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Päpste und Gegenpäpste – eine andere Geschichte

9. September 2011 in Aktuelles, 8 Lesermeinungen
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Benedikt XVI. – der erste Papst in Freiburg im Breisgau? Johannes XXIII., ein von der Geschichtsschreibung gern misshandelter Gegenpapst. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Wenn Benedikt XVI. am 24. September in Freiburg im Breisgau ankommen wird, so handelt es sich um einen historischen Augenblick, da zum ersten Mal ein Papst in diesen deutschen Landen zu Gast sein wird – oder nicht? Ja und Nein. Nein: Denn bereits vor 600 Jahren gab es einen Papst, der Freiburg aufsuchte – oder heimsuchte. Johannes XXIII. nämlich flüchtete sich im Jahr 1415 in das damals kleine Städtchen im Breisgau, um seinen Feinden und der ihm drohenden Entmachtung zu entgehen. Dort sei er dann auch im April 1415 festgenommen worden. Ja: Johannes XXIII. war bereits ein „Gegenpapst“, das heißt ein Papst, der unrechtmäßig gewählt und somit nicht in die Liste der Päpste aufgenommen worden ist. Und somit ist Benedikt XVI. in der Tat der erste rechtmäßige Papst, der nach Freiburg kommt.

Päpste und Gegenpäpste – eine interessante Seite der Geschichte des Papsttums, wobei gerade das Schicksal Johannes XXIII. und dessen Darstellung in der Geschichtsschreibung ein Lehrstück sein kann.

Man mag es drehen, wie man will: das 20. Jahrhundert ist – trotz oder gerade wegen aller „Kirchenkrisen“ – dasjenige Jahrhundert, in dem das Papsttum zu den Gipfeln seiner universalen Anerkennung vorgestoßen ist. Heilige und große Päpste kennzeichneten eine Zeit, in der sich die Kirche wie wohl nie zuvor einem rapiden Wandel der Epochen sowie radikalen Einschnitten in der zivilen wie kirchlichen Geschichte und Kultur ausgesetzt sah. Jeder kann sich heute darüber informieren, was der Papst tut und lehrt. Das Leben der Päpste ist zu einem großen Teil ein in der Öffentlichkeit vollzogenes Leben geworden.

War es Pius XII. gewesen, zu dem als erstem die großen Pilgerströme nach Rom kamen und den Papst als obersten Hirten und „Pastor Angelicus“ verehrten und liebten, um dann den Peterplatz zu füllen und eine neue Sichtbarkeit der universalen Kirche hervorzubringen, so ist selbst dies mit den Höhepunkten der päpstlichen Präsenz unter Johannes Paul II. und nun Benedikt XVI. nicht zu vergleichen. Der Papst – eine moralische Autorität, die sich an alle Menschen guten Willens wendet, die weltweit und umfassend Gehör findet, sei es im negativen oder positiven Sinn, wahrer Fels, Grundstein des Gebäudes der Kirche und Stein des Anstoßes für eine weltliche, säkulare Denk- und Lebensart.

Das war nicht immer so. Die Geschichte der Kirche kennt nicht nur „Päpste“, sondern auch seit dem 14. Jahrhundert so genannte „Gegenpäpste“, das heißt nicht rechtmäßig gewählte Päpste, von der früheren Tradition auch „invasores“ des Apostolischen Stuhles genannt. Die Zahl der Gegenpäpste schwankt entsprechend den unterschiedlichen historischen Wertungen zwischen 25 und 40. Die Regierungszeit der meisten Gegenpäpste, die in der Regel in Folge von Simonie (das heißt des Kaufes oder Verkaufes des Amtes) oder offener und gewaltsamer Druckausübung seitens nichtklerikaler Kräfte oder Mächte (des Adels, des Volkes von Rom, des Kaisers, der Könige) und nach Schismen in der Kirche gewählt worden sind, ist gerade aufgrund dieser rein „weltlichen“ Umstände sehr kurz.


