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Das ‚Kloster’ im Alltag hält die Seele gesund

30. März 2004 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Warum Medienberieselung und chronische Zeitnot uns auf Dauer seelisch schaden und wie wir uns schützen können. Ein Bericht von Marcus Mockler / idea.


Deutschland (www.kath.net / idea)
Depressionen, Angsterkrankungen und Zwangsstörungen sind auf dem Vormarsch. In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil der Fehlzeiten am Arbeitsplatz in Deutschland, die auf eine seelische Erkrankung zurückzuführen sind, um 74,4 Prozent gestiegen. Der volkswirtschaftliche Schaden liegt für das Jahr 2001 bei drei Milliarden Euro. Bei einer Umfrage in der Schweiz berichteten rund 33 Prozent der Männer und 37 Prozent Frauen über seelische Beschwerden in den vergangenen vier Wochen. Warum unsere Seelen so anfällig sind und wie wir sie besser vor Krankheit schützen können, darüber sprach der Ärztliche Direktor der Klinik Hohe Mark (Oberursel bei Frankfurt am Main), Prof. Arnd Barocka, mitidea-Reporter Marcus Mockler.

Die Entwicklung der Zahlen über Menschen mit seelischen Krankheiten lesen sich dramatischer, als sie tatsächlich sind. „Mediziner sind heute eher bereit, ein Krankheitsbild als psychiatrischen Fall anzuerkennen, als das vor 30 oder 40 Jahren der Fall war“, sagt Arnd Barocka, der in der zum evangelikalen Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband gehörenden Klinik Hohe Mark die ärztliche Leitung hat. Das bedeutet: Solche Kranke hat es auch früher gegeben, ihnen wurde ihr Kranksein aber von ärztlicher Seite nichtzugebilligt.

Psychiater wie Psychologen kümmern sich um die Seele (griechisch: Psyche), der Psychiater aus medizinischer Perspektive und in der Therapie beispielsweise auch mit Medikamenten; der Psychologe mehr aus der Perspektive der Verhaltenswissenschaft und der Persönlichkeitsforschung. Dass seelische Krankheiten zu einem Massenproblem geworden sind, zeigt sich bei einer ihrer Folgekrankheiten, der Sucht. Jeder 20. Deutsche gilt heuteals alkoholkrank (rund vier Millionen), überwiegend sind Männer betroffen.Die Krankenhausstatistik weist aus: Verhaltensstörungen durch Alkohol undpsychische Störungen sind bei Männern nach Herzproblemen die zweithäufigsteUrsache, stationär in eine Klinik aufgenommen zu werden.

Zu wenig Arbeit schadet

Woran liegt es, dass die Abwehrkraft der Seele gegen Krankheiten nachlässt? Arnd Barocka beobachtet, dass viele Menschen von Zukunftsängsten geplagtsind. Arbeitslosigkeit etwa begünstige seelische Störungen, sie stürze vieleMenschen geradezu in eine Sinnkrise. Wer dagegen Arbeit hat, steht stärkerunter Strom als früher. Die Arbeitszeit ist zwar verkürzt worden, dafür mussman mehr leisten. In vielen Betrieben hat man früher seinen Posten auch malfür eine Viertelstunde verlassen können, um etwas Privates zu erledigen. Soetwas ist heute fast nirgends mehr möglich.

Andererseits hat sich die gewachsene Freizeit für viele Menschen nicht alsSegen erwiesen. Denn erstaunlicherweise ist das Gefühl, nicht genügend Zeitzu haben, eher noch stärker geworden. Anstatt sich in der freien Zeit mitsich selbst auseinanderzusetzen, sich Problemen zu stellen und Zukunftsplänezu schmieden, widmen sich viele lieber dem Fernsehen. Barocka: „Die Bildersind mächtig, und die Unterhaltungssendungen geben uns das Gefühl, wichtigund nicht allein zu sein.“ Das alles hat nach Beobachtung des Arztes einefatale Folge: Man kommt nicht mehr zum Beten, zu geistlichenVeranstaltungen, zu christlichen Freizeiten. Und man wird damit auchanfälliger für den Zeitgeist.

Jeder verantwortlich?

Für Barocka wird das besonders deutlich in dem verbreiteten Gedanken derAutonomie, der besagt: Jeder ist für sein Geschick ausschließlich selbstverantwortlich. Während man zu anderen Zeiten (und in anderen Religionen bisheute) sein Leben in Gottes Hand wusste, macht man sich nun für alleSchicksalsschläge und Fehlentwicklungen selbst verantwortlich. „Damitüberfordern wir uns.“ Dieses Phänomen wiederum sei besonders bei Christen zubeobachten, weil diese eine erhöhte Bereitschaft zeigten, Verantwortung zuübernehmen. „Wenn sich beispielsweise eine Krankenschwester oder einMissionar vorrechnen, wie vielen Menschen sie in den zurückliegenden Jahrennicht helfen konnten, fühlen sie sich schuldig. Das führt im Extremfall zupsychischen Krankheiten.“

Wann ist man krank?

