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Der Papst vom 'Ende der Welt'

15. März 2013 in Kommentar, keine Lesermeinung
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Franziskus war doch der Heilige, der im Traum eine einstürzende Kirche vor sich sah und den Ruf hörte: „Bau meine Kirche wieder auf!“ Sind wir wieder soweit? - Von Paul Badde


Vatikan (kath.net) Mit dem weißen Rauch im dunklen Himmel über der Sixtina hörte der Regen plötzlich auf. Den ganzen Tag lang hatte es über dem Petersplatz gegossen. Jetzt wurden die Schirme eingeklappt. Links im Glockenturm der Fassade von Sankt Peter begannen die Glocken zu schlagen. Déjà-vu einer Zeitenwende.

Der neue Papst sieht mit seiner Brille aus der Ferne zunächst so aus wie Pius XII., auch seine stattliche Figur, dann wie Johannes Paul I., der „lächelnde Pontifex“, dem danach nur noch 30 Tage zu leben blieben. Diesen Mann hatte keiner auf dem Bildschirm.

Doch fehlt ihm im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht etwas? Ja. Er hat keine Mozetta an. Ihm fehlt der hermelinumsäumte purpurne Umhang der Päpste und er steht so verhalten da oben, nachdem er der unübersehbaren Menge als „Papa Francesco“ vorgestellte wurde. So hieß ein Papst noch nie. Es wurde auch noch nie ein Jesuit Papst wie der Erzbischof von Buenos Aires. Auch noch nie ein Mann aus Amerika, der „Neuen Welt“, vom „Ende der Erde“, wie er gerade sagte.

Nach dem Ordensgründer Benedikt war der heilige Franziskus Jahrhunderte später doch gleichsam das Gegengewicht zu den reich gewordenen Orden, auch zu den Päpsten seiner Zeit, in der der Bettler aus Assisi als „alter Christus“ galt, als neuer Christus. Könnte sich der neue Papst da oben auf der Loggia nicht auch geradewegs Jesus nennen? Geht so etwas überhaupt? Franziskus war doch der Heilige, der im Traum eine einstürzende Kirche vor sich sah und den Ruf hörte: „Bau meine Kirche wieder auf!“ Sind wir wieder soweit?


Sein spanisches Italienisch ist so weich. Die bairische „tschoia“ in Benedikts italienischem „gioia“ (Freude) wird bei ihm plötzlich zu „d-joia“. Er steht so verhalten da oben. Zögerlich, fast linkisch. Als warte er. „Buona sera!“ sagt er als erstes, nachdem das letzte öffentliche Wort Benedikts vor 14 Tagen in Castel Gandolfo „buona notte!“ hieß.

Aus ganz Rom laufen und strömen die Menschen auf den Platz ihm entgegen, in einer ungeheuren Verdichtung, wo er sich über ihnen nicht als Papst, sondern nur als „neuer Bischof von Rom“ vorstellt, und damit jener Diözese, die den „Vorsitz in der Liebe habe., sonst nichts. Das Wort ist uralt, von Ignatius von Antiochien aus dem 2. Jahrhundert, das zuletzt hier an dieser Stelle Benedikt XVI. in Erinnerung gerufen hat.

Bald ist die Menge eine Masse, eine gefühlte Million, in beispielloser Erregung, als der neue Papst vor ihnen zu seinem ersten Amtsakt einsetzt. Als erstes ruft er sie hier zu einem Gebet für seinen einsamen Vorgänger und Beter auf dem „Berg des Gebets“ in Castel Gandolfo auf.

Es ist ein Hochofen des Gebets, den er entfacht. Die Masse ruft und brüllt ein Vaterunser, ein Avemaria und eine Preisung der heiligen Dreifaltigkeit mit ihm gemeinsam für den schwach und gebrechlich gewordenen Benedikt in den Albaner Bergen in den Himmel. Es ist eine Schule, nein es ist ein Hochofen, ein Vulkan des Gebets. So etwas hat es hier noch nie gegeben. Das hat der Petersplatz noch nie erlebt.

Dann beugt Papst Franz sein Haupt und bittet um ein stilles Gebet für sich selbst und seinen Dienst, weil er wohl weiß, was jetzt auf ihn zukommt. Und die Menge ist vollkommen still. Auch das hat es hier noch nie gegeben. In seinem alten Namen klingt das italienische „orgoglio“ (Stolz) mit an, und Franz ist eigentlich ein Name für stolze Kaiser, nicht für Päpste.

Doch jetzt ist es plötzlich ein Papst, der bei aller Demut seiner Vorgänger schon so unendlich bescheiden und zurück haltend wirkt, so beängstigend demütig, dass man fast schon Angst um seine Gesundheit bekommt. Und dass er doch noch lange leben möge, bei den Aufgaben, die auf ihn warten.
Er hat das gleiche Alter, das auch Papst Johannes XXIII. 1958 bei seiner Wahl hatte, dem die katholische Kirche in seiner kurzen Amtszeit die Einberufung des II. Vatikanischen Konzils verdankt. Er segnet die Römer und die Weltkirche erstmals, die ihn ringsum um den Globus auf dem Bildschirm verfolgen und verabschiedet sich: „Brüder und Schwestern, ich verabschiede mich von euch. Vielen Dank für den Empfang. Betet für mich und bis bald! Wir sehen uns bald: Morgen möchte ich die Mutter Gottes aufsuchen und sie bitten, ganz Rom zu beschützen. Gute Nacht und angenehme Ruhe.“

Minuten danach ruft Franziskus seinen Vorgänger an. Im Konklave von 2005 hatte er ihm am Schluss seine Stimmen überlassen. So hat er damals die Wahl Benedikts ermöglicht. Ab heute wird er unter seinen Augen regieren und sich mit vielen der Probleme abmühen, die ihm das Leben so unmäßig schwer gemacht haben. Nun verspricht er ihm am Telefon: „Eure Heiligkeit, ich komme Sie bald besuchen!“ Der „Papa emeritus“ bedankte sich mit den Worten: „Eure Heiligkeit, ich verspreche Ihnen Gehorsam und Ehrerbietung“. Beide reden sich mit „Heiligkeit“ an. Dieser Umgang von zwei Päpsten untereinander kann nicht anders als absolute Weltpremiere in der katholischen Kirche bezeichnet werden.

Papst FRANZISKUS - Die ersten Ereignisse des neuen Pontifikats:



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