Der erste Gegenpapst, Hippolyt von Rom, wurde entsprechend der heute anerkannten Liste der Päpste im Jahr 217 gewählt (vgl. Die Päpste. Zwanzig Jahrhunderte Geschichte, Libreria Editrice Vaticana, Rom 2006). Der letzte historische Gegenpapst Felix V. dankte zu Beginn der Neuzeit 1449 freiwillig ab. Die im vergangenen Jahrhundert aufgetretenen und teilweise noch heute „amtierenden“ „Gegenpäpste“ (Gregor XVII., Petrus II., Michael I. oder Pius XIII.) können als Operettenfiguren sedisvakantistischer Splittergruppen gewertet werden.

Noch immer ist die Liste der rechtmäßig gewählten Päpste ein diskutierter Punkt. In besonderer Weise erreichte diese Debatte unsere Tage, als Angelo Giuseppe Roncalli 1958 den Namen „Johannes“ wählte („sibi imposuit“) und als Johannes XXIII. in die Geschichte einging. Er tat dies, obwohl bereits 1410 ein Papst Johannes XXIII. gewählt worden war.

Baldassarre Cossa, geboren auf der Insel Procida (nach anderen Quellen auf Ischia; um 1370-1419) wurde 1410 als Nachfolger Papst Alexanders V. gewählt und schließlich vom Konzil von Konstanz 1415 als „Gegenpapst“ anerkannt. Johannes XXIII. spielte eine entscheidende Rolle in der Geschichte des „Großen Abendländischen Schismas“ (1378-1417), zu dem es nach 70 Jahren Permanenz in der Provence durch die Verlegung des Apostolischen Stuhles von Avignon nach Rom gekommen war (Gregor XI., 1377) und dies eine 40jährige Krise der Römischen Kirche durch den Kampf um die Nachfolge auf dem Stuhl Petri auslöste.

Im Spiegel seiner Biographen nimmt Johannes XXIII. die Gestalt eines unerbittlichen, harten und allein an seinen Machtpositionen interessierten Mannes an, die sich durch unersättliche und erbarmungslose Habgier charakterisiert. Zuerst habe er sich seinen Rang als Kardinal und dann auch die Tiara erkauft und ein unerbittliches Regime geführt. Das sündhafte Leben des Papstes kannte keine Grenzen, so ein Dietrich von Nieheim (1345-1418). Besonders wird im vorgeworfen, dass er nur unfähige Männer in seine Kurie berufen habe, um so seine Position zu festigen. Alles, was Johannes XXIII. tat, sei so im Dienst seines übergreifenden Egoismus gestanden. Ein finsteres Bild, das teilweise berechtigt ist, auch wenn man das heutige Papst-Ideal außer Acht lässt, das seinem Wesen nach in der Reform des Tridentinischen Konzils wurzelt.

Voraussetzung jedoch für eine gerechte Wertung der „sündigen Päpste“ des Spätmittelalters bleibt zu sehen, dass die Ausübung des Amtes des Oberhirten die Existenz einer staatlichen Struktur voraussetzte, die mit unvermeidlichen politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen verbunden war. Die staatliche Struktur als Grundlage für das päpstliche Wirken war aufgrund des Großen Schismas und dessen Folgen gefährdet und in sich gestört. Johannes XXIII. sah es somit als seine Aufgabe an, gerade diese Basis wiederherzustellen und sie für die Zukunft des Lebens der Kirche zu sichern. Jene Kardinäle, die ihn im Konklave gewählt hatten, mussten ihn als einen Mann gesehen haben, der das Problem des reinen Überlebens des Kirchenstaates einer Lösung zuführen konnte. Nicht notwendig war, dass der spätere Gegenpapst eine heiligmäßige Gestalt war: die geistlichen Aspekt konnten anderen überlassen werden (wobei eine Analyse seines Wirkens als Oberhirte in geistlichen Dingen noch aussteht). Als den Wählern auf dem Konzil von Konstanz gerade dieser Aspekt vorgeworfen wurde, antwortete einer der Kardinäle: „de peccatore bene converso faciendus est papa“ – aus einem wohl bekehrten Sünder soll ein Papst gemacht werden.

