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'Christentum ist Hardcore-Religion, Kunst sollte dies reflektieren'

4. Mai 2016 in Interview, 3 Lesermeinungen
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Den „Obdachlosen Jesus würde ich als mein Meisterstück einschätzen“, sagt der christliche Bildhauer Timothy Schmalz. kath.net-Interview von Petra Lorleberg


Ontario (kath.net/pl) „Das Christentum ist eine Hardcore-Religion, ich finde, Kunst sollte dies reflektieren.“ Dies stellt der kanadische Künstler Timothy Schmalz im kath.net-Interview fest. Das wohl bekannteste Werk von Schmalz ist die Bronzeskulptur „Obdachloser Jesus“, die ihren Weg inzwischen an viele Orte gefunden hat, sogar schon in den Vatikan.

kath.net: Herr Schmalz, ist der „Obdachlose Jesus“ für Sie etwas Besonderes?

Schmalz: Ja. Ich würde das Werk als mein Meisterstück einschätzen. Ich habe seit mehr als 20 Jahren Jesusskulpturen hervorgebracht, doch diese Figur bringt die innersten Ideen des Christentums weltweit auf die Straßen, in die Städte. Außerdem hat sie verschiedene andere Arbeiten inspiriert, die derzeit für einige der heiligsten Orte Roms ausgeführt werden, einschließlich der Kirche St. Peter in Ketten.

kath.net: Sie hatten den „Obdachlosen Jesus“ – der so tief mit den Grundüberzeugungen von Papst Franziskus verbunden ist – vor der Wahl dieses Papstes gestaltet. Sie waren inspiriert von einen einsamen Obdachlosen in Toronto. Wenn ich auf das Charisma von Papst Franziskus schaue, auf seinen Fokus auf die Barmherzigkeit, frage ich mich, ob ein prophetischer Impuls auf Ihrer Statue liegt. Sehen Sie hier ebenfalls eine Verbindung?

Schmalz: Ja, ich glaube, Kunst wird für eine bestimmte Zeit „geboren“.


Heute sind die Reichen reicher denn je und die Armen ärmer denn je. Durch diesen Spalt, der sich öffnet, ist der Obdachlose Jesus in die Städte, auf die Straßen gefallen, um uns daran zu erinnern, dass alles menschliche Leben geheiligt ist.

kath.net: Verstehen Sie sich als praktizierenden Christen? Wer ist Jesus Christus für Sie?

Schmalz: Ja, ich bin Christ. Meine Vorstellung von Jesus konzentriert sich nicht auf die geschichtliche Person, sondern eher auf den Heiland, der die Menschheit vor sich selbst errettet hat. Wir sind ständig in Gefahr, uns selbst zu verschlingen. Gewalt und Hass sind real. Nur Christus kann uns vor diesem Tod bewahren, sowohl uns persönlich wie auch die Gesellschaft als Ganzes.

kath.net: Wo finden Sie persönlich geistliche Nahrung und Inspiration?

Schmalz: Im Evangelium. Ich habe jeden Tag ein Stück aus der King-James-Bibel gehört, über ein Jahr lang. Eine andere große Inspiration für mich und meine Familie ist Rene Girrard.

kath.net: Die Gestaltung, die „Geburt“ solcher Bronzeskulpturen, die teilweise sehr groß sind, ist harte körperliche Arbeit. Ist es gleichzeitig auch ein spiritueller Prozess? Verbinden Sie damit auch Worte wie „Kontemplation“, „Gebet“ oder das benediktinische „Ora et labora“ (Bete und arbeite)?

Schmalz: Ja. Ich habe eine sehr weite Definition des Gebetes. Ich halte das für gesund. Es würde die eigene Spiritualität einengen, wenn man sich unter Gebet nur etwas vorstellen würde, das in der Kirche getan werden kann. Predigt das Evangelium überall, und wenn es nötig sein sollte, dann benutzt dazu auch Skulpturen.*

kath.net: Worin sehen Sie die Herausforderungen der zeitgenössischen christlichen Kunst?

Schmalz: Etwas hervorzubringen, das nicht unsichtbar ist. Das Christentum wird seit über 2.000 Jahren in Skulpturen dargestellt. Die Herausforderung kommt, wenn der Künstler nach den blinden Flecken sucht, nach den Gebieten, in die noch nie ein Künstler vorgedrungen ist.

Dabei denke ich, dass wir Künstler deutlich mehr Freiheit haben als die Künstler der vergangenen Generationen.

Doch genau jene Kunst, die ich nicht schätze, das verrückte abstrakte Zeug, hat mir ironischerweise die absolute Freiheit geschenkt, ohne Grenzen zu gestalten. Das Christentum ist eine Hardcore-Religion, ich finde, Kunst sollte dies reflektieren.

*Schmalz greift hier eine Mahnung des Hl. Franz von Assisi auf: „Predigt das Evangelium überall, und wenn es nötig sein sollte, dann benutzt dazu auch Worte.“

Link zur Homepage des Künstlers.

Vgl. dazu auch den kath.net-Kommentar: Zeitgenössisches Kunstobjekt 'Obdachloser Jesus' – Armes Christentum?!

Der kanadische Künstler und Christ Timothy Schmalz erklärt das Tonmodell ´Beichte - Pater Pio´ (in engl. Sprache)


Die lebensgroße Bronzefigur ´Obdachloser Jesus´ von Timothy Schmalz steht nun im Vatikan vor der Päpstlichen Almosenverwaltung (engl.)


Papst Franziskus segnete 2015 eine kleinere Ausgabe der Bronzeskulptur ´Obdachloser Jesus´ (Homeless Jesus)


Foto oben (c) Timothy Schmalz


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Lesermeinungen

 Monsventosus 4. Mai 2016 

Wenn man bedenkt...

...dass Raffael, Michelangelo und Leonardo zeitweise in der selben Stadt gelebt haben - Florenz -, dann fragt man sich, wo sich heute all die Künstler bloß verstecken? Es müsste, sozusagen rein statistisch, doch zigtausende von Genies geben. Nun gut - immerhin gibt es Schmalz und Triegel und wohl auch noch einige andere.


4
 
 SpatzInDerHand 4. Mai 2016 

Diese Kunst spricht mich an - was mir bei zeitgenössischer Kunst sonst selten passiert


7
 
 M.Schn-Fl 4. Mai 2016 
 

"Denn der Menschensohn hat keinen Platz,

wo er sein Haupt hinlegen kann."
"Er kam in sein Eigentum, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf."
Mich ermutigt als Kunsthistoriker sehr, dass es noch immer oder wieder Künstler gibt, die ihre Werke nach dem Evangelium ausrichten und eine menschliche "Sprache" sprechen, die den Betrachter nicht verstört oder abschreckt, sondern berührt und "erbaut" im wahren Sinne des Wortes und ihn nachdenken läßt über die frohe Botschaft.
Die Werke dieses Künstlers und das schöne Interview beweisen, dass die christliche Kunst noch eine große Zukunft hat.


8
 

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