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Kirchen verärgert über Einsetzung von Imam für Hagia Sophia

7. November 2016 in Weltkirche, 12 Lesermeinungen
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Türkischer Präsident Erdogan provoziert ethnische und religiöse Minderheiten - Imam-Einsetzung genau am Sonntag des Festes für Patriarch Bartholomaios wird als gezielte Provokation gewertet


Zürich-Ankara (kath.net/KAP) Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan geht bei der Umwandlung seines Landes in einen autoritär-islamistischen Staat zügig voran und provoziert dabei ethnische und religiöse Minderheiten, darunter die Christen. So wurde ausgerechnet zum 25-jährigen Amtsjubiläum des Konstantinopler Patriarchen Bartholomaios I. zum ersten Mal seit Umwandlung der Hagia-Sophia-Moschee in ein Museum vor 81 Jahren von der Religionsbehörde (Diyanet) ein Imam - Önder Soy - für die ursprünglich christliche Kirche eingesetzt, wie das Schweizer ökumenische Portal "www.jesus.ch" am Wochenende berichtet.

Der neue Geistliche, der auch als Kickboxer und Karateportler populäre Önder Soy, hat seinen offiziellen Amtssitz in einem Nebengebäude auf dem Gelände. Seine Gebete dort werden aber bereits von den Minaretten der Hagia Sophia über Lautsprecher ausgestrahlt. Von Kirchen in der Türkei wird der Zeitpunkt der Imam-Einsetzung genau an dem Sonntag des Festes für Bartholomaios als gezielte Provokation gewertet.

Präsident Recep Tayyip Erdogan gratulierte der Religionsbehörde zu der Ernennung. Die gleichgeschalteten türkischen Medien begrüßen die Einsetzung des ständigen Imams als "Erfüllung eines Wunsches des türkischen Volkes".


Inzwischen werden vor allem in den sozialen Medien in der Türkei Forderungen laut, die Hagia Sophia wieder ganz als Moschee zu nutzen. Die Hagia Sophia war vom 6. Jahrhundert bis zur osmanischen Eroberung 1453 als "Große Kirche Christi" Sitz der orthodoxen Patriarchen und wird bis heute in kirchlichen Dokumenten so angeführt. Von 1453 bis 1935 diente die Hagia Sophai als Moschee, seither ist sie ein Museum.

Zwar bleibt der Amtssitz Önder Soys vorderhand im benachbarten Hünkar Kasri (Fürstenschlösschen), das von Sultan Murad III. (1574-1595) angebaut wurde. Er verrichtet aber bereits ständig das fünfmal tägliche Moscheegebet, auch über die Lautsprecher der vier Minarette der Hagia Sophia. Es war erstmals während des letzten Fastenmonats Ramadan "vorübergehend" eingeführt worden.

Taktisches Manöver vor Volksabstimmung

Beobachter in Istanbul bringen dessen dauerhafte Etablierung mit der Absicht Erdogans in Zusammenhang, möglichst breite Massen türkischer Muslime vor der geplanten Volksabstimmung über eine neue Verfassung mit an ihn praktisch unbeschränkten Vollmachten für sich als Re-Islamisierer einzunehmen.

Zum ersten Mal, seit Atatürk 1935 die Hagia Sophia in ein Museum umgewandelt hatte, fand schon im April 2015 ein islamischer Gebetsgottesdienst in der Hagia Sophia statt. Bis dahin waren religiöse Handlungen und Zeichen jeder Religion in ihren Mauern streng verboten. Daran mussten sich sogar drei Päpste bei ihren Besuchen halten; nur Paul VI. war 1967 das Niederknieen zu einem - stillen - Gebet gelungen.

Provokation am Karfreitag

Ausgerechnet am Karfreitag 2015 verkündete der berühmte Koran-Rezitator Ali Tel aus Ankara laut und lang ganze Suren, dass es in der Hagia Sophia nur so widerhallte. Nach dem Religionsrecht der Sharia war schon damit die säkularisierte Reichsmoschee der Osmanen wieder als solche eingeweiht, ohne dass es noch einen besonderen Umwandlungsbeschluss dazu brauchte.

Den offiziellen Charakter dieses ersten neuerlichen islamischen Gebetsgottesdienstes in der Sophienkirche unterstrich bereits damals die Teilnahme des Leiters des staatlichen Religionsamtes Diyanet, Mehmet Görmez. Dieser war es auch, der den ersten ständigen Imam bestellt hat.

Eine weitere Verhärtung der Forderung nach Rückverwandlung der Hagia Sophia erfolgte dann in der türkischen Übergangsregierung von 2015 durch die mitregierende "Partei der Großen Einheit" (Büyük Birlik Partisi/BBP). Diese rechtsextreme Splittergruppe verbindet türkischen Rassenwahn mit militantem Islamismus und Antisemitismus. Durch ihren "Verband Türkischer Kulturvereine in Europa" (ATB) mit Sitz in Frankfurt ist die Partei in der Diaspora stärker als in der Türkei selbst. Die BBP wurde in die Regierung aufgenommen, um zu einer Mehrheit des Erdogan-Lagers bei den vorgezogenen Neuwahlen am 1. November 2015 beizutragen.

Informative Arte Doku: Hagia Sophia (Denkmäler der Ewigkeit)


Phoenix Doku: Istanbuls Hagia Sophia - Kirche, Moschee, Museum


Georgisch-orthodoxer Gesang mit wunderschönen Bildern aus der Hagia Sophia


Copyright 2016 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
Alle Rechte vorbehalten


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