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| ![]() Keineswegs wollte ich Martin kränken27. Juli 2017 in Kommentar, 4 Lesermeinungen Wenn die Beteiligten nur etwas mehr Geduld und weniger Eitelkeit in sich gehabt hätten, wäre es nicht zur Spaltung gekommen. Die Monatskolumne von Claudia Sperlich, diesmal zu Reformation und Martin Luther Berlin (kath.net) Der theologische Streit zwischen Johannes Eck und Johann Tetzel auf der einen, Martin Luther und Andreas Bodenstein, gen. Karlstadt, auf der anderen Seite ist zunächst eine schriftliche Auseinandersetzung. Eck hat Sympathie für Luthers Beurteilung des Ablassmißbrauchs, ohne den Ablass selbst als etwas Schlechtes zu sehen ganz im Gegenteil. Die Auseinandersetzung spitzt sich zu, als Ecks private ziemlich scharfe Beurteilung von Luthers 95 Thesen durch eine Indiskretion in Luthers Hände gelangt, der das als Verrat an ihrer gerade erwachsenden Freundschaft sah. Obelisci (Spießchen) nennt man Hinweise auf irrige Textstellen; Ecks dreizehn Obelisci kritisieren einige keineswegs alle Thesen Luthers. Luther schreibt an Eck voll Zorn und Gekränktheit: Es sind an mich gewisse »Obelisci« gelangt, in denen Du versucht hast, meine Thesen über den Ablaß zu widerlegen. Das ist der Beweis für Deine treue Freundschaft, die Du mir kürzlich angeboten hast, ja für Deine christliche Liebe, der zufolge wir gehalten sind, den Bruder zuerst zu ermahnen, ehe wir ihn verurteilen. Wie sollte ich als aufrechter Mensch glauben oder ahnen können, daß Du so hinter meinem Rücken vorgehen würdest, der Du mir so ins Angesicht hinein geschmeichelt hast? Du erfüllst somit das Wort der Schrift: »Wer dem Menschen den Friedensgruß entbietet, in seinem Herzen aber Böses sinnt.« Ich weiß, daß Du nicht willst, daß Dir so von meiner Seite geschieht; trotzdem tatest Du es und konntest es tun; sieh zu, was Dein Gewissen dazu sagt. In den Asterici wendet Luther sich nun ganz gegen die Lehre vom Fegefeuer und auch gegen den Primat der Kirche. In dieser Schärfe und Unnachsichtigkeit ist das den 95 Thesen, wie gesagt, nicht zu entnehmen. Eck schreibt neun Tage später (also vermutlich ganz kurz nach Erhalt dieses Briefes) an Karlstadt: Ich habe, hochgeehrter Andreas, vernommen, daß Du und Deine Wittenberger über Eck leidenschaftlich erregt sind, weil ich gegen die Ansicht unseres gemeinsamen Freundes Martin Luther meinem Bischof etwas privat geschrieben habe in der Meinung, daß das Urteil gelehrter Männer niemals jene Possen zur Folge haben würde. Wie das den Händen meines Bischofs entgleiten und an Euch geraten konnte, kann ich nur vermuten, weiß es aber nicht mit Gewißheit. Hätte ich die Folgen vorausgesehen, würde ich die Aufzeichnungen nicht aus dem Stegreif und ohne Hilfe von Büchern, nur auf das Gedächtnis gestützt, niedergeschrieben haben. Wie Du weißt, sind wir alle freizügiger, wenn wir etwas privat schreiben, als wenn etwas für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Daher wundere ich mich sehr, wenn Ihr wegen Eures Euch so ergebenen Ecks so heftig entbrennt. So wird gesagt, Eck habe die Verehrung Deiner Person nur geheuchelt. Du verkennst aber, daß Eck ein Mensch ist, der für Schmeicheleien nichts übrig hat.