Wer die Gefahren erkennt, hat es leichter, sich vor seelischen Schäden zuschützen. Die nachfolgenden Ratschläge Barockas sind in erster Linie fürseelisch gesunde Menschen gedacht. Es geht hier um Vorbeugung, nicht umTherapie. Wen Schuld in eine schwere Lebenskrise gestürzt hat, der sollteeinen Seelsorger aufsuchen. Und wer spürt, dass seine Seele krank ist, solltenicht zögern, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wann ist dafür derrichtige Zeitpunkt? „Spätestens, wenn man längere Zeit nicht mehr gutschlafen kann“, sagt Barocka.

Der Medienberieselung und der chronischen Zeitnot müssen sich gerade auchgesunde Menschen widersetzen. „Wir sollten uns im Alltag unser privatesKloster schaffen.“ Damit meint er regelmäßige Gebetszeiten. Das beginnt beider Stillen Zeit am Morgen, bei der man über einen Bibeltext nachdenkt undden Tag im Gebet vorbereitet. Diese Übung verhindert, in die Terminehineinzustolpern. Selbst die kirchliche Tradition des Stundengebets lässtsich mit etwas Geschick in den Berufsalltag hinüberretten, indem man etwa zubestimmten Uhrzeiten vom Computer aufsteht und (leise oder laut) eingeistliches Lied anstimmt und ein Gebet spricht.

Die positive Wirkung solchen Verhaltens auf die Seele ist wissenschaftlichbelegt. Der US-Psychiater Kenneth S. Kendler hat die Biographien vonZwillingspaaren untersucht und dabei festgestellt, dass regelmäßige Beternach unverschuldeten Lebenskrisen (etwa schweren Autounfällen) viel wenigervon Depressionen geplagt werden als ihre nicht betenden Zwillingsgeschwister.Eine heilsame wöchentliche Regel ist die Heiligung des Sonntags alsarbeitsfreien Tag, bei dem in Gemeinschaft mit anderen Christen imGottesdienst Lob, Bitte und Fürbitte erklingen. Barocka empfiehlt darüberhinaus ein wöchentliches oder monatliches Treffen mit einemAustauschpartner, mit dem auch über Seelsorgerliches gesprochen werden unddarüber gebetet werden kann. Ehepartner sollten sich einmal pro Woche Zeitfür ein Gespräch nehmen, in dem sie sich über ihre Sicht der Beziehung,insbesondere über ihre Gefühle austauschen: „Das stärkt die Gemeinschaft undschützt vor dem Zeitgeist.“

Arbeitslose brauchen Ziele

Menschen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, empfiehlt Barocka, denVerlust der Stelle nicht zu bagatellisieren, sondern regelrecht zu trauern.“Arbeitslosigkeit kann man im Normalfall nicht mit links wegstecken.“Entscheidend sei, dass man sich in dieser Krisensituation nicht gehen lasse.Arbeitslose sollten beispielsweise versuchen, verstärkt Sport zu treiben, umfit zu bleiben. Auch sollten sie neue Ziele für ihr Leben stecken, für diesich Engagement und Kampf lohnen. Besonders hilfreich sei es, wenn das Netzvon Familien und Freunden so eng geknüpft ist, dass es in dieser schwierigenLebensphase trägt.

“Jogging“ gegen Demenz?

Angesichts einer überalternden Gesellschaft steht die Psychiatrie vor einerweiteren wachsenden Herausforderung: Altersdemenz (Schwachsinn). DieseKrankheit wird von verschiedenen Helferberufen behandelt, auch vonPsychiatern. In hohem Alter steigt die Demenzgefahr sprunghaft an. Doch gibtes auch hier Möglichkeiten, das Risiko zu senken. Laut Barocka ist einSchlüssel zu geistiger Gesundheit, dass man körperlich und geistig trainiert.Er empfiehlt Sportarten wie Tennis, bei denen man sich nicht nur bewegen,sondern beim Schlag auf den Ball auch im Gehirn eine gewaltigeKoordinationsleistung vollbringen muss. Eine Sprache lernen, in einerLaiengruppe Theater spielen (und dafür Texte auswendig lernen) - das sindÜbungen, die widerstandsfähiger gegen Gehirnkrankheiten machen. EineGarantie, von Demenz verschont zu bleiben, sei das nicht, aber es minderedeutlich die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung.

Glaube macht nicht krank

Eine gute Nachricht zum Schluss: Das Phänomen, dass der Glaube krank macht,taucht immer seltener auf. Die so genannte ekklesiogene (durch den Einfluss von Religion entstandene) Neurose, bei der Menschen aus Angst vor Strafgericht und Hölle kein normales Leben mehr führen können, ist fast verschwunden. „Diese Diagnose stellen wir faktisch nicht mehr“, sagtBarocka. Er führt das darauf zurück, dass Gesetzlichkeit und Strenge in denGemeinden viel weniger Platz haben als früher. Auch der Umgang mitSexualität sei bei Christen positiver geworden, solange der Rahmen der Eheeingehalten werde. Eine erfüllte Sexualität finde sich bei Christenstatistisch häufiger als bei Nichtchristen. Auch das könne dazu verhelfen,dass die Seele gesund bleibt.



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