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| Kirche braucht keine Schulmeisterei aus den Reihen der Politik5. Februar 2009 in Deutschland, keine Lesermeinung Ein offener Brief des Schriftstellers Michael Hesemann an Angela Merkel Berlin (kath.net) Sehr verehrte Frau Bundeskanzlerin, um es vorwegzunehmen: Ich habe Sie gewählt und war bislang mit Ihrer Politik größtenteils zufrieden. Jetzt aber haben Sie sich zu einem Schritt hinreißen lassen, der purer Populismus ist - und damit eigentlich unter Ihrem Niveau und einer so gebildeten und ansonsten gut informierten Dame unwürdig. Mehr noch, Sie haben damit 25 Millionen Katholiken in Deutschland, die eigentlich in Sie ihr Vertrauen gesetzt haben, vor den Kopf gestoßen. Es geht um Ihre Kritik an Papst Benedikt XVI., die völlig ungerechtfertigt ist. Was ist geschehen? Der Papst hat das große und wichtige Ziel, die Einheit der Christen wiederherzustellen. Das kann nur schrittweise geschehen, irgendwo muss man den Anfang machen. Als Nachfolger des hl. Petrus und Oberhirte der Weltkirche ist es seine Aufgabe, auch die verirrtesten Schafe wieder in die Herde zurückzuholen. Nicht mehr und nicht weniger war seine Absicht und hat er getan. Er hat weder einen Herrn Williamson "rehabilitiert" noch in seinem "Bischofsamt" bestätigt, wie die Presse fälschlich behauptet. Er hat lediglich die Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe aufgehoben, was nicht mehr und nicht weniger bedeutet, als dass sie jetzt wieder die Sakramente der kath. Kirche empfangen dürfen, die ihnen zuvor verweigert wurden. Wir brauchen nicht darüber diskutieren, dass einer dieser "Bischöfe", Herr Williamson, völlig inakzeptablen und gefährlichen Unsinn von sich gegeben hat. Trotzdem, so denke ich, darf man auch ihm nicht das Recht verweigern, zur Beichte zu gehen und im Fall ehrlicher Reue die Absolution zu empfangen - denn dieses Recht haben sogar Mörder! Um mehr geht es nicht. Warum also die Aufregung? Abgesehen davon sollte man fairerweise eingestehen, dass auch im Vatikan niemand hellsehen kann. Wie Sie der offziellen Pressemitteilung des Heiligen Stuhls entnehmen können, wurde das Dekret selbst am 15. Dezember 2008 erlassen, nach zuvoriger (!) Rücksprache mit dem Papst. Am 21. Januar wurde es Kardinal Re zur Unterschrift vorgelegt und danach an die Betroffenen verschickt. Erst zwei Tage später strahlte das schwedische Fernsehen das skandalöse Interview mit Williamson aus. Selbst mit dem besten Willen konnte der Vatikan darauf nicht mehr reagieren. Tatsache ist weiter, dass alle, der gesamte Vatikan gewissermaßen, von den Kardinälen Hoyos und Re über den Pressesprecher Pater Lombardi bis hin zum Heiligen Vater sich sofort ausdrücklich von den Äußerungen Williamsons distanziert haben. Mehr als die klaren Worte Benedikts XVI. auf seiner Generalaudienz am 28. Januar 2009 kann man nun wirklich nicht erwarten. Ich frage mich, ob Sie diese Worte des Papstes überhaupt gelesen haben, denn damit hat der Papst bereits vor einer Woche die von Ihnen heute geforderte eindeutige Erklärung zum Holocaust abgegeben: In diesen Tagen, in denen wir der Shoah gedenken, kommen mir Bilder meiner wiederholten Besuche in Auschwitz wieder in Erinnerung, einem der Lager, in dem der höhnische Mord an Millionen von Juden, den unschuldigen Opfern eines blinden Rassen- und Religionshasses, verübt wurde. Während ich erneut aus ganzem Herzen meine volle und unbestreitbare Solidarität mit unseren Brüdern, den Trägern des ersten Bundes, zum Ausdruck bringe, wünsche ich, dass die Shoah die Menschheit dazu anstiftet, nachzudenken über die unvorhersehbare Macht des Bösen, wenn es das Herz des Menschen ergreift. Die Shoah sei für alle eine Mahnung gegen das Vergessen, gegen die Leugnung oder die Reduzierung. Denn Gewalt, die gegen einen einzigen Menschen ausgeübt wird, wird gegen alle verübt. ,Kein Mensch ist eine Insel, schrieb ein bekannter Poet. Die Shoah möge sowohl die alten als auch die jungen Generationen lehren, dass nur der mühsame Weg des Aufeinander-Hörens, des Dialogs, der Liebe und der Vergebung die Völker, Kulturen und Religionen der Welt zu gewünschten Ziel der Brüderlichkeit und des Friedens in Wahrheit führt. Gewalt soll die Würde des Menschen nie wieder demütigen. Damit wurde jedem Leugnen der Shoah eine klare Absage erteilt, wurde jeder Holocaust-Leugner deutlich isoliert. Zudem gilt: Sumpfblüten wie Williamson gedeihen in der Isolation. Daher bleibt zu hoffen, dass der braune Sumpf im bislang isolierten Biotop der Traditionalisten durch den richtigen und klugen Schritt des Papstes endlich trockengelegt wird. Insofern hat die ganze unerfreuliche Affäre auch etwas Gutes - sie führte zu einem eindeutigen Bekenntnis der gesamten Amtskirche zur Aussöhnung mit den Juden. Dieser Schritt braucht offene Augen und Ohren und verantwortliche Mitwirkung aller Gläubigen. Was er nicht braucht ist Schulmeisterei aus den Reihen der Politik. Sie würden sich gewiß jede Einmischung der Kirche in einen parteiinternen Konflikt verbitten. War es da wirklich nötig, dass die deutsche Bundeskanzlerin den Papst maßregelt und eine "Klarstellung" verlangt, wo nichts, aber auch gar nichts, klargestellt werden braucht, weil ohnehin die ganze Situation so eindeutig ist, wenn man ein klein wenig nachforscht? Noch einmal: Jede Leugnung des Holocaust ist fatal und inakzeptabel, da sind wir uns einig und das weiß auch der Papst. Aber bitte, bleiben Sie eine gute Bundeskanzlerin, versuchen Sie nicht, der bessere Papst bzw. die erste deutsche Päpstin zu werden. Es ist nicht alles so, wie es die Zeitungen gerne darstellen. Manchmal gibt es auch im Vatikan Pannen, etwa, wenn etwas grenzenlos Dummes erst im Nachhinein bekannt wird. Die päpstliche Unfehlbarkeit gilt leider nur ex cathedra, bei der Verkündung eines Dogmas. Der Kirche gehören über eine Milliarde Menschen an, da kommt es auf ein schwarzes Schaf mehr oder weniger auch nicht an. Worum es geht und immer nur ging ist die Wiederherstellung der Einheit. Die deutsche Wiedervereinigung verlangte auch, dass wir alle "ein paar Kröten schlucken" mußten. Trotzdem war das Endergebnis der Mühe wert. Danken wir Gott für einen Papst, der bereit ist, um der Einheit der Christen willen diese Schmähungen von allen Seiten auf sich zu nehmen! Und beten wir darum, dass er Ihnen die selbe Kraft gibt, wenn es mal darum geht, eine unbequeme Entscheidung zu treffen! Mit freundlichen Grüßen Michael Hesemann, Historiker und Autor Michael Hesemann ist deutscher Schriftsteller und Historiker, Autor diverser Werke u.a. zum Thema Kirche und Nationalsozialismus Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! 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