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Der Baby Kill und das laute Schweigen der Lämmer

3. August 2005 in Deutschland, keine Lesermeinung
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Dem Aufschrei der Nation über neun ermordete Babies steht das Schweigen über hunderttausende im Mutterleib ermordete Kinder gegenüber. Ein Kommentar von Franziskus v.Ritter-Groenesteyn.


München (www.kath.net) Die leise Stimme des Gewissens wird gerne überhört, oft übertönt und verwirrt vom marktschreierischen Gebaren unserer Medien, die uns glauben machen wollen, Minderheiten seien unübersehbare Mehrheiten, und Wahrheit und Werte, ja das Leben selbst sei relativ. Manchmal aber muss man übertreiben, um Wahrheit zu finden.

Eines Tages kam eine schwangere Frau zu einem Priester. Sie könne das Kind in ihrem Leibe nicht austragen, es sei ihr aus diesen und jenen Gründen unmöglich und die Anforderungen, ach ja die überstiegen sie bei weitem. Sie habe sich daher entschlossen, schweren Herzens, das Kind abzutreiben, um sich und ihm eine triste Zukunft zu ersparen. Der alte Priester schweigt zunächst.

Es war still im Beichtstuhl, sehr still. Dann, ganz unvermittelt kam sein Rat. Er verstehe ihre Nöte, ihre Ängste, ihre Sorgen, aber zu ihrem eigenen Besten solle sie das Kind doch gebären, es sodann bei den Beinen nehmen und es solange mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, bis der Tod eingetreten sei. Ein Aufschrei des Entsetzens entfuhr der jungen Mutter. Das sei doch Mord! Sehen Sie!, sagte da der alte Priester erleichtert, und sie begriff.

Natürlich war der Rat des Priesters nicht ernst gemeint, aber er half der verzweifelten Mutter, die von der Welt ver-rückte Perspektive neu auf die Wahrheit auszurichten. Denn „noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt“ heißt es bei Jeremia 1,5. Deshalb fordert die Kirche im Katechismus zu Recht: „Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen.“( KKK 2270), und nicht erst ab der Geburt.

Ein Aufschrei aufrichtigen Entsetzens fährt zur Zeit wie ein heftiger Orkan durch unseren Medienwald, und auch Politiker aller Couleur melden sich vehement zu Wort. Worum geht es? Es geht um die bedauernswerte Tat einer jungen Mutter aus Brandenburg, die ihre neun Babies unmittelbar nach der Geburt getötet hat.

Der Spiegel beschreibt die Reaktion: „Die Einwohner der 2700 Einwohner zählenden Gemeinde reagierten fassungslos und bestürzt auf den grausigen Fund. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) äußerten sich tief erschüttert. ,Wir stehen vor einem Verbrechen, das es in diesem Ausmaß in der Geschichte der Bundesrepublik nach meiner Erinnerung noch nie gegeben hat’, sagte Schönbohm.“

Doch dem Aufschrei der Nation steht das laute Schweigen der Lämmer gegenüber. Es verhallt ungehört und unbeachtet. 48.000fach erschallt es allein in Brandenburg. 48.326 Babies. Dies ist die offizielle Zahl der in den letzten zehn Jahren in Brandenburg getöteten Babies. Getötet nicht nach der Geburt, denn dann wäre dies ja ein „Verbrechen, das es in diesem Ausmaß in der Geschichte der Bundesrepublik ... noch nie gegeben hat“, sondern vor der Geburt, und daher straffrei, unbewehrt und unbeachtet.

In Deutschland sind es 300.000 Kinder pro Jahr. 300.000mal wurde Leben vernichtet, ausgelöscht, extinquiert. 300.000mal ohne Aufschrei des Entsetzens, ohne Anklage der Täter - wobei, dies sei bemerkt, die abtreibenden Mütter eher deren Opfer sind. 300.000mal Blutgeld ohnehin.

Die Tat der jungen Mutter ist leider kein Einzelfall. Vielmehr ist es das Symptom einer an der selbsterwählten „Kultur des Todes“ sterbenden Gesellschaft. Es ist die Spitze eines Eisberges, deren verborgene neun Zehntel sich in zu Abtreibungsfabriken degenerierten Arztpraxen vollziehen. Nur ein Zehntel ist sichtbar.

Der Spiegel schreibt weiter: „Erst vergangene Woche waren in Magdeburg und bei Gütersloh zwei tote Babys gefunden worden. Im Juni entdeckten Spaziergänger am Ufer eines Sees in der Nähe des niedersächsischen Gifhorn einen Säugling mit durchgeschnittener Kehle in einer Plastiktüte. Nur einen Tag zuvor hatte ein Anwohner in einer Mülltonne im hessischen Mühlheim ein totes Baby gefunden. Anfang Mai brachte eine 20 Jahre alte Frau in Balingen unbemerkt zu Hause ein Kind zur Welt und erstach es mit einer Haushaltsschere.“ Symptome einer kranken Gesellschaft, und, zweifellos, es sind dies erschreckend schreckliche Taten.

Doch worüber der Spiegel nichts schreibt, ist die tägliche, grausam teilnahmslose Entsorgung tausender zerstückelter Föten in den Mülltonnen dieser Welt – dieses tausendfache Drama, das jedes Mal im Tod endet. Er oder ähnlich einflussreiche Medien schreiben auch nichts vom zermürbenden, endlosen Leid abtreibender Mütter danach; nichts von ihrer herztief verletzten Psyche; nichts von den all nächtlich wiederkehrenden Schuldgefühlen. Nichts davon.

Sollte da nicht Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, an sich ein Befürworter der „Kultur des Lebens“ seine Stimme erheben und dem lauten Schweigen der Wehrlosen – wer ist wehrloser als ein Kind im Mutterleib! – eine Plattform schaffen? Sollten er und andere christliche Politiker nicht ein Sprachrohr sein, in dem es sich zu einem Protestschrei des Entsetzens artikulieren kann? Ein Schrei, der bis an die Enden dieser Erde zu hören ist: „Wir wollen leben!“

In dem Film „Das Schweigen der Lämmer“ leidet die Protagonistin Starling, gespielt von Jodie Foster, an einem Trauma, das sie als Kind erlitten hat. Seitdem hört sie das angstvolle Blöken der Lämmer, die damals zum Schlachten geführt wurden. Ihr Trauma schwindet erst, als die Lämmer in ihr begonnen hatten zu schweigen. Ab diesem Tag war sie geheilt. Unsere Gesellschaft wird wieder heil, wenn das laute Schweigen der Lämmer verstummt sein wird.

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