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Frauen im Journalismus: Berufung und Leidenschaft

31. Mai 2004 in Interview, keine Lesermeinung
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Interview mit Inmaculada Àlvarez, Direktorin der Nachrichtenagentur "Veritas"


Murcia (www.kath.net / zenit) Die Tatsache, dass die Kommunikationsbranche einer jenerBereiche mit der höchsten Scheidungsrate ist, sollte den Christen zu denkengeben, meinte die Direktorin der spanischen Nachrichtenagentur "Veritas".Immaculata Àlvarez, verheiratet und Mutter von vier Kindern, spricht indiesem Interview über einige der Fragen, die Johannes Paul II. in seinerschon veröffentlichten Botschaft zum Welttag der sozialenKommunikationsmittel am 23. Mai aufgeworfen hat. Die Botschaft des Papstesträgt den Titel "Die Medien in der Familie: Risiko und Reichtum".

Gibt es genügend Raum für die Frau in der Welt der Medien?

Inmaculada Àlvarez: Ich denke, dass die Frauen in der Medienwelt immerstärker vertreten sind. So sind zum Beispiel die Fakultäten für Publizistikseit mehr als einem Jahrzehnt weiblich dominiert, obwohl dies einetraditionell männliche Berufssparte ist, die ein wenig vom romantischenSchein des Abenteuers umgeben ist. Trotzdem sieht man nicht selten eine Frauals Korrespondentin oder Sonderberichterstatterin in Gefahrenzonen, oderjunge Mädchen, die eine Kamera führen, ganz zu schweigen von den Nachrichtenund sogar der Sportberichterstattung, die immer eine männliche Domäne war.

Schon aus diesem Grund hat die Frau ganz sicher ihren Platz in derMedienlandschaft erobert. Die Frage geht aber vielmehr dahin, dass sich dieKonzeption der Medien ändern sollte, um sich der Frau anzupassen. Dies istalles in Entwicklung begriffen, nicht nur wegen dem größeren Frauenanteil,sondern auch wegen der Einführung neuer Technologien, die die alte Form derRedaktionen verändert haben: den Telekommunikationstechnologien, derGlobalisierung und der Medienkonzentration. Wir befinden uns in einer Zeittiefer Umgestaltungen, in jeder Beziehung.

Das Problem ist, dass die Welt der Medien oft auf ihren wichtigsten Faktorvergisst: Das sind die Menschen, die darin arbeiten. Viele haben mitZeitdruck, fehlender ethischer Unterstützung und unsicheren Situationenseitens ihrer Arbeitgeber zu kämpfen. In dieser Situation ist es für eineFrau schwierig (mehr als für einen Mann), eine Familie zu gründen und sichum diese zu kümmern, vor allem in einem Beruf, der viel Energie fordert.

Wenn ich mit Arbeitskolleginnen über dieses Thema spreche, begegnet mir vielMutlosigkeit und Bitterkeit, weil es ungerecht ist, dass man sich für etwasentscheiden muss, ohne etwas dafür zurückzuerhalten. Viele Journalistinnenarbeiten unter sehr schweren Umständen und sind dazu noch alleine. Eine Fraubetrifft das sehr, weil sie sich dadurch mit einem Nachteil im Wettbewerbbehaupten muss. Weil diese Situation oft schwer zu ertragen ist, verliertman mit der Zeit die Skrupel und wird ein wenig zynisch.

Was kann die Frau dem aktuellen "System" der Medienproduktionbieten?

Inmaculada Àlvarez: Einige Psychologen sind der Meinung, die ich alsDirektorin einer kleinen Gruppe Menschen teile, dass die Tatsache, ob jemandein Mann oder eine Frau ist, die Arbeitsweise beeinflusst. Die Frau tendiertdazu, sozialer zu agieren als der Mann, sie arbeitet lieber in einem Team,wohingegen der Mann mehr Selbstsicherheit und Entschiedenheit an den Taglegt, wenn es um schwierige Entscheidungen geht. Beides ist notwendig undmuss in einem Betrieb vorkommen.Dies sollte man natürlich nuanciert betrachten, weil in jedem Menschen auchandere Faktoren am Werk sind, wie deren Charakter oder deren Ausbildung.Aber es gibt diese starken Tendenzen der Sozialisierung einer Frau. Und ineiner Welt, in der der Wettbewerb und Individualismus immer stärker werden,kann die Frau eine wichtige Basis sein, vorausgesetzt sie bleibt sie selbstund lässt sich nicht mitreißen.

