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| Der Zeit gegenüber15. April 2005 in Aktuelles, keine Lesermeinung Wesensbestimmung Christi und seiner Kirche ist es, Zeichen zu sein, dem widersprochen wird, schrieb Karol Wojtyla 1976. Die Religions-Philosophin Hanna Barbara Gerl-Falkovitz über Johannes Paul II. Wien (www.kath.net / Sonntag) Es ist wie in Andersens Märchen von der Schneekönigin, die (fast) jedem ein Körnchen Eis ins Auge streute, so dass durch diese Linse alles verzerrt zu sehen war. Da man selbst seine verworrenen Motive kennt, traut man auch anderen nur die Melange zu umso lustvoller, je heller jemand erscheint. Kann man dem Licht nicht wenigstens nachsagen, dass es blendet? Ein Beispiel dafür liefern einige Nachrufe auf den eben verstorbenen Papst. Während seine außenpolitischen Erfolge unbestreitbar, wenn nicht sogar im Rückblick unglaublich sind, werden seine innerkirchlichen Haltungen unverhohlen als rückschrittlich getadelt. Dass ein und derselbe Mann wie ein Chamäleon die Grundfarbe wechseln soll, gehört zu jener Logik des Taktischen, die ebenfalls aus dem Grundverdacht normaler Welterfahrung aufsteigt. Nehmen wir an, dass der Papst aus ein und demselben Grund für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte (wofür er auf Wunsch von Geheimdiensten niedergeknallt wurde) und für ein Verbot von Abtreibung, künstlicher (nicht aber natürlicher) Empfängnisverhütung und von Homosexualität eintrat. Oder positiv: dass er warb für die eheliche Treue, den familiären Zusammenhalt, Haltungen der Lebenshingabe, der wörtlich genommenen Nachfolge Jesu von Priestern und Laien in Keuschheit, freiwilliger Armut und Einordnung ins Ganze. Entstammen diese Aufforderungen nicht gleichermaßen demselben Quellpunkt, wie er ihn verstand, dem biblischen Geist? Führt dieser Rückschritt nicht zurück auf den Boden eines zeitüberdauernden Evangeliums? Der Papst, wie jeder Christ, hat in der Zeit zu stehen. Steht er aber nicht auch wie jeder Christ über ihr oder sogar ihr gegenüber (wie es die Genauigkeit des deutschen Ausdrucks sagt)? Dieses Gegenüber reizt: Zischeln ringsum, wie der alttestamentliche Prophet vom Gottesknecht sagte. Ohne Zweifel unterliegen auch Entscheidungen des Papstes wie jedes Menschen der menschlichen Beschränkung, sogar Fehlern. Unfehlbarkeit betrifft bekanntlich nur dogmatische Glaubenslehren, keine alltäglichen oder auch zeitdiagnostischen Aussagen. Diese Schuldfähigkeit aller kirchlichen Vertreter war in der Verzeihungsbitte des Papstes im Heiligen Jahr 2000 gemeint, und dies ernsthaft. Güte besteht auch darin, nein zu sagen. Gegenüber der eigenen Fehlbarkeit und jener der Welt. Anders und frei nach Chesterton: Donnernd fährt der Wagen der Kirche durch die Jahrhunderte. Während er rechts dem Block einer Irrlehre ausweicht, streift er links an einen Abgrund. Aber die wilde Wahrheit hält sich schwankend aufrecht. Der Beitrag erschien im Sonntag, der Zeitung der Erzdiözese Wien. Publikation mit freundlicher Genehmigung. Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! LesermeinungenUm selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen. Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. | Mehr zuPapst
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