Am 29. Mai 1415 wurde Johannes XIII. auf dem Konzil von Konstanz der Prozess gemacht. Cossa wurde abgesetzt und zuerst in Hausen bei Mannheim und später in Heidelberg eingekerkert. Im November 1417 erfolgte die Wahl Papst Martins V., der in Verhandlungen für die Freilassung Cossas trat. Im April 1419 wurde der ehemalige Johannes XXIII. den päpstlichen Kommissaren dank des Engagements Giovanni di Bicci de’ Medici übergeben, der ein enormes Lösegeld für den einstigen Papst übernommen hatte.

Cossa kehrte so nach Florenz zurück, wo er sich als Gesetzeslehrers gekleidet bei Martin V. präsentierte und ihn als legitimen Papst anerkannte. Für seine Verdienste gestattete es der Papst Cossa, wieder Mitglied des Heiligen Kardinalskollegiums zu sein, und verlieh ihm den Titel des Bischofs von Tusculum. Baldassare Cossa starb in Florenz am 27. Dezember 1419 und wurde seinem Wunsch gemäß im Baptisterium der Stadt bestattet, dem er als kostbare Reliquie einen Finger des heiligen Johannes des Täufers geschenkt hatte.

Früh nahm sich die Geschichtsschreibung dieses Gegenpapstes an und zeichnete das Bild eines moralisch verwerflichen, hab- und machtgierigen Menschen, der der schlimmsten Schandtaten bezichtigt wurde. Das ausführlichste Werk, in dem mit Johannes XXIII. abgerechnet wird, stammt gerade aus der Feder Dietrichs von Nieheim und beschäftigt sich mit „De vita et fatis Constantiensibus Ioannis XXIII“. Nieheim war Historiker an der Römischen Kurie und deutscher Vertreter beim Konzil von Konstanz. Dazu kam bereits 1415 dessen „Invectiva in diffugientem e Constantiensi concilio Ioannem XXIII“. Die in diesen Werken vorgetragenen Urteile waren der Anlass dafür, dass die nachfolgende Geschichtsschreibung trotz eines noch unvollständig erfassten Quellenbestandes zu einem negativen und klischeehaften Pauschalurteil über die Person eines Protagonisten der Geschichte sowie über eine ganze Zeit kommen konnte, das eine ernsthafte und vorurteilslose Erwägung erschwert und es vorziehen lässt, aus einer moralisierenden Perspektive des Heute heraus ganze historische Gesamtzusammenhänge abzuqualifizieren.

Auch wenn Papst Roncalli mit der Wahl seines Namens einen anscheinenden Schlussstrich unter die Auseinandersetzung gezogen zu haben scheint, welche Einordnung Cossa in der Geschichte des Papsttums zukommt, heißt dies nicht, dass von einer weiteren eingehenden Erforschung der historischen Bestände und Dokumente dieses umstrittenen Pontifikats in einer der kritischsten Zeiten der Kirchengeschichte dispensiert werden kann. Dies umso mehr, als sich der Eindruck aufdrängt, dass gerade eine historische Analyse zu oft zum Opfer von über die Jahrhunderte hinweg tradierten Klischees geworden ist.

Die verbreitete Ersetzung von Geschichte mit Klischeeumschreibung in einer Zeit, in der die Kirche vermehrter Feindseligkeit ausgesetzt ist, sollte dazu drängen, dass durch das Ringen um die Kenntnis der wahren Umstände eine historische Wahrheit zutage tritt, die all jenen als Spiegel dienen kann, denen es vor allem um Instrumentalisierungen zu anderen Zwecken geht.



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