Eine Bitte um Entschuldigung, ein ganz leiser Tadel wegen übereilter Vorwürfe, ein freundlicher Wunsch und eine Bitte um Nachsicht wegen stilistischer Mängel das alles in der ehrlichen Absicht, eine neue Freundschaft auch im theologischen Disput zu erhalten mehr lässt sich beim bösesten Willen nicht herauslesen. Daß Eck an Karlstadt schreibt und nicht an Luther, mag ein Versuch sein, den Streit durch einen Mittelsmann beizulegen. Daß er ihn in Eile schreibt und nicht einmal auf den nächsten Briefboten wartet, zeigt, wie wichtig ihm die Beilegung des Streites war. Ecks und Luthers Briefe (nicht nur die hier zitierten) zeigen, daß beide von ihrer eigenen theologischen Trefflichkeit sehr überzeugt waren. Wenn sie sich dann gegenseitig intellektuelle Eitelkeit vorwerfen, könnte man sagen: Da hättet ihr euch ja auch die Hände reichen können. Aber noch wollen sie einen sachlichen Disput, so wie es unter Gelehrten der Zeit üblich ist. Im Sommer 1519 veranstaltete ein gerade einmal 26jährige Überflieger, der humanistisch gebildete Theologe, Freund und Bewunderer des Erasmus, Magister der Leipziger Thomasschule, Peter Schade, genannt Mosellanus, die Leipziger Disputation mit dem Ziel, die strittigen Fragen in akademischer Weise zu lösen. Mosellanus hat Sympathie für Luther, versucht aber bis zuletzt, die Parteien zu versöhnen. Aber er kann Eck nicht leiden. Er schreibt: Die Ersten, so gegen einander auftraten, waren Karlstadt und Eck, zwei einander sehr unähnliche Männer. Karlstadt bezeigte sich eines Theologen würdig, sittsam und ruhig, hatte Bücher mitgebracht, aus welchen er seine Sätze zu beweisen suchte, wollte aber auch vom Gegner nichts annehmen, ohne den Sinn und die Meinung der Schriftsteller, welche von Eck angeführt wurden, aus dem Zusammenhange gehörig geprüft zu haben. Eck dagegen suchte durch Geschrei und trotzige Gebärden seinen Gegner zu betäuben und durch Kunstgriffe der Sophistik obzusiegen. Dabei rühmte er sich oft selbst, daß man hätte meinen sollen, es disputiere ein Gorgias und nicht ein Theologus; so ein leichtsinniger und unverschämter Großsprecher war er zum öftern. Die Anspielung auf den antiken Rhetoriklehrer und Philosophen Gorgias von Leontinoi zeigt, daß Mosellanus Ecks Argumentationsweise für bloße Dampfplauderei hält. Möglicherweise unterstellt er dem Eck auch mangelnde Frömmigkeit durch den Vergleich mit dem heidnischen Skeptiker. Wesentlich freundlicher schreibt Eck über Mosellanus in einem Brief an Georg Hauer und Franz Burkhart: Petrus Mosellanus, Professor des Griechischen, trug in einer ansehnlichen Rede die Absicht des Fürsten vor; er machte dabei in seiner Weise ein paar Ausfälle gegen die scholastischen Theologen; ansonsten aber hielt er sich an die Weisung des Herzogs. Und über Karlstadt in dem selben Brief: Ich war der Opponens Karlstadts in der Frage des Freien Willens. Ich wollte zwar meinen Part spielen, aber wie matt war Karlstadts Auffassungsgabe! Hätte ihn doch lieber ein anderer angehört! Es mangelt ihm an Gedächtnis. Er räumt offenherzig ein, daß ich ihm an Gedächtnis überlegen bin, da er unsere Streitpunkte nur in matter Manier zu lösen verstand. Ich habe der Disputationsordnung entsprechend alle seine Schlußfolgerungen aufgegriffen und wiederholt, und das besser als er selbst es formuliert hätte, was alle mit Verwunderung aufnahmen. ... Er ... hatte vier Zettel vollgeschrieben und las einen nach dem andern wortwörtlich in schimpflichster Weise vor. Ich verwarf die von ihm beigebrachten wertlosen Argumente, kam jedoch nicht zu den wirklichen Einwänden, da er zum Überdruß aller weitschweifig vortrug, so daß, hätte ich mit meinen Erwiderungen begonnen, die Disputation unterbrochen worden wäre und er erneut Zeit zum Überlegen und zu Aufzeichnungen bekommen hätte. Also schob ich die Sache bis um vierzehn Uhr auf und zwang dann den Menschen, der nicht das geringste einzuwenden vermochte, gegen seinen Willen einzuräumen, daß der Freie Wille sehr wohl Einfluß auf die Guten Werke nehme.
Am letzten Junitag mußte Karlstadt als mein Opponens über den Freien Willen auftreten. Er zog dieses hinaus, und da er alle seine Gedanken auf Zettel niedergeschrieben hatte und diese nach Knabenart verlas, legte ich Protest ein. Er wollte aber nicht davon ablassen mit dem Argument, er könne sich nicht alles merken. ... Der Brief ist übrigens ein schönes Dokument, wie der Bayer Eck die ganze Veranstaltung samt der Anreise empfunden hat: Ungenießbares Bier, Regenwetter, überall Bewaffnete, Spalter und Häretiker, jede Menge Tratsch, aber immerhin: Hier sind viele liebenswerte Frauen; Leipzig ist überhaupt eine liebenswerte Stadt! Eine Indiskretion, Unversöhnlichkeit und Sturköpfigkeit führen zu einer Disputation, in deren Folge sich die Fronten verhärten. Luthers Aussage in Leipzig, nicht alles, was Johannes Hus gesagt habe, sei schlecht, einiges sogar evangelisch (i.S.v. dem Evangelium treu) führt zur endgültigen Spaltung; weder der junge Mosellanus noch der ältere Erasmus können das aufhalten. Ich weiß zu wenig, um die Geschehnisse damals in Leipzig zweifelsfrei zu beurteilen. Aber ich habe den Verdacht, wenn die Beteiligten nur etwas mehr Geduld und weniger Eitelkeit in sich gehabt hätten, wäre es nicht zur Spaltung gekommen. Um sie zu überwinden, brauchen wir jedenfalls Geduld und Demut. Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! ![]() LesermeinungenUm selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen. Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. | ![]() Mehr zuKirchengeschichte
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