheit an diesem besonderen Tag der Woche löst sich oft gar nicht ein.

Deshalb ist es gut, wenn der Sonntag feste Teile hat. Für den Christen ist das zunächst der Sonntagsgottesdienst, aber auch die Zeit mit der Familie und die Gemeinschaft mit Freunden gehören dazu. Für uns Christen ist und bleibt der Sonntag aber tatsächlich der Feiertag des Herrn.

PUR: Wie entstand die kirchliche Sonntagspflicht?

Gräfin Metternich: Die Sonntagspflicht war am Anfang eine reine Sonntagsfreude, man wollte sowieso zum Gottesdienst. Erst etwa aus dem Jahr 450 hört man, dass Leute nicht mehr zur Kirche kamen, weil sie ihre Ackerarbeit verrichten mussten.

Tatsächlich wurden die Sklaven und Feldarbeiter von ihren Herren am Sonntag zur Arbeit gezwungen. Deshalb wurde die Sonntagspflicht eingeführt, die vielmehr ein Schutz der kleinen Leute vor ihren Dienstherren war. Denn jetzt konnten sich die Dienstleistenden gegenüber ihren Herren darauf berufen, ihrer Sonntagspflicht genügen zu müssen statt zu arbeiten.

Klar besagt die Sonntagspflicht, dass jeder Katholik, der nicht aus schwerwiegenden Gründen verhindert ist, am Sonntag einen Gottesdienst besuchen muss. Aber eigentlich ist das für einen Gläubigen eine Selbstverständlichkeit, wie wenn ich sage, jeder muss sich täglich die Zähne putzen. Täten wir das nicht, würden wir uns irgendwie nicht wohl fühlen.

PUR: Das heißt, ein innerlich überzeugter Christ will von sich aus schon am Sonntag in die Hl. Messe gehen.

Gräfin Metternich: Absolut. Ein innerlich überzeugter Christ kann sich gar nicht vorstellen zu leben, ohne diese innere Begegnung mit Jesus Christus und den Dank an Gott zu praktizieren.

PUR: Glauben Sie, die Christen, die das bisher nicht so sehen, könnten den Alltag besser bestehen, wenn sie den Sonntag wieder christlicher gestalten würden?

Gräfin Metternich: Ich kann das nicht für andere sagen, ich kann es nur für mich selber sagen. Seitdem ich den Sonntag wieder für mich entdeckt habe, ist er mir eindeutig zu einer Kraftquelle des Lebens geworden. Ich schöpfe Kraft aus dem Ursprung der Schöpfung, kann meine Woche neu einteilen, ihr eine innere Struktur geben und wieder Kraft tanken für die nächsten sechs Tage.

Für mich ist der Sonntag nicht nur des Namens nach der erste Tag der Woche, er ist der Tag, aus dem alles für die neue Woche kommt. Ich wünsche, dass sehr viele Menschen das entdecken können. Aber man kann es natürlich nur entdecken, indem man es ausprobiert.

PUR: Ihr Ratschlag an die Leute …?

Gräfin Metternich: Probiert den Sonntag aus, dort wo er seinen Ursprung hat: kommt einfach mal zum Gottesdienst! Ihr seid frei. Jeder kann kommen und gehen. Aber schaut es euch einfach mal an, ihr verpaßt sonst etwas Entscheidendes!


PUR: Offenbar sehen das nicht alle Kirchenbesucher so, sonst gingen die Teilnehmerzahlen doch nicht von Jahr zu Jahr weiter zurück.

Gräfin Metternich: Das ist sehr unterschiedlich. Ich lebe in einer Universitätsstadt und meine Kirche ist sonntags immer voll, auch von jungen Leuten. Verändert hat sich der Gemeindeaspekt. Früher ging jeder in seiner Gemeinde in die Kirche. Wenn heute der Pfarrer ein langweiliger Prediger ist, gehen die Leute anderswo zum Gottesdienst. Ich weiß gar nicht ob ich das schlecht oder gut finden soll.