Andererseits - und ich gehe dabei immer von professionellen Medienleutenaus - hat die Frau eine stärkere Veranlagung, auf Gefühle einzugehen, sichim emotionalen Bereich zu bewegen, was ein Vorteil in einem Beruf ist,dessen Handwerkszeug oft der Umgang mit Menschen ist, besonders in sensiblenSituationen, in denen man an Informationen gelangen muss, ohne dieIntimsphäre der einzelnen Personen zu verletzen. In diesen Situationenbeweist die Frau oft eine höhere Sensibilität und bessere Intuition als derMann. Dies ist gerade im heutigen Journalismus notwendig, der oft Gefahrläuft, das Privatleben der Menschen zu banalisieren.

Ist es möglich, gleichzeitig Mutter zu sein und in der Medienwelt zuarbeiten?

Inmaculada Àlvarez: Es ist sehr kompliziert - viel mehr als es scheint. Dazuhabe ich eine Anekdote: Es ist mir schon oft passiert, dass ich nach einemlangen Arbeitstag nach Hause kam, meine Kinder gebadet habe (ich habe vierim Alter von 9 Monaten bis 5 Jahren), das Essen vorbereitet und mich dannfür einen Moment der Ruhe vor den Fernseher gesetzt habe. Und in dem Momentkam irgendeine wichtige Nachricht, die ich sofort verfolgen musste; ichsetzte mich an den Computer und vergaß die ganze Welt um mich herum. Mirbrennt beinahe täglich das Abendessen an.Es ist kein Zufall, dass das Zeitungswesen eine der Berufssparten mit dergrößten Scheidungsrate ist. Es ist nicht einfach, mit einem Journalistenverheiratet zu sein und das muss man verstehen.

Ich glaube, dass es grundlegend ist, sich in der Ehe gegenseitig zuverstehen, und sich eine Wertehierarchie zu setzen. Für einen Journalistenmuss es selbstverständlich sein, dass ein Beruf, der ihm nicht erlaubt, eineFamilie zu gründen, ein schlechter Beruf ist, in dem er nicht glücklich seinkann, so sehr er auch seine Arbeit liebt, besonders wenn es auf Kostenseiner Liebsten ginge. Die erste Stelle ist die erste Stelle. Der Erfolg,die Möglichkeiten - alles kommt zu seiner Zeit, wenn es kommen soll; aberdie Familie kommt immer zuerst.

Für den Ehepartner eines Journalisten ist es grundlegend, die Natur seinesBerufes zu verstehen: Journalismus ist eine Berufung, eine Leidenschaft. Eswird nie eine normale Bürotätigkeit sein, sondern etwas, das dich 24 Stundenam Tag beschäftigt. Und wenn der Ehepartner das nicht versteht, kann dasZusammenleben schwierig werden. Wenn allerdings der andere versucht zuverstehen, wenn er sich einbringt, sich für die Arbeit des andereninteressiert, versucht seine "Leidenschaft" dafür zu teilen, ist es auchetwas Großartiges.

Alles andere ist zu bewältigen: Die Kinder - was sie am besten erzieht, istzu sehen, dass ihre Eltern sich lieben. Für die praktischen Probleme gibt esimmer eine Lösung - die unnötigen Dinge delegieren, absagen oder verschiebenund das Wichtige tun.Wenn du Journalist bist und obendrein noch eine Frau, wie in meinem Fall,und du eine Familie hast, noch dazu eine große, kann das schon anVerrücktheit grenzen. Aber ich würde meine Leben heute um nichts ändern.Verheiratet zu sein und vier Kinder auf die Welt gebracht zu haben, hat michzu einem besseren Menschen gemacht. Dank dessen denke ich auch, dass ichbesser in meinem Beruf bin, als ich es zuvor war. Wenn du nach Hause kommstund vier Zwerge sich darum reißen, dir einen Kuss zu geben, hat alles andereseinen Platz, aber es ist relativ und das gibt dir Klarheit - auch in derArbeit.

Die "Frau als Objekt" wurde zu einem Stereotyp oder zu einembilligen Botschaftenträger. Was ist Ihre Meinung dazu?

Inmaculada Àlvarez: Das ist unwürdig. Man muss sich besonders vor Augenhalten, dass die körperliche und geistige Ebene der Frau viel stärkermiteinander verbunden ist als beim Mann. Ich finde, dass diese Anschwärzung,diese Geringschätzung, die den kommerziellen Gebrauch des auf den Körperreduzierten Bildes der Frau darstellt, mehr Schaden anrichtet als Tausend"Macho"-Abhandlungen. Solange die Frau nicht den ihr gebührenden Respekt aufdiesem Gebiet, oder ebenso auf dem Gebiet ihrer Mutterrolle, erlangt, istder Kampf um die Achtung ihrer wahren Würde von vorneherein verloren, soviele "feministische" Siege wir auch sonst errungen haben mögen.



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kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
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