Ich glaube aber, dass die leeren Kirchen nicht unbedingt immer darauf hinweisen, dass die Leute überhaupt nicht mehr in die Kirche gehen, sondern sie gehen oft einfach nur wo anders hin, weil ihnen der Tag so wichtig ist, dass sie ihn nicht mit Ringelpietz und Anfassen um den Altar begehen wollen.

Die Leute sind etwas wählerischer geworden, was nicht heißt, dass ein Gourmetchristentum vorherrscht, sondern dass man es sich manchmal nicht antun will, was einem beim Sonntagsgottesdienst so präsentiert wird.

PUR: Damit zusammen hängt wohl auch der „Boom“ von Wallfahrtsorten.

Gräfin Metternich: Auf jeden Fall. Ich sehe es ja mit eigenen Augen. Da sind an den Sonn- und Feiertagen die Messen meist randvoll. Ich denke, dass es keine so riesige Katastrophe mit dem sonntäglichen Messbesuch ist, wie man allgemein annimmt. Dass es an manchen Orten wirklich ein großes Problem geworden ist, ist auch eine Anfrage an die Seelsorger.

PUR: Also müssen auch die Priester mehr „Gas“ geben, um den Sonntag wieder für Kirchgänger populärer zu machen?

Gräfin Metternich: Wenn Sie „Gas geben“ sagen, hoffe ich, dass um Himmelswillen niemand darunter mehr „Action“ im Gottesdienst versteht. Die Menschen suchen einen Gottesdienst, in dem sie aufgehoben sind, der objektiv ist und kein subjektives Gesülze enthält.

Die Menschen werden die ganze Woche über so vollgelabert, dass sie am Sonntag einen Gottesdienst brauchen, der auch Stille beinhaltet und der von Ernsthaftigkeit getragen ist. Die Menschen wollen am Sonntag nicht dieses „Selbstgemachte“.

Ich glaube das sehen leider ganz viele Pfarrer falsch, die meinen, sie müssten da ein tolles Event bieten. Was in der Hl. Messe über die Jahrhunderte gewachsen ist, ist so viel mehr als ein Event, es ist etwas ganz Wunderbares und führt zu den Wurzeln der Seele und zurück bis zu den Aposteln.

Mein Appell an die Pfarrer: Macht beim Sonntagsgottesdienst lieber etwas weniger. Vertraut der Kraft der Heiligen Messe und ihr werdet sehen, die Kirchen werden voller.


Lob des Sonntags
Monika Gräfin Metternich
224 Seiten
Pattloch-Verlag
14,95 Euro

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Lesermeinungen

  2. Dezember 2009 
 

Sonntag sollte ein Tag des mystischen Lobes an Gottes Hilfe im Alltag sein.

Priester und alle Christen, die praktizieren,
sollten einander mit dem Zeugnis, der Fügungen Gottes gegenseitig bestärken. Denn Eucharistie bedeutet ja Danksagung. Wo man sich damit beschenkt, bedarf es nicht Rambo aus eigener Kraft zu sein. Die Freude am Wirken Gottes im Alltag, stärkt uns in der Liebe zu Gott.Wir Christen und Priester brauchen wieder die Mystik, die uns froh sein lässt, nicht zu den \"Klugen\" und \"Weisen\" zu gehören, denen Gott sich nicht offenbart.


0
 
 Tadeusz 2. Dezember 2009 

Falscher Ansatz

\"PUR: Also müssen auch die Priester mehr „Gas“ geben, um den Sonntag wieder für Kirchgänger populärer zu machen?\"

Falscher Ansatz, den ich immer wieder zum Hören bekomme.

Es geht nicht darum etwas \"populärer zu machen\".
Der alte Spruch des Verbrechers Karl Marx scheint immer noch in Köpfen verankert zu sein, dass angeblich Quantität in Qualität übergeht (was man über mehrere Dekaden in Osteuropa und sonstigen Kommistaaten dauernd getestet hat).

Es geht um den Glauben. Und das bekommen wir mit Marketingaktionen nicht (bzw. nur kurzzeitig).

Mit Gebet schon.


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